Projekt Urban Alles für die Sicherheit

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Das Projekt Urban ist abgeschlossen. 31 Partner zeigen Lösungen für den sicheren Stadtverkehr von morgen.

Viel Verkehr, dazu Radfahrer, Fußgänger, spielende Kinder – und nicht jeder nimmt auf den anderen Rücksicht. In nahezu jeder Stadt gibt es diese Szenerie, Unfälle sind oft die Folge. Vor allem schwächere Verkehrsteilnehmer gehören zu den Betroffenen. 31 Partner, darunter Fahrzeughersteller, Automobilzulieferer, Elektronik- und Softwarefirmen, Universitäten, Forschungsinstitute und Städte entwickelten vier Jahre lang gemeinsam Assistenz- und Verkehrsmanagementsysteme für den Stadtverkehr, um Unglücken vorzubeugen und eine wirtschaftlichere Fahrweise zu etablieren.

Das lässt sich auch am Namen des Projekts ablesen: Urban steht für "Urbaner Raum: Benutzergerechte Assistenzsysteme und Netzmanagement". Im Mittelpunkt der Forschung steht der Mensch. Ein Anliegen, das auch der Bund unterstützt. Die Hälfte des Gesamtbudgets von 80 Millionen Euro trägt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, die andere Hälfte die Partner. Urban besteht aus drei Teilprojekten (siehe unten). 

Der Nutzfahrzeughersteller MAN war an allen drei Teilprojekten beteiligt und hat zudem die Urban-Gesamtkoordination übernommen. Für den Bereich Vernetztes Verkehrssystem entwickelte das Münchener Unternehmen den Grüne-Welle-Assistenten, der Grünphasen optimal nutzt. "Das Fahrzeug einfach rollen zu lassen, spart viel Kraftstoff", erklärt Karlheinz Dörner, Leiter Fahrerassistenzsysteme im Bereich technische Forschung. Denn es erfordere viel Energie, einen 40-Tonner aus dem Stand auf 50 km/h zu beschleunigen. 

Ampel und Fahrzeug kommunizieren

Die Schaltzeiten der Ampeln werden von einem Server bereitgestellt. Das Fahrzeug fragt über Mobilfunk die Schaltzeiten ab, der Bordrechner berechnet daraus eine energiesparende Fahrstrategie. Das System bezieht meh­rere aufeinanderfolgende Ampeln mit ein, sodass auch mal ein Halt die energiesparendste Option sein kann. Das Fahrzeug vollzieht alles automatisch, der Fahrer bekommt lediglich die Entfernung zur nächsten Ampel und die Geschwindigkeit, auf die sich der Lkw einregelt, im Tacho dargestellt – mehr ist nicht zu tun. 

"Bei festen Schaltzeiten ist das System einfach umzusetzen, aber viele Ampeln heutzu­tage agieren bedarfsgesteuert", erklärt Dörner. Die Schaltzeiten ändern sich oft kurzfristig. In solchen Fällen ist eine exakte Vorhersage der Zeiten kaum möglich, sodass der Server lediglich Wahrscheinlichkeiten übermittelt. Einen ersten Test im Düsseldorfer Stadtverkehr hat die Technologie schon bestanden. "Der Begriff Stadtverkehr ist allerdings relativ, mit den schweren Lkw bewegen wir uns am Stadtrand", erklärt Dörner.

Anders ist das bei Stadtbussen, sie bewegen sich durch die City. Im dichten Verkehr kommt es oft zu unübersichtlichen Situationen. Für solche Fälle entwickelte MAN ein Rundumsicht-System. "Der Busfahrer soll erkennen, was um das Fahrzeug herum geschieht", sagt Dörner. Zwei Kameras befinden sich an jeder Längsseite, eine vorne, ­eine hinten. Das System erkennt selbstständig, in welcher Situation sich der Bus befindet. Das Display im Cockpit zeigt dem Fahrer automatisch die Ansicht, die er gerade braucht. Der Fahrer bekommt eine Draufsicht von oben auf den Bus angezeigt. 

Herausforderungen in der Stadt

Auch Daimler ist am Projekt Urban beteiligt. "Welche Herausforderungen bietet die Stadt? An dieser Frage haben wir uns orientiert", erklärt Dr. Ulrich Kreßel, Projektleiter des Bereichs Kognitive Assistenz. Im Mittelpunkt der Forschung standen zwar Pkw, die Technolo­gien lassen sich laut Kreßel aber auch auf Transporter oder leichte Lkw übertragen, die in der Stadt unterwegs sind. Während MAN die besagte Rundumsicht für Stadtbusse liefert, hilft Daimler mit dem sogenannten Szenen-Labeling nach. Ein kamerabasiertes System klassifiziert beim Szenen-Labeling völlig unbekannte Situationen automatisch und detektiert so ­alle für die Fahrerassistenz wichtigen Ob­jekte wie Fußgänger oder Radfahrer.

Daimler setzt auf Kameras

Forscher speicherten in der Kamera 25 verschiedene Objektklassen wie Fahrzeuge, Radfahrer, Fußgänger, Straßen, Gebäude oder Bäume. Anhand dieser Beispiele ordnet das System völlig unbekannte Bilder korrekt ein und kann Objekte, die für Assistenzsysteme relevant sind, erkennen. Möglich machen das Rechner, die ähnlich dem menschlichen Gehirn künstlich neuronal vernetzt sind. Eine Stereokamera, heute schon serienmäßig in Pkw eingebaut, ist hinter der Frontscheibe im Bereich des Innenspiegels platziert und kann Lage und Bewegung von Objekten erkennen. 

Im Forschungsprojekt arbeitet Daimler auch an der Absichtserkennung von Fußgängern und Radfahrern. Läuft der Fußgänger ohne nach rechts oder links zu schauen auf die ­Straße oder wartet er geduldig bis der Weg frei ist? Dazu muss die Kamera Körper- und Kopfrichtung analysieren. 25 Bilder von der Umgebung knipst sie pro Sekunde, das System entscheidet anhand der Aufnahmen über die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer. "Der Fahrer braucht in der Regel eine Schrecksekunde, bis er reagiert. Das Fahrzeug nicht", erklärt Kreßel. 

Das Fahrzeug entscheidet, ob der Fahrer noch eingreifen kann und zunächst nur gewarnt wird oder ob das Fahrzeug selbst ohne Vorwarnung bremst. Die Kamera hat nur einen Nachteil: Was tun bei starkem Niederschlag oder gar Nebel? "Es ist gut, eine zweite Technologie zu haben, die nicht aufs Wetter angewiesen ist", erklärt Kreßel. Das leistet die Radarsensorik. In allen vier Ecken des Fahrzeugs befinden sich Radare, die ein komplettes Abbild der Umgebung bis zu ­einer Entfernung von 50 Metern liefern. Die Geschwindigkeiten der jeweiligen Punkte liefern sie zusätzlich. Bisher präsentierten Daimler und MAN die Technologien in Versuchsfahrzeugen, in spätestens zehn Jahren sollen alle Systeme auf den Markt kommen. Dann sind Unfälle auch in der Stadt hoffentlich nur noch eine Seltenheit.

Teilprojekte bei Urban

  • Laufzeit: 1. Januar 2012 bis 31. März 2016
  • Kognitive Assistenz: Entwicklung von Assistenzsystemen für die Stadt, die die kognitiven Fähigkeiten des Menschen unterstützen 
  • Vernetztes Verkehrssystem: Entwicklung von Applikationen für ein energie- und verkehrseffizientes Fahren in der Stadt
  • Mensch im Verkehr: Der Nutzer der künftigen Assistenz- und Informations­systeme steht im Mittelpunkt. Universitäten und Industrieunternehmen erforschen die Fahrer-Fahrzeug-Interaktion 
Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
Titel ta 04 2016
trans aktuell 04 / 2016
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