Profiwissen Zusatzantrieb So funktionieren hydrostatische Zusatzantriebe

Lkw, Kipper, hydrostatischer Antrieb, Baugrube Foto: MAN

Hydrostatische Zusatzantriebe erlauben ein begrenztes Zuschalten der Vorderräder. Sie eignen sich besonders für die Baustellenbelieferung und sporadische Ausfahrten in leichtes Gelände.

Lastwagen mit Allradantrieb beschränken sich in der Regel vor allem auf das Segment der hochgeländegängigen Fahrzeuge und Kipper. Wer aber zur Belieferung in Baustellen einfahren muss, ab und zu auf aufgeweichtem Boden oder im Winter an Steigen und Pässen unterwegs ist, hatte bis vor wenigen Jahren keine vernünftige Alternative zum Allradantrieb. So gut wie alle Hersteller haben zuschaltbare Allradtechnik im Programm. Allerdings bietet sie nicht nur Vorteile, Traktion zum Nulltarif gibt es nicht. Allradtechnik kostet Nutzlast und empfiehlt sich nur in schwergewichtigen Lastwagen. Seit etwa sechs Jahren gibt es bei MAN daher einen hydrostatischen Antrieb, der ein begrenztes Zuschalten der Vorderräder für den gemäßigten Geländeeinsatz zulässt.

Renault bietet im Premium Lander seit dem vergangenen Jahr ein ähnliches System an. Gerade eben erst hat Volvo nachgezogen. Verglichen mit einer typischen 8x4-Variante schlagen bei einem 8x6-Antrieb je nach Lkw zwischen 600 und 700 Kilogramm zu Buche. Ein hydrostatischer Zusatzantrieb wiegt nur zwischen 200 und 300 Kilogramm. Zudem sind die angetriebenen Vorderräder eines echten Allrad-Lkw verbrauchsintensiv und führen in der Regel zu einem höheren Einstieg ins Fahrerhaus.

Technik aus dem Baumaschinenbereich

Mit dem Einsatz von Hydrostaten greifen die Hersteller auf eine Technik zurück, die im Baumaschinenbereich schon lange Zeit im Einsatz ist. Der hydrostatische Vorderradantrieb ermöglicht den Verzicht auf schwere Triebachsen ebenso wie auf gewichtige Verteiler- und Achsgetriebe. Der Verbrauch ist mit einem gängigen 8x4-Antrieb vergleichbar, der Fahrer genießt den Vorzug eines Einstiegs auf gewohntem Niveau. Zu haben ist der Hydrodrive, wie  MAN seinen hydrostatischen Vorderradantrieb nennt, in einer Vielzahl von Modellen - vom Zweiachser für 18 Tonnen bis zum Vierachser mit 35 Tonnen technischem Gesamtgewicht. Bisheriger Absatz: weit über 5.000 Einheiten. Renault nennt seinen Zusatzantrieb Optitrack. Die Franzosen bieten ihn sowohl in den klassischen 4x2-Sattelzugmaschinen und ab diesem Jahr auch in Motorwagen und Zugmaschinen mit der Achsformel 6x4 der Baureihe Premium Lander an.

Hinter beiden Systemen, dem von MAN und jenem von Renault, steckt der französische Zulieferer Poclain. Hauptkomponenten eines hydrostatischen Vorderradantriebs sind zwei in die Radnaben integrierte Hydraulikmotoren mit jeweils acht Zylindern, die innerhalb eines Blocks im Kreis angeordnet sind. Hinzu kommen eine Hydraulik-Hochdruckpumpe mit Vorratsbehälter, ein Ventilblock und ein Ölkühler. Die Zylinderblöcke der Radnabenmotoren sind mit der jeweiligen Radnabe fest verschraubt. In den Zylindern laufen Kolben, die auf ihren Böden über drehbare Rollen verfügen. Die Rollen wirken auf einen umlaufenden Nockenring mit wellenförmiger Kontur.

Zuschalten per Kippschalter

Zugeschaltet wird der hydrostatische Antrieb per Kippschalter im Armaturenbrett. Dies funktioniert selbst unter Last. Die bei MAN am Getriebeausgang angeflanschte Hydraulik-Hochdruckpumpe (bei Renault wird die Pumpe direkt vom Motor gespeist) setzt dann die Zylinderblöcke mit über 400 bar unter Druck. Die Drehbewegung der Radnabenmoto-ren entsteht, indem ein Teil der Zylinder mit Druck beaufschlagt wird, während gleichzeitig bei den restlichen Zylindern das Öl abfließen kann. In den unter Druck stehenden Zylindern bewegt das Öl die Kolben nach außen. Die Kolbenrollen drücken dabei gegen den Nockenring und erzeugen so ein Drehmoment von bis zu 600 Newtonmetern pro Rad. Stellt der Fahrer das System ab, werden die Motoren vollkommen frei geschaltet und die Hydraulikpumpe abgekoppelt. Schleppverluste treten daher so gut wie nicht auf.

Der Antrieb hat allerdings nicht nur Vorteile. Höhere -Geschwindigkeiten verkraften die Systeme nicht. Bei MAN schaltet sich Hydrodrive bei Tempo 30 ab, bei Renault ab Tempo 50. Bei höheren Geschwindigkeiten oder bei Dauer-betrieb würde die Hy-draulik überhitzen und dauerhaft Schaden nehmen. Bei MAN gibt es den Hydrodrive zudem nur in Verbindung mit handgeschalteten Getrieben. Der Grund: Der AS-Tronic von ZF fehlt der Nebenabtrieb, über den MAN die Hydraulikpumpe des Hydrodrive antreibt. Der Renault Premium Lander ist hingegen sowohl mit mechanischem Schaltgetriebe als auch mit dem automatisierten Getriebe Optidriver+ zu haben.

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