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Neustart bei Kögel Bei Kögel den Erfolgskurs im Visier

Kögel ist zurück. Der Unternehmer Ulrich Humbaur hat den Trailerhersteller neu ausgerichtet, die Produkte überarbeitet und will die Marke wieder auf Erfolgskurs bringen. Humbaur und Kögel-Chef Heckel erläutern, was die Herausforderungen sind.

Die Überraschung war gelungen. Im November präsentierte der Kögel-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz den Unternehmer Ulrich Humbaur als neuen Investor. Damit war das Überleben des Unternehmens und der Traditions­marke gesichert. Seitdem hat die Branche nicht mehr viel von dem Trailerhersteller aus Burtenbach gehört. Das hat seine Gründe, wie Humbaur und Kögel-Chef Thomas Heckel im Gespräch mit trans aktuell-Redakteur Matthias Rathmann erläutern. Hausaufgaben mussten gemacht, Prozesse geändert und das komplette Unternehmen neu ausgerichtet werden.

trans aktuell: Herr Humbaur, um Kögel ist es ruhig geworden. Zur IAA haben Sie sich mit einem Paukenschlag zurückgemeldet. Warum erst so spät?
Humbaur: Wir mussten nach der Übernahme im November 2009 erst einmal unsere Hausaufgaben machen. Die neue Mannschaft hat das vergangene dreiviertel Jahr dazu genutzt, um das Unternehmen neu auszurichten und die Produkte zu überarbeiten, um Kögel wieder zu seiner alten Größe zu bringen. Ziel sind Innovationen mit einer seriösen Verpackung, was nach zwei Insolvenzen sehr wichtig ist. Jetzt geht es nach vorne, wir wollen schnell wieder zurück auf die Spur.

Was waren in den vergangenen Monaten die größten Baustellen?
Humbaur: Wir haben 2009 einen Laden gekauft, der platt war. Strukturen mussten verändert werden, um alles wieder in die Gänge zu bringen und um schnelle Entscheidungen zu ermöglichen. Kögel musste wieder wie ein Mittelständler ticken. Auch musste alles zusammenwachsen. Am Anfang war das Verhältnis Humbaur–Kögel ziemlich distanziert, nun ergänzen wir uns super und es gibt viele Synergien.

Ehrlich?
Humbaur: Ja. Die Ressentiments sind gefallen, das Vertrauen in den Besitzer ist da. Keiner ist mehr neidisch auf den anderen. Und seit der Big One bei Kögel in Burtenbach gefertigt wird, werde ich bejubelt. Nun geben wir Gas und hauchen ­Kögel wieder Leben ein.

Hätten Sie sich die Reanimation so kompliziert vorgestellt?
Humbaur: Durch Verquickungen unterschiedlicher Dinge – inklusive der Besitzverhältnisse – war alles etwas schwieriger als gedacht. Auf der anderen Seite haben wir uns verschlankt, was die Sache leichter macht. Viele unmotivierte Gehaltsempfänger sind von Bord gegangen. Und ohne Verhinderer läuft es besser.

War die Sanierung Chef­sache?
Humbaur: Es ist unerlässlich, dass der Unternehmer hinter den Produkten und der Marke Kögel steht. Und der Unternehmer bin nun einmal ich, der 100 Prozent der An­teile besitzt. Also habe ich mich entsprechend eingebracht. Ich denke, es hat sich gelohnt: Die Kunden können wieder blind auf Kögel vertrauen, weil ich voll mit meinem Namen und meinem Kapital dafür hafte.

Sie besitzen 100 Prozent der Anteile. Sprich: Die Altinvestoren haben sich zurückgezogen?
Humbaur: Ja, deshalb hat sich alles so lange hingezogen. Ich bin es, der alle Anteile und auch alle Immobilien besitzt. Alles ist 100 Prozent Ulrich Humbaur. Ich will aber nicht detailreich ausführen, wie sich das alles zugetragen hat. Darüber wäre fast ein Buch zu schreiben.

Was bedeutet die Sanierung für Ihren Geldbeutel?
Humbaur: Es war klar, dass wir einen langen Atem brauchen. Den haben wir. Die Gruppe Humbaur hat immerhin 75 Prozent Eigenkapital. Dass wir viel Geld bereitstellen müssen, war mir also bewusst.

Wie viel?
Humbaur: Da schweigt des Sängers Höflichkeit. Je früher es aus der Krise geht, desto dankbarer bin ich natürlich. Dass es schon Mitte 2010 mit den Aufträgen nach oben geht, hätte ich nicht erwartet.

Warum haben Sie sich überhaupt auf das Wagnis Kögel eingelassen?
Humbaur: Die Kögel-Übernahme stellt für mein Unternehmen eine konsequente Weiterentwicklung dar. In den 80er-Jahren haben wir als kleiner Familienbetrieb mit vier Mitarbeitern begonnen. Über den Pkw-Anhängerbau sind wir Anfang des Jahrtausends in neue Dimensionen vorgedrungen, zuerst mit Baustellenfahrzeugen, dann 2006 mit dem Speditionsfahrzeug, also dem Big One. Damit waren wir auch sehr erfolgreich. 2009 wurden die Karten aber neu gemischt. Für mich war klar, dass wir uns um den Kauf von Kögel bemühen müssen.

Hat es sich gelohnt – was sagen die Auftragsbücher?
Heckel: Wir gehen jetzt raus aus der Kurzarbeit. Der Auftragseingang ist gut. Für das laufende Jahr planen wir 5.000 Einheiten mit etwa 100 Millionen Euro Umsatz. Für 2011 sind bereits 10.000 Einheiten mit 220 bis 230 Millionen Euro Umsatz geplant. Die Zahlen beziehen sich auf Speditionsfahrzeuge und Cooler, Baufahrzeuge sind noch nicht eingerechnet.

Was ist dort geplant?

Heckel: Zahlen können wir noch nicht nennen. Wir starten mit dem Kippsattelauflieger ja erst richtig durch.

Wie wollen Sie das geplante Wachstum bewältigen?
Heckel: Das können wir mit der bestehenden Mannschaft in Burtenbach, einigen Überstunden und Leiharbeitern gut darstellen. Man darf ja nicht vergessen, dass Kögel 2007 und 2008 bei fast 500 Millionen Euro Umsatz lag. Verglichen damit sind 220 bis 230 Millionen Euro moderat.

Wie sehr setzt Ihnen der starke Wettbewerbsdruck zu?
Heckel: Der Druck kommt vor allem von den anderen beiden großen deutschen Anbietern. Wir ziehen alle Register, um dagegenzuhalten, Volumina zu produzieren und um ein entsprechendes Preisniveau zu ermöglichen. Glücklicherweise haben wir auch Kunden, die uns seit langer Zeit verbunden sind und nicht nur auf den Preis schielen. Das gibt uns Mut und zeigt: Die Marke Kögel ist noch immer sehr stark – schließlich hat sie eine mehr als 75 Jahre lange Tradition.

Welche Bereinigungen gab es im Portfolio?
Humbaur: Kögel war früher breiter aufgestellt. Ganz so breit wollen wir nicht mehr werden. Wir bauen auf drei Pfeiler – den Cooler, die Speditions- also Planenfahrzeuge und den Baubereich. Letzteren haben wir neu aufgestellt und komplett an Kögel übergeben.

Wie muss man sich das Ganze in der Produktion vorstellen?
Humbaur: Nehmen wir den neuen Kögel-Tieflader als Drehschemel- oder Sattelvariante: Die Längsträger und stabilisierenden Querträger werden geschweißt – entweder bei Humbaur in Gersthofen oder im Kögel-Werk Chocen in Böhmen, Tschechien. Dann kommt das Fahrzeug nach Burtenbach, geht durch die KTL und wird nach Kundenwunsch farblich gepulvert, verschraubt und verbolzt. Das heißt, wir produzieren in Burtenbach sowohl Kögel-Curtainsider, das Bauprogramm als auch den Big One.

An dem halten Sie uneingeschränkt fest?
Humbaur: Der Big One ist ein Produkt, bei dem man an eine Satellitenfertigung in weiter entfernte Regionen denken kann – etwa Arabien oder Russland. Diese Schraub-, Bolz- und Feuerverzinkung ist ideal für Märkte mit 3.000 bis 4.000 Einheiten. Die Nachfrage aus solchen Märkten ist gut. Das zeigt, dass wir den Big One vor allem als Exportartikel ansehen.

Wie grenzen Sie das Humbaur- und das Kögel-Programm voneinander ab?
Humbaur: Alles, was im Speditionsbereich über 18 Tonnen angesiedelt ist, geht zu Kögel. Kleinere Verteilerfahrzeuge, – etwa der 7,5-Tonner vorne mit Zehn-Tonner-Anhänger hinten – sind dagegen die Spezialität von Humbaur.

Ist der Big Maxx – also der verlängerte Sattel – noch eine Spezialität Ihres Hauses?
Heckel: Absolut, den fertigen wir weiterhin. Er heißt jedoch nicht mehr Big Maxx, sondern Euro Trailer. Es läuft in Deutschland ja bereits ein Feldversuch mit 300 verlängerten Aufliegern. Das Kundenecho auf den Euro Trailer ist toll. Daher haben wir Ausnahmegenehmigungen für weitere 800 beantragt. Nun warten wir auf eine Rückmeldung aus dem Bundesverkehrsministerium. Weitere Ausnahmegenehmigungen haben wir in Polen und Tschechien.

Ist der verlängerte Sattel bei der Diskussion um Lang-Lkw für Sie weiterhin die erste Wahl?
Heckel: Vom Grundsatz her ja. Wenn die Kunden und wir aber weit und breit die einzigen Befürworter sein sollten und die Politik die unbestreitbaren ökologischen und ökonomischen Vorteile des Euro Trailer nicht honorieren sollte, stellen wir uns auch beim Euro-Combi nicht quer. Den können wir genauso bauen – und freuen uns dann ebenso über eine entsprechende Nachfrage.

Der Big Maxx ist plötzlich der Euro Trailer. Warum hat jedes Fahrzeug einen neuen Namen?
Heckel: Das ist das Ergebnis einer intensiven Marktforschung. Der Kunde hat sich im Markendschungel mit den verschiedenen Familien einfach nicht mehr zurechtgefunden. Foxx, Phönixx und Co. – da wusste keiner mehr, dass Kögel dahintersteht.

Zur Person
Thomas Heckel ist seit November Chef des Trailerherstellers Kögel. Als Geschäftsführer verantwortet er dort ferner die Bereiche Einkauf und Vertrieb. Auch Heckel kommt wie der neue Kögel-Inhaber vom Anhängerbauer Humbaur. Seit 1994 ist der Diplom-Betriebswirt dort beschäftigt. Bei Humbaur fungiert Heckel auch weiterhin als Prokurist und Mitglied der Geschäftsführung. Der neue Kögel-Geschäftsführer ist 50 Jahre alt und wie Ulrich Humbaur in der Region Augsburg verwurzelt.

Zur Person
Ulrich Humbaur ist seit 1986 alleiniger Geschäftsführer des Anhängerherstellers Humbaur in Gersthofen. Der gelernte Industriekaufmann stieg 1983 in den elterlichen Betrieb ein und schuf aus einer Vier-Mann-Firma ein Unternehmen, das nach eigenen Angaben etwa 400 Mitarbeiter beschäftigt und rund 300 Fahrzeugmodelle im Portfolio hat. Seit seinem Einstieg beim Trailerhersteller Kögel im vergangenen Jahr ist der Augsburger auch dort alleiniger Inhaber. Humbaur, Jahrgang 1960, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Das Unternehmen
Der Trailerhersteller Kögel beschäftigt 440 Mitarbeiter und strebt im laufenden Jahr bei einem Absatz von etwa 5.000 Fahrzeugeinheiten einen Umsatz von 100 Millionen Euro an. Produktionsstandorte sind Burtenbach, Gersthofen, Niedercunnersdorf (Sachsen) sowie Chocen (Tschechien). Das Programm umfasst Lösungen für das Standard-Speditionsgewerbe (zum Beispiel Container-Chassis und Pritschensattel), die Baubranche (Tieflader als Drehschemel- und Sattelvariante) sowie für Unternehmen im temperaturgeführten Transport. Alleiniger Inhaber ist der Unternehmer Ulrich Humbaur aus Gersthofen, der mit seiner gleichnamigen Firma ebenfalls im Fahrzeugbau engagiert ist (seit 2006 mit dem Sattelauflieger Big One auch im Speditionsbereich). Humbaur übernahm Kögel aus der Insolvenz heraus. Grund für den Crash war vor allem der krisenbedingte Einbruch der Nachfrage. Aufgrund von Qualitätsproblemen und einer überbordenden Produktpalette war Kögel bereits 2004 in die Pleite geschlittert.

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