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Straßengebühren Neue Mautsätze rollen an

Straßengebühren, Bundesstraße, Wegekostengutachten Foto: Rahmann, Montage: Mannchen

Der Zeitplan steht – die neuen Mautsätze sollen von 1. Januar 2015 an gelten. Genau ein Jahr später soll die Pkw-Vignette kommen.

Die neuen Mautsätze, die zurzeit errechnet werden, sollen von 1. Januar 2015 an gelten. Das verlautet vertraulich aus Berliner Regierungskreisen. Basis sind die Empfehlungen des neuen Wegekostengutachtens. Zugleich wurde bekannt, dass die Harmonisierungsprogramme trotz niedrigerer Mauteinnahmen beibehalten werden sollen.
Wie hoch die Mautsätze angesichts mehrerer Szenarien im Wegekostengutachten ausfallen werden, ist noch offen. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Mautgesetzes, mit dem die neuen Tarife einschließlich der Mautklasse für Euro-6-Lkw festgesetzt werden, soll "schnellstmöglich, wenn’s geht, noch vor der Sommerpause", vorgelegt werden, heißt es im Ministerium.

Die Autoren sind noch nicht fertig

Ein Grund für die Ungewissheit: Die Autoren des Gutachtens sind mit ihrer Arbeit noch nicht fertig. Sie sollen die berechneten externen Kosten der Luftverschmutzung in die Mautsätze einbeziehen sowie die relativ teuren Vorschläge für die Bundesstraßen-Mautsätze modellieren, wie zu hören ist. Allerdings hatte Minister Alexander Dobrindt (CSU) erklärt, den vom Wegekosten-Gutachten aufgezeigten Rahmen ausschöpfen zu wollen.

Parallel bereitet das Ministerium die Einführung der Maut auf weiteren 1.000 Kilometern vierspuriger Bundesstraßen zum 1. Juli 2015 vor, die Einbeziehung der Lkw ab 7,5 Tonnen ab 1. Oktober 2015, den Start einer Pkw-Maut (Vignette) ab dem 1. Januar 2016 (einschließlich einer Lösung für Motorräder) sowie die Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ab Juli 2018. Hier besteht allerdings noch erheblicher rechtlicher und technischer Prüfungsbedarf – bis hin zur Entscheidung darüber, ob der Bund den Betreiber Toll Collect übernimmt oder den bestehenden Vertrag zunächst verlängert und das System EU-weit ausschreibt. Geprüft wird außerdem die Einbeziehung von Bussen in eine Mautregelung sowie die spätere Behandlung der 3,5-Tonner. Ihre Einbindung in das Mautsystem hat Dobrindt zwar nicht vor, wie er betont. Nach Informationen aus seinem Ministerium kann dies aber mit Blick auf die von Brüssel vertretene Position durchaus kippen und "rechtlich zwingend" werden.

Einheitliche Mautsätze mit Differenzierung nach Emissionsklassen

Das aktuelle Wegekosten-Gutachten schlägt für die Zeitspanne von 2013 bis 2017 einheitliche Mautsätze mit Differenzierung nach Emissionsklassen in verschiedenen Szenarien für Autobahnen und Bundesstraßen mit und ohne externe Kosten vor. Es berücksichtigt dabei lediglich die geltende Mautpflicht für Lkw ab zwölf Tonnen, enthält also noch keine Vorschläge für die Einbeziehung kleinerer Lkw ab 7,5 Tonnen sowie weiterer Bundesstraßen.

Die bis 2017 prognostizierten Mauteinnahmen belaufen sich auf 20,55 Milliarden Euro. Davon entfallen 17,82 Milliarden Euro auf die Autobahnen, 960 Millionen Euro auf Bundesstraßen und 1,77 Milliarden Euro auf die erstmalig einzubeziehenden externen Kosten der Luftverschmutzung. Externe Lärmkosten wurden mangels Daten nicht berücksichtigt, obwohl das Verkehrsministerium die Gutachter entsprechend beauftragt hatte. Pauschal errechnet wurden lediglich 520 Millionen Euro für alle Kraftfahrzeuge auf Autobahnen beziehungsweise 220 Millionen Euro für Lkw ab zwölf Tonnen.
Weiter schlägt das Gutachten vor, Lkw mit hohen Emissionswerten (Euro 1, 2 und 3) in einer Mautklasse D zusammenzufassen. Weitere Mautkategorien soll es für Euro-4-Lkw (C), für Euro-5/EEV-Lkw (B) sowie für Euro-6-Lkw (A) geben. Für die Festsetzung der Tarife wird eine Spreizung von 100 Prozent vorgenommen. Basis ist die Kategorie A mit einem Faktor 1,0 gefolgt von 1,3 für B, 1,6 für C und 2,0 für D. Mit diesen Daten und Relationen errechneten die Gutachter durchschnittliche Mautsätze für die Achsklasse 1 (bis drei Achsen) und 2 (ab vier Achsen) auf Autobahnen und mautpflichtigen Bundesstraßen.

Deutliche Senkung der Autobahnsätze für Euro 5 und Euro 6

Gegenüber den heutigen Mautsätzen würde das für Euro-5- und Euro-6-Fahrzeuge zunächst eine teils deutliche Senkung der Autobahnsätze bedeuten. Für Bundesstraßen hingegen würde es teurer werden, zum Teil sogar erheblich. Mit welchen neuen Mautsätzen die Wirtschaft am Ende konfrontiert werden wird, hängt von den Berechnungen der Gutachter und letztlich von den Entscheidungen der Politik ab.

Unterdessen hat der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) mit teilweise harter Kritik reagiert. "Dieses Gutachten hat nichts mit einer fairen Berechnung der Wegekosten zu tun", so Prof. Dr. Karlheinz Schmidt, geschäftsführendes Präsidialmitglied, gegenüber trans aktuell. Es sei "wissenschaftliche Prostitution" und genauso falsch wie das alte Wegekostengutachten, gegen das der BGL klage. Wenn die vor dem Verwaltungsgericht Köln anhängige Mautklage greife, gelte das auch für die neue Situation.

Inflationär und Zinslastig: was der BGL beanstandet

Kritik an der Methodik: Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) kritisiert die Bewertungsansätze und die Methodik des Wegekostengutachtens. So würden für Bau und Ausstattung der Strecken und Bauwerke neueste Standards zugrunde gelegt. Mit diesem Kunstgriff gingen Kostenansätze in die Bewertung ein, die dem modernsten Stand der Technik entsprechen, obwohl es sich bei den bewerteten Infrastrukturelementen um Altbausubstanz mit minderwertiger Ausstattung handeln könne. Und da für die Jahre 2013 bis 2017 die Berechnung mit aktuellen Baupreisen fortgeschrieben werde, ergebe sich eine ständige Inflationierung der Baukosten und damit die Anlastung von Wegekosten, die weder als Kosten noch als  Ausgaben des Bundes real aufgetreten seien.

Kritik an den Zinsen: Nach BGL-Auffassung ist die unterstellte Zinssatz- Entwicklung nicht realistisch. Für 2014 etwa würden – entsprechend der Umlaufrendite für zehnjährige  Bundesanleihen –  2,125 Prozent angesetzt, obwohl deren aktuelle  Rendite nur bei 1,54 Prozent liege. Und da bis 2017 ein Zinsanstieg bis zu 3,4 Prozent unterstellt werde, falle das neue Wegekostengutachten entsprechend zinslastig aus. Ähnlich unsauber werde bei den Kosten des Grunderwerbs und beim Netzzuwachs gerechnet.

Kritik an den Mautsätzen: Ein Euro-5-Lkw verteuere sich von 11,13 auf 16,07 Cent pro Kilometer innerhalb von fünf Jahren. Auch Euro-6-Lkw legten von 8,33 auf 12,07 Cent pro Kilometer zu. Und die gewichteten Durchschnittssätze für die mautpflichtigen Bundesstraßen in der Achsklasse 2 seien mehr als doppelt so hoch wie für die Autobahnen. "Das alles ist doch irre", sagt BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Karlheinz Schmidt. "Das macht doch niemand mit. Wohl auch nicht die Abgeordneten des Bundestags."

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