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Neue Datenschutzverordnung Einheitliches europäisches Datenschutzrecht

Datenschutz und Sicherheit gegen Cyber-Attacken Foto: Datenschutz und Sicherheit gegen Cyber-Attacken

Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich im Mai 2016 auf ein einheitliches europäisches Datenschutzrecht geeinigt und für die Umstellung eine zweijährige Übergangszeit vereinbart. Am 24. Mai 2018, also in gut acht Monaten, müssen alle Vorgaben aus der neuen europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) umgesetzt sein.

"Ranhalten müssen sich vor allem Unternehmen, die bisher nichts oder nur sehr wenig im Bereich Datenschutz unternommen haben", sagt Ioannis Dimas vom IT-Dienstleister ETES aus Stuttgart. "Zumal die Bußgelder empfindlich angehoben wurden und existenzgefährdende Höhen erreichen können." Bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens – je nachdem, welcher Betrag höher ist – reicht der neue Bußgeldrahmen.

Kein Bagatellcharakter

Deutsche Transportunternehmen mussten bisher schon die strengen Reglementarien des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) einhalten. Das kann nun zu einem echten Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern aus dem EU-Ausland werden, die erstmals den hohen Anforderungen der neuen Verordnung unterliegen. Denn zukünftig gilt für alle Unternehmen in den Mitgliedsstaaten der EU der gleiche gesetzliche Mindeststandard, unabhängig vom Standort.

Die DS-GVO weist eine Reihe von Detailregelungen auf, über die sich die Datenschutzbeauftragten in den Betrieben informieren müssen. Viele der Regelungen, die dem Verbraucherschutz dienen, etwa das "Recht auf Vergessenwerden", werden in der Transportbranche keine große Rolle spielen. Ganz konkret festgeschrieben ist aber das Recht einer Person, Kenntnis über die Verwendung "ihrer Daten zu erlangen.

Große Datenmengen werden üblicher

Bei Transport und Logistik fallen durch die zunehmende Digitalisierung große Datenmengen an, die oft auch einen Bezug zu einem Mitarbeiter ermöglichen – etwa bei der GPS-Ortung eines Fahrzeugs, beim Erfassen der Lenk- und Ruhezeiten sowie der Fahrweise eines Fahrzeugführers. Das Risiko einer unkontrollierten Weitergabe dieser Daten wird an den Fahrerassistenzsystemen in modernen Zugmaschinen deutlich, die digital mit dem Hersteller verbunden sind.

"Die DS-GVO erweitert die Anforderungen an die Sicherstellung von Betroffenenrechten und erwartet von den datenverarbeitenden Stellen eine wesentlich stärkere Transparenz", erläutert ein Sprecher der Deutschen Post DHL. "Damit gehen umfangreiche Dokumentationspflichten einher." Der Verwaltungsaufwand für Transportunternehmen steigt damit deutlich an. Auch werden zahlreiche Betriebsvereinbarungen im Hinblick auf den Mitarbeiterdatenschutz zu überprüfen sein.

Bessere Videoüberwachung

Eine Lockerung hat der Datenschutz jüngst durch eine Änderung des BDSG namens Videoüberwachungsverbesserungsgesetz erfahren. Ursprünglich als Anti-Terror-Maßnahme zur besseren Überwachung des öffentlichen Raums gedacht, erhofft sich die Transportbranche davon auch eine Hilfe. "Frachtdiebstahl bedroht zunehmend Lieferketten und logistische Prozesse – jetzt wurden zumindest rechtliche Voraussetzungen geschaffen, auch öffentlichen Parkraum wie Autobahnparkplätze zu überwachen und dadurch die Sicherheit von Fahrer und Ladung deutlich zu erhöhen", sagt Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV), mit Blick auf die Verabschiedung des Gesetzes.

Und auch Herbert Quabach, Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Autohöfe (VEDA), sieht in der Videotechnik eine Chance. "Die Kennzeichenerfassung auf Autobahnparkplätzen und Rastanlagen im Rahmen einiger europäischer Sicherheitsprojekte hat kurzfristig zu einer Beruhigung der kriminellen Aktivitäten geführt", sagt er. Dann habe sich das Problem aber nach Deutschland verlagert. "Wir halten uns hier streng an den Datenschutz und kooperieren eng mit der Polizei, könnten aber technisch deutlich mehr", berichtet Quabach. Ein Kennzeichenabgleich sei mit den hochwertigen Videoanlagen machbar, werde derzeit aber nur in Einzelfällen vorgenommen.

Besserer Schutz von Personen

Ob die Gesetzesänderung daran etwas ändern wird, darf bezweifelt werden. "Die Neuregelung zielt auf den besseren Schutz von Personen ab", sagt Dr. Adolf Zobel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). "Sollte dadurch zusätzlich auch ein Beitrag zur Aufklärung von Ladungsdiebstählen geleistet werden, würden wir dies begrüßen."

Tatsächlich stellt der neue Gesetzestext lediglich klar, dass der Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit ein besonders wichtiges Interesse ist, das bei der Entscheidung über die Zulässigkeit einer Überwachungsmaßnahme zu berücksichtigen ist. Eine "tautologische Aussage ohne Mehrwert" nennt Rechtsanwalt Stefan Sander das. Der Datenschutzexperte aus Duisburg stellt fest: "Die Voraussetzungen für den zulässigen Einsatz von Videoüberwachungsanlagen in öffentlich zugänglichen Bereichen haben sich dadurch nicht verändert." Der Enthusiasmus über die Neuregelung dürfte in der Transportbranche somit nicht lange anhalten. BGL-Mann Zobel fürchtet: "Je höher die kriminelle Energie, desto geringer die Abschreckungswirkung."

Aktuelles Urteil

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Juli 2017 (Az.: 2 AZR 681/16)

  • Überwachung eines Mitarbeiters mittels Keylogger nicht zulässig
  • In dem Fall hatte ein Arbeitgeber alle Tastatureingaben seiner Angestellten am Dienstcomputer überwachen lassen; wegen „Privattätigkeiten am Arbeitsplatz“ wurde einem Mitarbeiter gekündigt
  • Mit Verweis auf den § 32 BDSG ist dies laut dem Gericht unzulässig, „wenn kein auf den Arbeitnehmer bezogener, durch konkrete Tatsachen begründeter Verdacht einer Straftat oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung besteht“. Die veranlasste Maßnahme sei unverhältnismäßig

Datenschutz und Mitarbeiter

Ein konkretes Datenschutzgesetz für Beschäftigte gibt es trotz vielfacher Bemühungen noch nicht, wohl aber den § 32 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), der die Beschäftigten im Blick hat:

  • § 32 (BDSG) Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses

(1) Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.

(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ohne dass sie automatisiert, verarbeitet oder in oder aus einer nicht automatisierten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhoben werden.

(3) Die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten bleiben unberührt.

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