Die Europäische Kommission leitet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Grund hierfür sei, wie die Bundesrepublik das neue Mindestlohngesetz im Verkehrssektor anwende.
Seit Jahresbeginn gilt in Deutschland ein Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. So viel müssen auch ausländische Fuhrunternehmer ihren Fahrern bezahlen, solange sie sich auf deutschem Boden bewegen und dort be- und entladen. Im reinen Transitverkehr ist der Mindestlohn ausgesetzt. Laut einer Mitteilung der Kommission sei der erste Schritt in diesem Verfahren ein Aufforderungsschreiben seitens der EU an die deutschen Behörden. Vorher habe man die Angelegenheit eingehend rechtlich geprüft. Die Kommission unterstütze demnach zwar die Einführung eines Mindestlohns in Deutschland, sei aber der Ansicht, dass "die Anwendung der Mindestlohngesetzes auf alle Verkehrsleistungen, die deutsches Gebiet berühren, eine unverhältnismäßige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit und des freien Warenverkehrs" bewirke.
Dadurch schaffe der deutsche Staat unangemessene Verwaltungshürden, die verhinderten, dass der Binnenmarkt reibungslos funktioniert. Laut Kommission gebe es angemessenere Maßnahmen, die den sozialen Schutz von Arbeitnehmern und einen lauteren Wettbewerb gewährleisten. Die Kommission gibt den deutschen Behörden demnach eine Frist von zwei Monaten, um auf das Schreiben zu antworten. Danach muss die EU entscheiden, ob sie Deutschland vor dem europäischen Gerichtshof verklagt.
Statement des BMAS
Auch das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hat sich zur Mitteilung der EU geäußert. Die Kommission habe zwar ein Verfahren eingeleitet. "Zugleich hat die Kommisssion in ihrer Presseerklärung ausdrücklich ihre volle Unterstützung für die Einführung eines Mindestlohns in Deutschland ausgesprochen." Aus dem Schreiben der Kommission erfahre die Bundesregierung erstmals konkret, welche Regelungen des Mindestlohngesetzes die Kommission in welchen Fallkonstellationen und in welchem Umfang für unvereinbar mit dem Recht der EU erachte. "Die Bundesregierung wird dieses Schreiben auswerten und danach über das weitere Vorgehen entscheiden."