Mercedes Sprinter Der Anführer

Sprinter, 2013, Rosenberger Foto: Rosenberger

Ab September fährt der neue Mercedes Sprinter bei den Kunden vor. Vor allem das hohe Sicherheitsniveau, effiziente Motoren wahlweise in Euro 5 oder 6 sowie allerlei Spritspartechnik sollen ihn in der Klasse der 3,5-Tonner hervorheben.

Der Mercedes Sprinter ist der Namensgeber einer ganzen Klasse an Transportern. Das hat sich für die Marke als Segen und Fluch zugleich erwiesen. Ein Segen, weil jeder im Falle der 3,5-Tonner – unabhängig vom jeweiligen Fahrzeughersteller – von Sprintern spricht. Gleiches passiert aber auch, wenn ein Unfall passiert. Dann heißt es schnell: „Immer diese Sprinter…“. Das ist sicherlich auch ein wichtiger Grund dafür, dass Mercedes auf ein hohes aktives und passives Sicherheitsniveau beim Parade-Nutzfahrzeug geachtet hat.

Mit Einführung des neuen Modells, das ab Juni bestellbar ist und dann ab September an die Kunden ausgeliefert werden soll, werden die Stuttgarter das Sicherheitsniveau weiter erhöhen – vor allem durch den Einsatz fünf neuer Assistenzfunktionen (FAS). Damit setzt der Sprinter in dieser Fahrzeugklasse ein dickes Ausrufezeichen. Allen voran der Seitenwindassistent, eine Weltpremiere im Transporter und serienmäßiger Bestandteil des ESP 9i von Bosch. Er verhindert, dass der Transporter durch Windböen oder beim Herausfahren aus dem Windschatten von der Fahrbahn abkommt und in den Gegenverkehr gerät.

Assistent wird ab Tempo 80 zugeschaltet

Der Assistent schaltet ab Tempo 80 zu. ESP registriert über Sensoren Gierrate und Querbeschleunigung und gleicht diese mit der Lenkrichtung ab. Entsprechen diese Werte nicht der per Lenkeinschlag gewünschten Laufrichtung des Transporters, bremst ESP gezielt die Räder der Fahrzeugseite ab, an der der Wind angreift.Bei Tempo 120 versetzt eine Bö mit etwa 45 km/h (zum Vergleich: eine Sturmbö erreicht mehr als 100 km/h) den Sprinter ohne Lenkeingriff des Fahrers höchstens um einen halben Meter statt um eine ganze Fahrbahnbreite. ESP regelt dabei angenehm unaufdringlich. Das Fahrzeug verliert minimal Geschwindigkeit, bevor der Tempomat das Fahrzeug wieder auf das zuvor eingestellte Tempo zieht. Topp!

Nicht minder bedeutsam ist der Abstandswarnassistent in Verbindung mit Bremsassistent Pro. Das FAS warnt optisch und akustisch vor zu geringem Abstand und einem drohenden Auffahrunfall. So soll es ihn verhindern oder die Unfallfolgen zumindest abmildern. Der Bremsassistent wiederum sorgt immer für eine angepasste Bremswirkung. Dazu erfassen Radarsensoren im vorderen Stoßfänger den Bereich bis 70 Meter vor dem Transporter, erkennen in der Spur vorausfahrende und auch stehende Fahrzeuge und erfassen die Relativgeschwindigkeit. Ist der Abstand für mehr als drei Sekunden zu gering (25 Prozent der gefahrenen Geschwindigkeit), warnt zunächst ein blinkendes Icon im Kombiinstrument. Sinkt der Abstand weiter, folgt eine akustische Warnung. Anders als im Lkw bremst das FAS aber nicht autonom – laut Entwicklungsleiter Dr. Sascha Paasche, weil Transporter so fahraktiv sind, dass auch ein Ausweichmanöver bei voller Geschwindigkeit die bessere Alternative zu einer Vollbremsung sein kann. Die letzte Entscheidung liege ganz bewusst beim Fahrer. Währenddessen errechnet Bremsassistent Pro die optimale Bremswirkung, um den Transporter noch vor dem Hindernis zum Stehen zubringen. In kritischen Situationen löst das System selbst bei einem zu schwachen Tritt auf die Bremse die maximale Bremswirkung aus. Es kostet unglaubliche Überwindung, um absichtlich aufs Hindernis zuzuhalten. Dann der Tritt aufs Pedal und die Bremskräfte pressen Fahrer und Insassen in den Gurt. Der Sprinter steht kurz vor dem Hindernis. Selbstverständlich passiert das alles in den Grenzen der Physik, also je nach Grip auf der Fahrbahn und Höhe der Differenzgeschwindigkeit. Aber zumindest wird immer die Aufprallenergie verringert, selbst wenn es aufgrund zu hohen Tempos nicht mehr reicht. EBS+ und Abstandswächter sind Lebensretter.

Radarsensoren unter den Rammschutzleisten

Der Totwinkelwarnererkennt Hindernisse mittels vier Nahbereichs-Radarsensoren unter den seitlichen Rammschutzleisten auch in den nicht einsehbaren Bereichen rund um den Transporter und warnt per rotem Dreieck im Außenspiegel. Setzt der Fahrer trotz Warnung den Blinker, gibt es zusätzlich zwei deutlich vernehmbare Piep-Töne. Das FAS ist gerade auf der Autobahn sinnvoll, setzt aber voraus, dass der Fahrer in die Spiegel blickt und auch den Blinker beim Spurwechsel setzt, was viele heute (leider) nicht tun. Die beiden Piepser dürften ein wenig aufdringlicher sein. Dennoch: ein sinnvolles System.

Der Spurhalteassistent soll vor einem unabsichtlichen Abkommen von der Fahrspur warnen. Dazu filmt eine Farbbildkamera, eingebaut vor dem Rückspiegel in der Mitte der Windschutzscheibe, ab Tempo 60 den Bereich vor dem Sprinter. Das dazugehörige Steuergerät identifiziert anhand von Kontrastunterschieden Fahrbahn und Markierungsstreifen. Droht der Transporter ohne gesetzten Blinker die seitliche Markierung zu überfahren, schließt die Elektronik auf ein ungewolltes Manöver und warnt den Fahrer mit zwei Piepsern. Das soll den Fahrer aus dem Sekundenschlaf schrecken.

Die Systeme will Mercedes zu sinnvollen Paketen gebündelt anbieten. Es soll ein Komplettpaket sowie ein Spurhaltepaket geben. Der Fernlichtassistent ist wiederum Teil des Lichtpakets. Preise standen bis Redaktionsschluss noch nicht fest.

Motoren mit besserer Kraftstoffeffizienz

Neben der Sicherheit stand Kraftstoffeffizienz im Vordergrund. Während sich am Äußeren des Sprinter außer der optischen Anpassung an die übrigen Nutzfahrzeug-Baureihen vor allem im Bereich der neu gezeichneten Scheinwerfer und des nun steiler stehenden Kühlergrills (Stichwort: Fußgängerschutz, vergrößerter Lufteinlass) nur wenig getan hat, haben die Ingenieure unterm Blech kräftig Hand angelegt. Zwar bleibt es bei der bekannten Palette an Dieselaggregaten und Erdgasmotor und auch die Leistungsdaten sind die gleichen (siehe Kasten), jedoch ist der OM 651 genannte Vierzylinder-Turbodiesel nun auch in Euro 6 zu haben – weit vor der gesetzlichen Erfordernis und bevor es andere Marken anbieten.

Mercedes greift dazu auf die aus den schweren Nutzfahrzeugen bekannte SCR-Technologie in Verbindung mit einer zweifach gekühlten Abgasrückführung und Dieselpartikelfilter zurück, wobei die unerwünschten Stickoxide nachmotorisch im SCR-Kat durch Einspritzung von Adblue beseitigt werden. Das bedingt einen Adblue-Tank im Fahrzeug. Der sitzt in Fahrtrichtung rechts vorne im Motorraum und fasst 18 Liter, was laut Hersteller für 6.000 Kilometer reicht – macht also 0,3 Liter pro 100 Kilometer bei Normverbrauch, wobei der Liter Adblue etwa die Hälfte des Dieselpreises beträgt. Eine mehrstufige Warnung weist auf geringen Adblue-Stand hin, dann muss der Fahrer nachfüllen. Sonst sanktioniert die Fahrzeugelektronik das Drehmoment des Antriebs auf etwa 75 Prozent und im schlimmsten Fall das Tempo auf 20 km/h.

SCR ist in den USA bereits erhältlich

Erfahrungen mit der SCR-Technologie hat der Hersteller aber bereits reichlich gesammelt. In den USA ist der Transporter bereits seit geraumer Zeit damit unterwegs. Relevanter dürfte also das zusätzliche Gewicht für die komplette Abgasnachbehandlung sein. Das wird wohl bei gefüllten Tank bei um die 40 Kilo liegen. Wer deswegen also lieber ohne SCR arbeiten möchte, kann das tun und die gleichermaßen überarbeiteten, zugleich 1.200 Euro günstigeren Euro-5-Motoren bestellen. Die Motorcharakteristik bleibt die gleiche, darauf haben die Mercedes-Ingenieure geachtet. Der laufruhige, sauber gedämpfte Vierzylinder bringt gerade in den oberen Leistungsstufen ordentlich Kraft auf die Straße.

Und wer nach mehr Leistung giert, der greift zum Sechszylinder-Selbstzünder (Den V6-Benziner wird Mercedes nur noch in den USA anbieten) und nimmt damit schon beim Normverbrauch neben dem Mehrpreis 2,5 Liter Mehrverbrauch in Kauf. Der geht noch mal kultivierter zur Sache und ist ebenfalls bis zum Stichtag 2015 in Euro 5 und 6 zu haben. Einen ausgereiften Eindruck hinterlässt der 7G-Tronic-Automat mit sieben Schaltstufen. Die Kraftunterbrechungen sind knackig kurz, das Schaltprogramm arbeitet logisch. Die sieben gegenüber fünf Stufen des bereits beim alten Sprinter verfügbaren Wandlerautomaten werden zudem den Verbrauch in Grenzen halten. Wer allerdings einen Allradler ordert, muss sich weiterhin mit dem zwar sauber arbeiten, aber weniger ökonomischen Fünf-Gang-Wandler bescheiden.

Reibungsärmere Antriebsachse mindert Spritverbrauch

Zu den Spritsparmaßnahmen gehört zudem eine reibungsärmere Antriebsachse, die für sich schon 0,2 l/100 km weniger Verbrauch ermöglichen soll. Hinzu kommen bedarfsgerecht gesteuerte Nebenverbraucher. Hier ist unter andere die Lichtmaschine zu nennen, die Schubphasen und Bremsvorgänge nutzt, um zu laden.

Optional sind obendrauf zwei Spritpar-Pakete zu haben. Blue-Efficiency ist für alle Baumuster und Gewichtsklassen zu haben einschließlich Eco-Start-Stopp, das den Motor bedarfsgerecht ein- und ausschaltet, optimiertem Generatormanagement und rollwiderstandsarmen Reifen. Insgesamt soll ein halber Liter Minderverbrauch möglich sein. Noch mehr, nämlich weitere 0,3 l/100 km weniger, ist mit dem Paket „Plus“ möglich. Hier kommen ein bedarfsgerecht arbeitender Sauglüfter zum Einsatz sowie die längste verfügbare Hinterachse. Für diese Kombination gibt Mercedes einen Verbrauch von 6,9 l/100 km (Euro 6 und Euro 5) an. Das soll ein Liter weniger sein als die vergleichbaren Vorgängermodelle benötigt haben – derzeit ein weiterer Bestwert. Und noch mehr für die Betriebskostenrechner: Die Wartungsintervalle steigen auf bis zu 60.000 Kilometer. Der serienmäßige Wartungsrechner gibt Aufschluss, wann der Sprinter in die Werkstatt muss.

Ladehöhe sinkt um 30 Millimeter

Die Laderaummaße bleiben die gleichen, aber die Ladehöhe sinkt. Mercedes hat das Fahrwerk mithilfe einer progressiven Abstimmung von Federn und Dämpfern um 30 Millimeter abgesenkt. Das lässt sich allerdings ohne Aufpreis abwählen. Dann verpufft allerdings der Vorteil für die Aero- und Fahrdynamik. Der tiefergelegte Sprinter liegt sehr straff auf der Straße, stößt dabei aber nicht unangenehm, sondern flitzt sehr agil und vor allem sicher um die Kurven.

Große Veränderung im Innenraum gibt es keine, muss es auch nicht, da der Sprinter auch hier schon Maßstäbe in der Klasse gesetzt hat. Allein die auf den Stand der Technik gebrachte Unterhaltungs- (jetzt je nach Modell mit USB- und iPod-Anschluss) und Navi-Elektronik sind nennenswert. Klassenprimus bleibt der 3,5-Tonner so vorerst wohl allemal.

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