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Luftfracht-Kartell Deutsche Bahn will Milliarden

DB Schenker Luftfracht Foto: DB Schenker

Spediteure haben Fluggesellschaften jahrelang zu viel bezahlt. Die Bahn macht nun Ernst und fordert für DB Schenker von verschiedenen Airlines, darunter die Lufthansa, Schadenersatz.

Die Deutsche Bahn fordert von verschiedenen Fluggesellschaften Schadenersatz in Milliardenhöhe. Hintergrund sind illegale Preisabsprachen bei der Luftfracht. "Mit zwei Klagen in Deutschland und in den USA macht die Deutsche Bahn Schadenersatzansprüche in Höhe von rund 2,1 Milliarden Euro geltend", sagt Christopher Rother, Leiter der Kartellrechtsabteilung der Bahn. Das Luftfracht-Kartell sei eines der größten Kartelle in der Wirtschaftsgeschichte und eines der wenigen, die global tatsächlich funktioniert hätten. "Das macht die immensen Schäden deutlich, die verursacht wurden und die wir als Spediteur erlitten haben." Betroffen ist die Bahn-Tochter DB Schenker als weltweit zweitgrößter Luftfrachtspediteur.

Die Klage richtet sich gegen mehrere Fluggesellschaften

In Deutschland wurde Klage beim Landgericht Köln eingereicht, wo die Deutsche Lufthansa ihren Sitz hat. Die Schadenersatzansprüche richten sich aber auch gegen Air Canada, British Airways, Cargolux, Cathay Pacific, Japan Airlines, LAN, Quantas, SAS und Singapore Airlines. "Wir machen dort einen Schaden in Höhe von 1,2 Milliarden Euro geltend", sagte Rother.  Hinzu kämen aufgelaufene Zinsen  von etwa 560 Millionen Euro. Rund 10 bis 20 Prozent der Schadenssumme entfielen auf die Lufthansa. Bahn-Rechtsvorstand Gerd Becht hatte zuvor gesagt, die Klage ziele hauptsächlich auf Deutschlands größte Fluggesellschaft, weil die "Lufthansa in dem Kartell eine maßgebliche Rolle gespielt" habe.

An dem 2006 aufgedeckten weltweiten Kartell waren mehr als 20 Fluglinien beteiligt. Sie hatten zwischen 1999 und 2006 Kerosin- und Sicherheitszuschläge abgesprochen, so dass von den Spediteuren jahrelang zu hohe Preise verlangt wurden. In den USA hat die Bahn bereits im August Klage gegen Air France, All Nippon Airways, Cargolux, KLM, Martin Air, Quantas und SAS eingereicht, dort beträgt die Schadenssumme etwa 300 Millionen Euro.

Hier käme jedoch noch weitere Unbill auf die beklagten Luftlinien zu, denn die US-Gerichte könnten einen sogenannten Strafschadenersatz zuerkennen, was dem dreifachen Schadenersatz entspreche, sagt Rother. Das maximale Risiko für die Airlines belaufe sich damit auf etwa 2,7 Milliarden Euro.

Aufgedeckt wurde das Kartell durch den Kronzeugen Lufthansa, der den Behörden entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt hatte. Die Lufthansa kam deshalb bisher um Strafzahlungen herum. Die EU-Kommission hatte bereits im November 2010 Geldbußen von insgesamt rund 800 Millionen Euro verhängt. In den USA, Australien, Brasilien, Kanada, Neuseeland, Südafrika und Südkorea war es zu Verurteilungen und Geldbußen von insgesamt etwa 1,5 Milliarden Euro gekommen.

Unabhängig von Strafzahlungen an Kartellbehörden können die Opfer der Preisabsprachen aber selbst Schadenersatz geltend machen – was die Bahn gerade tut. In den USA seien auf diesem Wege bereits Vergleiche mit einem Umfang von mehr als einer Milliarde Dollar erzielt worden, sagt Rother. Er verweist darauf, dass die DB durch bisher geschlossene Vergleiche bereits einen hohen einstelligen Millionenbetrag zurückerstattet bekommen habe. "Wir haben uns allerdings dazu entschieden, unsere Ansprüche selbst zu verfolgen." Die von Sammelklage-Anwälten ausgehandelten Vergleiche hätten aus DB-Sicht keinen angemessenen Schadensausgleich geboten.

Gespächsangebote der DB abgelehnt

Unverständlich sei es, dass die Fluggesellschaften seit Jahren sämtliche Gesprächsangebote der DB abgelehnt hätten und nicht zu einer außergerichtlichen Einigung bereit gewesen seien, sagt der Bahn-Jurist. Jetzt gehe man den Klageweg, damit die Ansprüche nicht verjährten. Da das Verschulden der Fluggesellschaften zweifelsfrei feststehe, gehe es nicht um die Frage ob, sondern wann sich die Airlines ihrer Verantwortung stellten und den entstandenen Schaden beglichen. Der Verhandlungsweg steht laut der Bahn weiterhin offen.



DER EINTREIBER

Die Sondereinheit: Die Bahn ist als einer der größten Einkäufer in Deutschland des öfteren Opfer von Preisabsprachen. Der Konzern hat daher in seiner Rechtsabteilung vor zwei Jahren eine Sondereinheit gebildet, die Schadensersatz für Wettbewerbsverstöße eintreibt: CRK4. Dabei steht C für das Vorstandsressort Compliance, Datenschutz, Recht und Konzernsicherheit, R für den Bereich Recht, K weist auf Kartelle hin, 4 ist die Gruppe, die sich um den Schadensersatz kümmert. Zwar befasst sich in Deutschland das Bundeskartellamt mit illegalen Preisabsprachen, aber die Bußgelder wandern in den Haushalt. 

Die Bereiche: Bislang haben die Bahn-Juristen einen dreistelligen Millionenbetrag für das Unternehmen hereingeholt. Aufgrund ihrer Größe sei die Bahn direkt oder indirekt von fast jedem dritten Kartell betroffen, sagt ein Sprecher. Kartelle gab es bislang unter anderem bei Schienen, Spannstahl, Aufzügen und Rolltreppen, aber auch bei Kaffee und Bier.

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