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Logistikunternehmen Der Norden macht mobil

Schiene, Logistikunternehmen Foto: Ilona Jüngst

In Schleswig-Holstein setzen nur wenige Unternehmen auf die Bahn. Das soll sich durch eine gemeinsame Initiative von deutschen und dänischen Logistikern ändern.

Dank Just-in-time, einer wachsenden Wirtschaft und steigender Käufe im Internet wird der Warentransport nach Erwartungen von Analysten bis 2025 um 70 Prozent steigen.
Wie dem Problem zu begegnen ist, wissen der Bundesverkehrsminister und die Minister der Länder wohl selbst nicht so recht.

Die Zulassung der Lang-Lkw verläuft schleppend. Und hatte Peter Ramsauer kurz nach seinem Amtsantritt noch gesagt, dass die Straßen einen Zuwachs des Güterverkehrsaufkommens nicht verkraften können und deshalb möglichst viel auf die Schiene verlagert werden müsse, so ist bis heute davon nichts zu merken.

Neue Wege für die wachsende Gütermengen

Deshalb nahm Gorm Gondesen, geschäftsführender Gesellschafter bei 17111 Transit Transport & Logistik in Osterrönfeld bei Rendsburg, sich der Sache selbst an. Er sucht nach Wegen, für die wachsenden Gütermengen sinnvolle Verkehre zu finden. Gemeinsam mit Voigt Logistik aus Neumünster und der dänischen Firma Contino gründete Transit Transport & Logistik die Nordlandrail mit Sitz in Harrislee und Padborg. "Alleine schafft es keiner", betont Gondesen. Seiner Meinung nach wird die Bahn in Schleswig-Holstein gebraucht. "Die Straßen sind zu voll und sie sind politisch zu teuer. Wir wollen gar nicht alle Verkehre über die Straße abwickeln – die Schiene ist zuverlässig."

"Wir brauchen intelligente Lösungen", ergänzt Henning Voigt, geschäftsführender Gesellschafter von Voigt-Logistik in Neumünster. Der Unternehmer setzt deshalb gleich auf mehrere Pferde. So sieht er sein Engagement für die neue Bahnverbindung nicht als Ausschlusskriterium für seinen Lang-Lkw. "Wir als Transporteure haben die Aufgabe, uns den ökologischsten Weg auszusuchen", betont Voigt.

188 Millionen Tonnen Güter über Kombinierte Verkehre

Deshalb möchte er in Zukunft mehr Lang-Lkw auf der Straße sehen. Schienen- oder Kombinierte Verkehre (KV) seien ebenfalls wirtschaftlicher als der herkömmliche Transport über die Straße: Ein 700 Meter langer Güterzug könne 1.600 Tonnen transportieren. "Im Jahr 2011 wurden laut Statistischem Bundesamt 188 Millionen Tonnen Güter über Kombinierte Verkehre abgewickelt – das entspricht in etwa 35.000 Lkw-Fahrten." Im vergangenen Jahr seien acht Prozent mehr Güter über die Schiene transportiert worden als im Vorjahr.

Die Vorteile des Kombinierten Verkehrs liegen laut Gondesen insbesondere in der Personal- und Fahrtenplanung sowie bei der Reduzierung von Fahrzeugkosten. Durch die strikten Fahrtzeiten der Züge, kann der Unternehmer genau planen, wann seine Ware wo ankommt und diese dann von dort weiterleiten. Damit spart der Spediteur Maut- und Spritkosten.

Sinkende Ausgaben für die Warung der Lkw

Auch die Ausgaben für die Wartung der Lkw sinken. Zudem sind Fahrzeuge, die im Vor- und Nachlauf des KV-Verkehrs eingesetzt werden, von der Kfz-Steuer befreit. Überschreitet der Transport zu und von den Ladestationen zudem nicht die Entfernung von 200 Kilometern, so ist er von Sonn- und Feiertagsfahrverboten ausgenommen. Auch dürfen die KV-Verkehre 15 Prozent mehr laden, da im Huckepack-Verkehr das zulässige Gesamtgewicht bei 44 Tonnen liegt. Zu guter Letzt können auch die Sozialvorschriften wie Lenk- und Ruhezeiten problemlos eingehalten werden.

Doch die Vorteile scheinen die mittelständischen Unternehmen in Schleswig-Holstein nicht zu überzeugen. Bereits die Vorarbeiten des Projekts gestalteten sich schwierig. "Das erste Problem war, dass die Logistikunternehmen die Zeiten als zu unattraktiv ansahen", beschreibt Gondesen den Planungsprozess.

Die Initiatoren organiesierten Wechselbrücken

Also setzte er sich mit der Deutschen Bahn in Verbindung und schaffte es, eine attraktive Trasse im Nachtsprung zu bekommen. Das war nicht so einfach, denn die meisten waren entweder durch Passagierzüge belegt oder sind erst gar nicht für Güterzüge ausgelegt.

Als die Initiatoren jedoch die für die Spediteure attraktiven Verbindungen als Huckepack – also Wechselbrücken, Trailer oder Silo-Container auf Niederflurwagen – organisiert hatten, kam die nächste Hürde. "Der Preis war den Kollegen zu unattraktiv", sagt Gondesen. Also wurde hier ebenfalls verhandelt. "Als wir nachgebessert hatten, kam uns die Wirtschaftsflaute dazwischen. Uns sprangen die Kunden ab."

Deswegen muss der Start des ersten norddeutschen Güterzugprojekts auf September verschoben werden. "Ohne eine verbindlichen Auslastung von 60 Prozent brauchen wir gar nicht erst anzufangen", betont Gondesen. Im Moment kommt Nordlandrail nur auf 30 Prozent. Das Problem, das die Initiatoren zu Beginn des Projekts nicht als solches realisierte: Die meisten Spediteure haben keine regelmäßigen Verkehre ins Ruhrgebiet oder zurück. Sie trauen sich nicht, verbindliche Zusagen über einen längeren Zeitraum zu machen.

"Die Leute müssen ein verändertes Bewusstsein entwickeln", urteilt Mit-Initiator Voigt. Denn wer erwarte, seine Bestellung aus dem Internet schon am nächsten Tag in der Hand zu halten, könne nicht gleichzeitig verlangen, dass weniger Lkw über die Straßen rollen sollen.

Geplante Fahrzeiten

Nordlandrail will kombinierte Verkehre für Unternehmen in Schleswig-Holstein anbieten. Geplant sind zwei Züge mit Lok und 40 Waggons.

Ruhrgebiet ab: 21 Uhr (Ladeschluss)
Neumünster an: Bereitstellung ab 4:30 Uhr
Fredericia an: Bereitstellung ab 7:30 Uhr

Fredericia ab: 17:30 Uhr (Ladeschluss)
Neumünster an: 21 Uhr (Ladeschluss)
Ruhrgebiet an Bereitstellung ab 5 Uhr

Im ersten Schritt soll der Verladebahnhof Neumünster ausgebaut werden. Hier könnten zwei mal 700 Meter Gleisstrecke bereitgestellt werden. Der Baubeginn erfolgt, sobald die notwendigen 60 Prozent Auslastung vorhanden sind. In einem zweiten Schritt folgt der Anschluss an den Güterbahnhof Padborg und bei Bedarf an Fredericia.

Drei Fragen an

Gorm Gondesen, geschäftsführender Gesellschafter bei 17111 Transit Transport & Logistik und Mitgesellschafter der Nordlandrail.

trans aktuell: Zuverlässig, weniger personalintensiv, geringerer CO2-Ausstoß – es klingt, als hätten Kombi-Verkehre mit der Bahn nur Vorteile?

Gondesen: Ja, wenn die Strecken lang genug sind, die Vor- und Nachläufe nicht zu lang werden und die Zeiten passen.

Glauben Sie, dass die Schienenverkehre ausgebaut werden?

Ich glaube, dass wir sie ausbauen müssen, weil wir es sonst nicht schaffen, das Verkehrswachstum am Fließen zu halten.

Wie wird Ihrer Meinung nach die Situation der Transporteure 2025 aussehen?

Der Modalsplit wird sich nicht viel verändert haben. Wir werden trotzdem mehr KV-Verkehre haben und mehr Lang-Lkw auf den Straßen sehen. Alles, was jetzt in der Diskussion ist, wird gebraucht werden, um 2025 den Verkehr noch über die Straßen abwickeln zu können. Die Bahn wird dabei aber keine verbesserte Rolle spielen. Das wird sie nicht können. Dazu müsste die Politik ein paralleles Schienennetz zulassen, so dass Personen- und Güterverkehr getrennt stattfinden können.

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