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Logistik-Cloud Aeolix Alle auf einer Plattform

Ismail Devili mit seinem LKW im Hamburger Hafen Foto: Achim Multhaupt, Thomas Ollendorf

Die Logistik-Cloud Aeolix soll Umwelt und Unternehmen Vorteile bringen.

Schubladendenken und IT-Flickenteppiche könnten in der Logistik bald der Vergangenheit angehören. Im Rahmen des EU-Projekts Aeolix soll ein "digitales Ökosystem" entstehen, eine Europa umspannende Plattform für den Informationsaustausch. Sie könnte alle Beteiligten der Logistikkette integrieren und für große Effizienzgewinne sorgen, die nicht zuletzt der Umwelt zugutekämen: Es wird erwartet, dass Aeolix den Energieverbrauch und damit auch die Treibhausgasemissionen um mindestens 30 Prozent verringert. Bei der Umsetzung sind Transportunternehmen genauso gefragt wie öffentliche Verwaltung, Verlader, Zoll, Terminalbetreiber oder Häfen.

Und damit das Ganze nicht eine weltfremde Angelegenheit aus dem Elfenbeinturm wird, geht es nahezu von Anfang an darum, am Markt mit den Beteiligten entworfene Konzepte auf Schiene, Straße oder Wasserwegen zu realisieren. Dafür wurden europaweit elf Pilotregionen als Innovationsräume (living lab/lebendes Labor) definiert, in denen sehr unterschiedliche Situationen wie das Zusammenspiel von Flug- und Seehäfen oder von Straße und Schiene bearbeitet werden.

Wettbewerbsfähigkeit erhalten und ausbauen

In Deutschland soll sowohl die Wertschöpfungskette rund um den Hamburger Hafen als auch diejenige rund um den Flughafen Frankfurt mit dem dazugehörigen Korridor analysiert werden. Unter der Leitung von T-Systems und TX Logistik arbeiten das House of Logistics & Mobility (Holm) in Frankfurt sowie die Hamburg Port Authority an gemeinsamen Lösungen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Standorte zu erhalten und auszubauen.

"Hierzu gehört auch eine Betrachtung von Transportalternativen im Korridor Hamburg–Frankfurt je nach Verkehrsaufkommen, Parkplatzinformationen und eine Optimierung der Planung von Anlieferungsslots an den jeweiligen Hubs", erläutert Holm-Projektmanager Stefan Hennemann.

Alle Verkehrsträger gefragt

Eine verkehrsträgerübergreifende Zusammenarbeit ist unabdingbar, wenn die großen Herausforderungen des Sektors in Zukunft bewältigt werden sollen. Das prognostizierte stark wachsende Transportaufkommen und notwendige, massiv verringerte Umweltauswirkungen sind schließlich nicht einfach zur Deckung zu bringen. "Es sollen wichtige intermodale Aspekte bei der Effizienzsteigerung eine Rolle spielen", betont Bernd Weisweiler, Projektleiter bei TX Logistik, im Gespräch mit trans aktuell.

Derzeit ist die Transportkette mit ihren vielen Akteuren sehr ineffizient organisiert. So dominiert bei den Frachtunterlagen immer noch das Papier, für ein technisches Gesamtkonzept fehlt eine durchgängige Standardisierung. "Es gibt viele Insellösungen und besonders bei den großen Spediteuren sind In-House-Lösungen etabliert", beschreibt Hennemann die Situation. Das erhöht sowohl die Kosten der Unternehmen als auch die der Transportwirtschaft insgesamt. Gleichzeitig gibt es negative Nebenwirkungen für Gesellschaft und Umwelt, wenn die Zahl der Lkw auf den Straßen steigt, weil sie nicht optimal ausgelastet werden oder Güter nicht speditions- oder transportmittel-übergreifend gebündelt werden können.

"Hier muss Vertrauen aufgebaut werden"

Aeolix soll als offenes System Wirtschaftsbeteiligte, auch größere Gruppen und verschiedene Regionen, mit Informationen versorgen. Wer entsprechende Interessen nachweisen kann und einen Zugang haben möchte, soll ihn auch bekommen. "Das bedeutet, dass das Verkehrsmanagement aus der Logistik Daten bekommt und damit wiederum der Logistik hilft", erläutert Ralf Willenbrock, der das Projekt bei T-Systems leitet. Vorhandene unterschiedliche IT-Lösungen werden mithilfe von Aeolix auf einer Plattform technisch gebündelt. Damit kann die Voraussetzung für eine digitale Transformation in der Logistikbranche geschaffen werden.

Hinter der immer wieder verwendeten Zauberformel "cooperative ITS" – kooperative intelligente Transportsysteme – verbirgt sich die Datennutzung durch verschiedene Teilnehmer. Und hier lauert möglicherweise ein Problem, das das ganze Vorhaben zu Fall bringen könnte, denn so manche Firma tut sich schwer damit, wettbewerbsrelevante Daten freizugeben. "Hier muss Vertrauen aufgebaut werden, die Gewissheit, dass nur Befugte Zutritt zur Plattform bekommen", sagt Weisweiler. "Das ist eine zentrale Komponente." Willenbrock hat seinerseits die Erfahrung gemacht, dass sich auf europäischen Cloud-Plattformen bereits so einige Allianzen von Wettbewerbern gebildet haben.

Start als Forschungsprojekt

TX-Mann Weisweiler verspricht sich von der übergeordneten Plattform viel. "Wenn wir von Hamburg aus mit einem Zug ins Hinterland fahren und rechtzeitig durch kontinuierliche Information vom Hafensystem direkt in das Bahnoperator-System wissen, dass es bei der Verzollung eines Containers Verzögerungen gibt, können wir die Zugauslastung besser planen und Leerkapazitäten vermeiden." So könne die Effizienz erhöht und CO2 eingespart werden. Und das sei schließlich auch die Projektvorgabe und die Absicht der EU.

In den ersten sechs Monaten des drei Jahre laufenden Projekts werden die Anforderungen von den Teilnehmern gemeinsam erarbeitet. Parallel dazu findet noch im laufenden Monat ein sogenannter Architektur-Workshop statt und es laufen die Vorbereitungen für eine Struktur, die die Verteilung der Daten regelt. "Ich gehe davon aus, dass in einem Jahr die ersten Dienstleistungen erbracht werden können", zeigt sich Willenbrock überzeugt. Bislang ist Aeolix ein Forschungsprojekt. Je mehr Teilnehmer sich finden, umso größer ist die Chance, dass es auch nach den drei Jahren eine gute Zukunft hat.

Das Projekt

Aeolix (Architecture for EurOpean Logistics Information) startete am 13. September und läuft über drei Jahre im Rahmen des EU-Programms Horizon 2020. Die EU trägt dabei maximal 16,2 Millionen Euro der Kosten. Zu den bislang 34 Projektpartnern gehören auch Jan de Rijk Logistics, Kühne+Nagel, Yusen Lo­gis­tics, Unilever, Mondelez oder Coop. Neue Teilnehmer sind willkommen und können sich an den Koordinator Ertico-ITS Europe in Brüssel wenden.

Elf Innovationsräume

Die elf "lebenden Labore" (living labs) befinden sich auf neun TEN-T-Korridoren in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Österreich, Rumänien, Schweden und Spanien. Hier werden am Markt Konzepte entwickelt, die die logistischen Anforderungen für die Digitalisierung in den Regionen erfüllen. Konzepte, die nicht praktikabel sind, können sofort verworfen werden. Die Beteiligten befinden sich in konstantem Meinungsaustausch.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
trans aktuell 21 / 2016
21. Oktober 2016
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21. Oktober 2016
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