Lkw-Verbrauchswerte von 1966 bis 2014 Immer Abwärts

1966-2014: Testauswertung nach Verbrauch Foto: Karl-Heinz Augustin 7 Bilder

Nicht kontinulierlich, aber doch deutlich sackte der Verbrauch in den vergangenen fast 50 Jahren. Die Messwerte von lastauto omnibus erzählen eine spannende Geschichte, inkl. Download einer Übersicht über die Entwicklung der Verbrauchswerte seit 2010.

Vermutlich lag es an den geringen Dieselpreisen, dass sich in den frühen Jahren der Bundesrepublik Deutschland kein Mensch über Verbräuche von 50 bis 60 l/100 km aufgeregt hat. Umgerechnet 21,5 Eurocent kostete ein Liter Diesel, als lastauto omnibus Mitte der 60erJahre den ersten Vergleichstest auf der "alten" Rundstrecke startete. Von Stuttgart ging es über Bruchsal, Frankfurt und Kassel bis in die Höhe von Göttingen, dort auf die B 27  über Fulda nach Würzburg und weiter über die B 19 und A 6 nach Heilbronn und zurück nach Stuttgart. Rund 45  Jahre, also bis Anfang 2010, nutzte die Redaktion diesen fast 800 Kilometer langen Rundkurs als Messstrecke – was letztlich ein einzigartiges Dokument über die Verbrauchsentwicklung für Lastzüge ergibt.

Euro 1 führte zu Mehrverbrauch

Damals, also beim ersten Vergleichstest, stellten sich Verbräuche um 50 l/100 km ein. Bis 2010 sackten sie auf weniger als 35 Liter (Durchschnittswerte aller Tests in den Jahren 2009 und 2010) – bei zwei Tonnen mehr Gewicht auf den fünf Achsen und deutlich erhöhten Fahrleistungen. Das Durchschnittstempo stieg von weniger als 50 auf 75 km/h.

Den langen Weg nach unten konnten auch einige Rückschläge nicht verhindern. Die Euro- 1-Einführung (1993) beispielsweise führte zunächst zu einem höheren Verbrauch. Im Mittel waren es drei oder vier Prozent, bei Volllast – also bergauf – auch zehn. Das lag daran, dass die heute bekannten Mittel zur Verbrauchsreduzierung wie Hochdruckeinspritzung oder elektronische Einspritzsteuerung damals noch in den Kinderschuhen steckten. Mit gemächlichen 200 bar schickte die übliche Reihenpumpe den Diesel durch die Düsen, Menge und Einspritzzeitpunkt waren rein mechanisch geregelt. Das probate Mittel, um Euro 1 zu erfüllen, hieß damals "späte Einspritzung". Kurz: Die Techniker legten den Förderbeginn etwa fünf Kurbelwellengrade näher in Richtung oberen Totpunkt und reduzierten damit Verbrennungstemperatur und Stickoxidemission gleichermaßen. Allein der Verbrauch blieb dabei auf der Strecke.

Früher waren Saugmotoren der Standard

Als lastauto omnibus mit den Verbrauchsmessungen auf einer definierten Rundstrecke begann, dominierten noch Saugmotoren das Geschehen, teilweise noch mit Vorkammer. Die Leistung basierte mehr auf hohen Drehzahlen (Nenndrehzahlen bis 2.500/min) als auf hohem Verbrennungsdruck (maximal 10 bar Mitteldruck). Heutige Motoren stellen diesen Zusammenhang komplett auf den Kopf. Hohe Drücke (bis 25 bar) und geringe Nenndrehzahlen (1.900/min und weniger) sind die Regel.

Ende der 60er-Jahre tauchen die ersten Turbomotoren auf, die freilich noch mit bescheidenen Aufladedrücken arbeiten und die Lkw-Welt nicht grundsätzlich verändern. Nennleistungen wie Drehmomente steigen nur moderat. Aber der Weg ist vorgezeichnet – dem Turbo gehört die Zukunft, auch wenn Mercedes bis weit in die 80er-Jahre dem großvolumigen Sauger die Treue hält.

DAF unterstützt Turbotechnik

Gilt Volvo als Pionier in Sachen Turboaufladung, dann ist DAF Vorkämpfer in Sachen Ladeluftkühlung. 1973 taucht erstmals ein sogenannter DAF-Intercooler auf, der den Wirkungsgrad des Turbomotors noch einmal deutlich verbessert und damit den Verbrauch nach unten drückt. Dass die Testverbräuche bis zur Einführung von Euro 1 kontinuierlich sinken, hat also viel mit Turbo und Ladeluftkühler zu tun. Aber auch mit verbesserter Aerodynamik oder mit der damals neuen Turbocompound-Technik im Lkw. Es gibt aber auch noch ein paar andere Dinge, die den Verbrauch in den 70er- und 80er-Jahren deutlich beeinflussen, wie beispielsweise der Dachspoiler.

Vor einem vier Meter hohen Auflieger-Aufbau und montiert auf den damals recht niedrigen Fahrerhäusern, sparte das simple Kunststoffteil mal locker fünf oder auch zehn Prozent Diesel und setzte sich folglich rasch durch. Deutlich länger brauchten die Vielganggetriebe. Sechs Gänge galten lange als Stand der Technik, die Vorschaltgruppe dazu brauchte ewig, um sich durchzusetzen. Kaum hatten sich diese sechs plus sechs Gänge etabliert, präsentierte Volvo ein Split-Range-Getriebe mit 16 Gängen. Das sorgte trefflich und lange Zeit für Diskussionen. Auch weil viele Fahrer damit nicht klar kamen und sich Gang für Gang durchs Getriebe quälten. Mercedes und MAN "erfanden" die Doppel-H-Schaltung, um für etwas mehr Ordnung im Schaltschema zu sorgen.

Das Einfach-H, wie Volvo es favorisierte, schien zu kompliziert. Bei der Anzahl der Fahrstufen ging es immer darum, den Motor in allen Fahrzuständen im sparsamsten Bereich drehen zu lassen. Je mehr Gänge zur Verfügung stehen, umso besser klappt das.

Verbrauch seit Euro 1 auf ähnlichem Niveau

Und dann kam Euro 1. Fortan dreht sich alles um Abgasqualität und die Frage, wie denn reduzierte Schadstoffe ohne Verbrauchserhöhung zu meistern sind. Das Ergebnis ist – aus heutiger Sicht – klar. Von Euro 1 bis Euro 5 pendeln die Verbräuche (von Ausreißern abgesehen) fast 20 Jahre lang auf gleichem Niveau um die 35 l/100 km – auch wenn eine leichte Tendenz nach unten zu erkennen ist. Ohne Abgasgesetzgebung wären längst Werte unter 30 l/100 km möglich.

Bis einschließlich Euro 3 (seit dem Jahr 2001) mühten sich die Lkw-Hersteller redlich, Verbrauch und Abgas unter einen Hut zu bringen. Hauptsächlich elektronische Hochdruck-Einspritzsysteme ebneten den Weg. Euro 4 (2005) und Euro 5 (2008) waren mit den vorhandenen Mitteln allerdings nicht machbar. Zwei Wege boten sich damals an: der Zusatz von Adblue oder die Abgasrückführung.

Wie so oft bei der Abgasgesetzgebung ging es auch jetzt im Wesentlichen um Stickoxide. Adblue ermöglicht hohe Verbrennungstemperaturen, die dabei entstehenden Stockoxide wandelt der SCR-Katalysator mit Hilfe von Adblue in harmlose Stoffe um. Die Abgasrückführung greift innermotorisch ein und sorgt mit niedrigeren Verbrennungstemperaturen für eine reduzierte Stickoxid-Produktion. Beide Wege führen zum Ziel, haben Vor- sowie Nachteile und lösten letztlich eine hitzige Diskussion unter den Lkw-Herstellern aus, die sich auf eine gemeinsame Lösung einigen wollten, es letztlich aber nicht taten.

Mit Euro 6 sinken die Verbräuche

Die letzte Stufe der Abgasreduzierung, also Euro 6, trat zuerst einmal als Schreckgespenst auf. "Hohe Kosten für die Technik und mehr Verbrauch", so lauteten vor fünf Jahren noch die Befürchtungen. Die hohen Kosten haben sich in der prognostizierten Höhe nicht eingestellt, auch wenn der Aufpreis für Euro 6 fast fünfstellig geriet. Beim Verbrauch tut sich trotz aller Befürchtungen aber Wundersames: Erstmals seit Einführung der Abgasvorschriften vor gut 20 Jahren geht er wieder nach unten.

Die Grafik der Verbrauchsentwicklung spiegelt das allerdings nur teilweise wider. Seit dem Jahr 2010 gibt es eine komplett andere Messstrecke, weil die alte Runde nicht mehr für Messfahrten taugte: zu viele Baustellen, Lkw-Überholverbote und -Durchfahrtverbote auf der B 27. Die neue Messstrecke im Südwesten Deutschlands kennt all diese Probleme nicht, sorgt mit ihrer deftigen Topografie aber für ein bis zwei Liter höhere Verbrauchswerte.

Scania ist Rekordhalter

Der Durchschnitt im ersten Jahr auf dieser Strecke lag über 37 l/100 km. Der erste Euro- 6-Lkw, ein Scania R 480, erreichte ein Jahr später schon weniger als 36 l/100 km. Bis ins Jahr 2013 sackte der Mittelwert aller getesteten Lkw – überwiegend Euro 6 – auf 35,1 Liter. Einen neuen Rekord markierte jetzt der Scania G 410 (Euro 6)  mit nur noch 32,9 l/100 km. Auf der alten Teststrecke wäre er der 30-Liter-Marke sehr nah gekommen.
Wie ist das möglich? Nach 20 Jahren Abgasreinigung und keiner weiteren zu erwartenden Verschärfung konzentrieren sich die Lkw-Hersteller allesamt jetzt wieder aufs Dieselsparen – so wie in den 70er- und 80er-Jahren. Lange Achsen, drehmomentstarke Motoren, verbesserte Aerodynamik, optimierte Automatikgetriebe sind die wesentlichen Zutaten. In jüngster Zeit ergänzt um elektronische Hilfsmittel, die vor 20 Jahren noch undenkbar erschienen. Wie beispielsweise der prediktive Tempomat, den Mercedes und Scania neuerdings für kleines Geld offerieren.

Derzeit jedenfalls gehen die Lkw-Hersteller das Thema Verbrauch vehement an. Werte von weniger als 30 l/100 km auf der neuen Teststrecke sind in Reichweite. Wenn es im derzeitigen Tempo weitergeht, dann fällt die Marke in längstens fünf Jahren.

Download Verbrauch auf der neuen Teststrecke seit 2010 (PDF, 0,03 MByte) Kostenlos
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