Lkw-Abbiegeunfälle Wie ein zusätzliches Paar Augen

Lkw, Fahrrad Foto: Daimler AG - Global Communicatio

Lkw-Abbiegeunfälle enden oft tödlich – Daimler will seinen Blind Spot Assist in Kürze auf den Markt bringen.

Irgendwo in China: Ein Container-Lkw biegt rechts ab, übersieht dabei einen Radfahrer und rollt über ihn hinweg. Der Lkw fährt weiter, der Radfahrer ebenfalls. Denn wie durch ein Wunder überlebt der ungeschützte Verkehrsteilnehmer und kann nach dem dramatischen Unfall aufstehen, wie bewegte Bilder einer Überwachungskamera belegen.
Leider endet ein solcher Zusammenstoß fast nie so glimpflich wie in diesem im Internet verbreiteten Film.

Lkw-Abbiegeunfälle haben nicht selten einen tödlichen Ausgang, weswegen Sicherheitsexperten alles unternehmen, um ihnen einen Riegel vorzuschieben. Große Hoffnungen richten sich auf den Abbiegeassistenten, den Daimler voriges Jahr auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover vorgestellt hatte. "Das System wird in Kürze auf den Markt kommen", kündigte Dr. Christian Ballarin, Leiter der Vorentwicklung im Bereich mechatronische Systeme Mercedes-Benz-Lkw, beim Zukunftskongress Nutzfahrzeuge an.

Radarsensoren decken rechte Seite ab

Der Blind Spot Assist basiert auf Radarsensoren, welche die komplette rechte Lkw-Seite – beginnend zwei Meter vor der Motorhaube bis zum Ende des Aufliegers beziehungsweise Gliederzugs – abdecken. "Er unterstützt den Fahrer mit einem zusätzlichen Paar Augen", sagte Ballarin.

Das System informiert den Fahrer durch ein optisches Signal, wenn sich ein Objekt im überwachten Raum befindet, und warnt ihn im zweiten Schritt, sofern der Fahrer nicht darauf reagiert und eine Kollision droht. Die optische und akustische Warnung durch rote LED-Lichter erfolgt an der A-Säule auf Beifahrerseite – also dort, wo der Fahrer intuitiv beim Rechtsabbiegen auch hinschauen müsste.

Das System errechnet die Schleppkurve des Aufliegers

Eine weitere Besonderheit an dem Assistenzsystem ist laut Daimler-Mann Ballarin, dass es auch die Schleppkurve des Aufliegers errechnet und auf mögliche Hindernisse darin hinweist. Damit würden auch Sachschäden verhindert, die beim Rechtsabbiegen zum Beispiel an Ampeln oder Schildern entstehen können. Und zu guter Letzt leistet das System auch gute Dienste beim Spurwechsel und informiert den Fahrer, wenn sich vor ihm zum Beispiel noch ein Pkw-Fahrer auf einer Autobahneinfahrt einfädelt.

Das Potenzial mit Blick auf die Verkehrssicherheit ist riesig: Daimler weist auf Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hin, wonach bei einem flächendeckenden Einsatz rund die Hälfte aller Unfälle zwischen Lkw und Fußgängern beziehungsweise Radfahrern vermieden werden könnte. Die Zahl der damit verbundenen Todesfälle könne damit um ein Drittel reduziert werden, heißt es.

Assistent als Nonplusultra

Nicht umsonst wünschen sich sowohl Branchenverbände als auch Sachverständige, die sich mit den Unfällen zwischen Lkw und ungeschützten Teilnehmern befassen, eher heute als morgen den Einsatz solcher Systeme.  "Ein funktionierendes Assistenzsystem, das solche Unfälle verhindert, wäre das Nonplusultra", erklärte Prof. Hansjörg Leser, Gesellschafter der Unfallanalyse Berlin, der eine Vielzahl solcher Unfälle ausgewertet hat.
Bei diesen Kollisionen ist nicht die Geschwindigkeit das Problem. "Denn die Lkw biegen in der Regel mit 10 bis 20 km/h ab", sagte er. "Das Problem ist der immer gleiche Ablauf dieser Unfälle, der zum Überrollen der Fußgänger und Radfahrer führt." Speditionen müssen laut Leser aber nicht warten, bis der Blind Spot Assist erhältlich ist. Sie können auch vorher schon einiges tun, damit ihre Fahrer solche Gefahrensituationen meistern.

Am wichtigsten sei die Schulung der Mitarbeiter. Sie müssen laut Leser lernen, ihr Sichtfeld freizuhalten, die Spiegel richtig einzustellen und die Spiegelbilder richtig zu deuten. "So deckt der Weitwinkelspiegel zwar ein großes Sichtfeld ab, erkauft wird das aber durch eine sehr kleine Darstellung." Man muss genau hinsehen, um den Fahrradfahrer unten rechts zu erkennen. Genau hinsehen – wenn Fahrer das immer beherzigen würden, wäre schon viel gewonnen. Eine Weisheit, die für Deutschland genauso wie für China gilt.

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