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Leistung und Lohn Selbstbewusster auftreten

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Leistung und Lohn passen bei vielen Unternehmen nicht zusammen. Dabei gibt es gute Gründe, das Preisgespräch mit den Auftraggebern mit breiter Brust zu
führen. Davon ist BGL-Präsident Hermann Grewer überzeugt.

Hermann Grewer, Präsident des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) und Vorsitzender des Verbands Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL), zeigt gerne klare Kante, wenn es um die Belange der Transportunternehmen geht. Frachtenbörsen? Die Angebote mit Dumpingpreisen sollen dort liegen bleiben, bis sie verschimmeln. Fahrermangel? Eine existenzielle Bedrohung für die Branche. Infrastruktur? Enormer Handlungsbedarf, vor allem bei den Brücken. Verkehrspolitik? Stellt viel zu oft den Lkw an den Pranger.

Die Transportbranche bringt erstklassige Leistungen auf die Straße

Dass die Transportbranche trotz dieser Einschränkungen noch erstklassige Leistungen auf die Straße bringt, ist für Hermann Grewer eine Anerkennung wert. "Die Transportunternehmer in Deutschland haben ihre Leistung in der Vergangenheit häufig unter Wert verkauft. Jetzt ist es Zeit, die Preisverhandlungen mit den Kunden mit mehr Selbstbewusstsein zu führen", schildert Grewer sein Credo im Gespräch mit trans aktuell.

Gründe für Verhandlungen gibt’s demnach genug. Es sind vor allem die steigenden Kosten, die dem Transportgewerbe zu schaffen machen. Als Beispiel nennt Grewer die Entwicklung der Kraftstoffkosten, die im nationalen Fernverkehr voriges Jahr um satte 6,9 Prozent gestiegen sind. "Dieselpreise sind nach dem Personal unser wichtigster Kostenfaktor. Eine Dieselpreis-Gleitklausel mit zeitnahen Anpassungsfristen ist daher ein Muss für jeden Transportunternehmer", sagt Grewer. Auch auf steigende Kosten für den Fuhrpark müssten sich die Unternehmen einstellen. Der VVWL-Chef erwartet einen deutlichen Kostenschub, wenn ab 2014 für alle neuen Lkw die Abgasnorm Euro 6 gilt. Dazu macht er die Rechnung auf, dass Fahrzeuge, die diese Norm erfüllen, mit höheren Betriebskosten aufwarten, während Fahrzeuge mit Euro 5 bei der Maut deutlich zulegen. Für Transporteure ist es nach Ansicht Grewers bereits jetzt an der Zeit, mit den Auftraggebern erste Gespräche über Preisanpassungen fürs Jahr 2014 aufnehmen.

Transportunternehmer sollten Aufträge mit schlechten Preisen ablehnen

Allerdings weiß Grewer auch, dass Preisverhandlungen häufig eine heikle Sache sind. "Viele Verlader haben auch für berechtigte Preisforderungen kein offenes Ohr. Sie schreiben dann die Aufträge lieber wieder aus", sagt Grewer. Leider finde sich immer wieder ein anderes Transportunternehmen, das den Auftrag zum niedrigeren Preis übernehme.
Dass Unternehmen versuchen könnten, über niedrige Rückladungspreise und Angebote in Frachtenbörsen ihren Ertrag zu verbessern, hält Grewer für eine falsche Strategie. Transportunternehmer sollten stattdessen Aufträge mit schlechten Preisen öfter ablehnen – nur so lasse sich bei den Verladern das Preisbewusstsein stärken und der Entwicklung zu Dumpingpreisen Paroli bieten.

Aber welche Möglichkeiten hat ein Unternehmer, wenn die Luft dünner wird? Auf keinen Fall dürfe man sich den Realitäten des Marktes verschließen. Auch der Blick auf andere Unternehmen helfe dabei nicht weiter. "Wenn ein Kollege bei einem Auftrag vielleicht noch einen minimalen Gewinn generiert, kann der andere beim gleichen Job draufzahlen", sagt Grewer. Seine Botschaft: "Ein Unternehmer muss seine Kosten kennen. Wer gegen seine Kosten anfährt, der hat keine Chance."

Spediteur Grewer spezialisiert sich auf Güter-, Silo- und Gastransporte

Dennoch kann man gegensteuern: Spediteur Grewer hat in seinem auf Güter-, Silo- und Gastransporte spezialisierten Unternehmen mit einer Flotte von rund 140 Fahrzeugen gute Erfahrungen mit dem Drosseln der Triebwerke gemacht. "Wir haben unsere Lkw auf 84 Kilometer pro Stunde gedrosselt. Im Vergleich mit den ungedrosselten Fahrzeugen brauchen wir jetzt im Schnitt pro Lkw drei Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer weniger. Wir haben weniger Reparaturen und Unfälle. Auch die Versicherungen sind seitdem erheblich nach unten gegangen", berichtet Grewer.

Ebenfalls ein Kostenfaktor ist das Fahrpersonal. Doch ist aus Sicht von Hermann Grewer eine Investition in gute Fahrer bares Geld wert. Dahinter steht die Einsicht, dass ein zufriedener, gut bezahlter Fahrer nicht nur sorgsam mit seinem Lkw umgeht, sondern sein Unternehmen auch beim Kunden gut vertritt. "Aufträge wird in Zukunft nur der Unternehmer erhalten, der die besseren Fahrer hat", erklärt Grewer.

Unternehmen müssen sich für ihre Kunden unverzichtbar machen

Eine Lebensversicherung für Logistiker sind aus seiner Sicht auch gute Ideen und Innovationen. Grewers Empfehlung: Unternehmen müssen sich für ihre Kunden unverzichtbar machen. Die Chance für kleinere Unternehmen liege darin, dass sie kleine Kunden behandeln wie große. Klare Kante zeigt Hermann Grewer übrigens auch in eigener Sache. Die Delegierten auf dem Unternehmertag des VVWL Mitte Juni in Wuppertal haben es von ihrem Vorsitzenden aus erster Hand erfahren: Der Spediteur aus Gelsenkirchen wird im Herbst nicht mehr für das Spitzenamt des BGL-Präsidenten kandidieren. Er sei weder amtsmüde noch krank, vielmehr sei die Zeit gekommen, die Last des Amtes in jüngere Hände zu legen. Den Mitgliedern des VVWL bleibt ein Trost: Als Vorsitzender des Verbands wird Unternehmer Hermann Grewer weiterhin für die Belange des Mittelstands eintreten. Heiße Eisen gibt’s genug.

Vier Fragen an

BGL-Präsident Hermann Grewer nimmt Stellung zu den Plänen der neuen rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen.

trans aktuell: Herr Grewer, der Koalitionsvertrag der neuen rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen steht. Was kommt auf die Logistikbranche zu?

Grewer: Die Landesregierung räumt der Logistik zwar einen hohen Stellenwert ein, setzt aber mit dem Fokus auf Schiene und Binnenwasserstraße die falschen verkehrspolitischen Akzente. Das Konzept für die Straße sieht lediglich Engstellenbeseitigung und wenige Neubaustrecken aus der Prioritätenliste vor.

Welche Pläne gibt’s für die Maut?

Geplant ist die Mautausweitung auf 7,5-Tonner, die Internalisierung der verursachten Schäden in die Maut und eine Verteuerung der Mautkosten. Der Lkw nimmt hier die Rolle der Melkkuh ein.

Was kritisieren Sie daran?

Dass das Geld nicht der Straße zukommt. Mit der Maut will die Landesregierung den Ausbau der Schieneninfrastruktur finanzieren. Mich stört bei diesem Konzept, dass der Lkw nur als Zerstörer von Straßen und Brücken dasteht. Das wird dem Stellenwert des Verkehrsträgers Nummer eins nicht gerecht.

Was fordern Sie jetzt?

Die Politik sollte nicht die Verkehrsträger gegeneinander ausspielen. Wir wollen eine gute Vernetzung sowie den Ausbau und mehr Effizienz aller Verkehrsträger, damit das Verkehrswachstum nachhaltig bewältigt wird.

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