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Lastenräder Die schnellere Alternative

JENS WEGENER         Foto: DPD

Lastenräder schonen die Umwelt und sind in Ballungszentren häufig die schnellere Alternative.

Viele deutsche Städte versinken im stetig wachsenden Verkehr. Mitverursacher ist der boomende Onlinehandel mit den steigenden Paketmengen. Stuttgart will ab Janu­ar 2018 ältere Dieselfahrzeuge nicht mehr in die City lassen, weil die Feinstaubwerte in der Landeshauptstadt deutlich zu hoch sind.

KEP-Unternehmen suchen nach Lösungen. City-Logistik-Projekte sollen helfen, die Luftqualität zu verbessern, aber auch die Parkplatzsituation und das Verkehrsaufkommen zu entspannen. Und so wundert es nicht, dass die alte Erfindung Fahrrad wieder in Mode kommt. Das Rad ist in Innenstädten oft besser geeignet, da der Kfz-Verkehr Einschränkungen unterliegt. KEP-Dienste setzen daher zunehmend auch auf Lastenräder, da Zusteller oft sehr viel näher an die Empfängeradresse heranfahren können als es mit dem Transporter der Fall wäre. Die Lastenräder sind wendiger als Lieferwagen und bieten bessere Park- und Einfahrmöglichkeiten. In Verkehrsspitzenzeiten ist zudem der Geschwin­dig­keits­vor­teil nicht zu unterschätzen, da Staus gezielt umfahren werden können. "Als lärm- und emissionsfreie Zustellalternative sind sie zudem auch mit Blick auf mögliche Fahrverbote in Innenstädten eine spannende Sache, nicht zuletzt weil auch viele Kunden solche Zustellkonzepte befürworten", sagt Dirk Rahn, Geschäftsführer Operations von Hermes Germany.

Nachladefahrten nötig

Dem gegenüber steht die bislang vergleichsweise geringe Produktivität, da wegen des kleinen Laderaums nur wenige Pakete zeitgleich transportiert werden können und daher viele Nachladefahrten zurück zum Depot nötig sind. Sinnvoll betreiben lassen sich Lastenfahrräder auf lange Sicht also nur mit ­einem eigenen stationären Mikro-­Depot-Kon­zept, ­dessen wirt­schaft­li­che Umsetzbarkeit aber erst noch geprüft werden muss. "Auch vor dem Hintergrund der bekanntlich bislang sehr geringen Margen im Paket­geschäft", fügt Rahn hinzu. Außerdem können größere Sendungen nicht oder nur sehr eingeschränkt per Fahrrad trans­por­tiert werden. "Als ergänzende Zustellmethode auf der allerletzten Meile, insbesondere für kleinteilige und leichte Waren, können Lastenfahrräder aber mittelfristig dennoch eine Option sein", sagt er.

Die wirtschaftliche Umsetzbarkeit von stationären Mikro-Depots testen derzeit GLS und DPD unter wissenschaftlicher Leitung der Technischen Hochschule Nürnberg. Dazu haben beide Unternehmen in mehrere Lastenfahrräder investiert und dezentrale Umschlagpunkte im Zustellgebiet eingerichtet. "Das Ziel ist, in den derzeitigen Zustellgebieten bis zu sieben konventionelle Zustellfahrzeuge zu ersetzen", sagt Projektleiter Prof. Dr. Ralf Bogdanski von der Technischen Hochschule Nürnberg. Das spare voraussichtlich 65 Kilo Stickoxide, 8 Kilo Feinstaub und 56 Tonnen Treibhausgase jährlich ein. Weitere Vorteile des Konzeptes seien der geringere Verkehrsflächenbedarf der Lastenräder, da beispielsweise das Parken in zweiter Reihe entfällt, die wegfallenden Lärmemissionen und die positive Resonanz seitens der Bevölkerung. "Um relevante Daten über den Nutzwert neuer Lösungen zu erhalten, sind ­derartige Praxistests hilfreich", ergänzt GLS-Sprecherin Anne Putz.

Leistungsstarke Räder erhältlich

Die Technologie der Pedelec-Lastenräder hat sich zuletzt massiv verbessert. "Am Markt gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Lastenrädern", fügt Gerd Seber, Group Manager Sustainability & Innovation bei DPD Deutschland, hinzu. "Die E-Bikes, die wir in Pilotprojekten in einigen Stationen einsetzen, sind sehr leistungsstark und somit eine ökologische Alternative im Lieferverkehr", sagt auch GO-Geschäftsführer Ulrich Nolte. Sie haben eine Reichweite von bis zu 250 km, erlauben eine Zuladung von maximal 100 kg in der stabilen Transportkiste und erreichen eine Geschwindigkeit von bis zu 25 km/h. Allerdings seien die Hersteller im Bereich der Lastenräder noch nicht auf ein Massenprodukt eingestellt und "das ist eine Herausforderung, weil die Lieferzeiten zu lange sind. Ich sehe das als eine Marktlücke", sagt Putz. So habe GLS derzeit in Deutschland gerade mal zehn Lastenräder im Einsatz, würde jedoch mindestens 50, "aber gerne auch mehr" anschaffen.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass die Betriebskosten über die gesamte Nutzungsdauer deutlich geringer sind als die eines Transporters. Auch der Anschaffungspreis umfasst bloß einen Bruchteil dessen, was ein herkömmliches Lieferfahrzeug kostet. Die Zusteller selbst sehen den Vorteil darin, dass sie sich während ihrer Arbeit bewegen und fit bleiben. Und nicht zuletzt ließen sich auch Berufs- oder Quereinsteiger ohne Fahrerlaubnis einsetzen. "Für uns ist es auch vorstellbar, Flüchtlinge zu beschäftigen, deren Führerscheine beispielsweise hier noch nicht anerkannt sind oder die keinen haben", sagt die GLS-Sprecherin. Es hapere allerdings bislang noch häufig daran, dass die Behörden mit dem Ausstellen der Arbeitserlaubnis nicht nachkommen.

Vorreiter Deutsche Post

  • Die Deutsche Post setzt deutschlandweit bereits 1.000 E-Bikes von Streetscooter ein
  • Insgesamt umfasst die E-Flotte des Konzerns 10.500 Pedelecs (Fahrrad mit elektrischer Unterstützung)
  • Pilotprojekt City-Hub in Frankfurt und Utrecht (Niederlande)
  • Zum Einsatz kommen Lastenfahrräder mit Containerboxen
  • Sie können bis zu 1 m³ Volumen und 125 kg Sendungen befördern
  • Anhänger fungiert als mobiler Hub für zwei sogenannte DHL-Cubicycles


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