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Ladungssicherung Expertise von Dekra ist gefragt

Ladungssicherung, Stapler Foto: Geiger

Ladungssicherung: An den Papierterminals im Lübecker Hafen steht der sichere
Umgang mit den empfindlichen Rollen hoch im Kurs. Damit sich die eingesetzte Technik stets auf dem neuesten Stand befindet, ist die Expertise von Dekra gefragt.

Der Fahrer des niederländischen Papiertransporters blickt leicht verdattert drein, als sein Sattelzug auf dem Betriebshof der Spedition Bode in Reinfeld in der Nähe von Lübeck vorsichtig von einem Mitarbeiter des Unternehmens entladen wird. Dabei scheint auf den ersten Blick alles im Lot: Die rund 2,20 Meter breiten und knapp drei Tonnen schweren Papierrollen stehen auf rutschhemmendem Material und sind durch Zurrgurte kraftschlüssig niedergezurrt. Trotzdem hat diese Sicherung bei einer Verkehrskontrolle in den Augen der Polizei keine Gnade gefunden. Was also ist schief gelaufen? »Knackpunkt sind die falsch verlegten Anti-Rutschmatten. Zudem erreicht der Fahrer mit den eingesetzten Kurzhebelratschen nicht die Vorspannkraft, die nötig wäre, um die Papierrollen gegen Verrutschen zu sichern. Hier sind Langhebelratschen die bessere Wahl«, erklärt der Sachverständige Volker Dührkoop von Dekra Automobil in Lübeck. Der Experte ist gerade dabei, für Bode ein Gutachten über die Ent- und Neubeladung des Niederländers anzufertigen. Für die Reinfelder Spedition stehen derartige Jobs öfter auf dem Programm. Zwei- bis dreimal im Monat kommt die Polizei mit einem Kandidaten auf den Betriebshof, dem normalerweise aufgrund mangelhafter Ladungssicherung die Weiterfahrt untersagt werden müsste. Bode springt dann mit eigenem Personal und Equipment ein, um dem Spediteurskollegen durch eine korrekte Ladungssicherung die Weiterfahrt zu ermöglichen. Ein Bestandteil dieses Services ist in der Regel ein Gutachten über die bei Bode ausgeführten Arbeiten. »Eine ordentliche Ladungssicherung ist immer auch Schadensverhütung«, sagt Seniorchef Eckhard Bode, der den fachgerechten Umgang seines Fahrpersonals mit Anti-Rutschmatten, Zurrgurten, Keilen und Kantenschutz zur Kernkompetenz seines Unternehmens erhoben hat. Eine typische Bode-Erfindung sind die Beauftragten für die Ladungssicherung – dahinter stehen eine Handvoll speziell geschulter Mitarbeiter, die jeden Bode-Lkw vor der Ausfahrt aus dem Betriebshof unter die Lupe nehmen. Darüber hinaus bedient sich Bode im Qualitätsmanagement der tatkräftigen Unterstützung durch den Sachverständigen Dührkoop, der die Weiterbildung der Fahrer nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz und regelmäßige Vor-Ort-Schulungen zur Ladungssicherung übernimmt.

Auch an den Papierterminals im Lübecker Hafen steht die Ladungssicherung hoch im Kurs. »Wir haben ein großes Interesse an einem störungsfreien Transport«, sagt Verkehrsfachwirt Manfred Hinz vom finnischen Papierhersteller M-Real, der am Terminal Schlutup unter anderem die Papiertransporte quer durch Europa koordiniert. Die Verladung an den Terminals erfolgt durch die Lübecker Hafengesellschaft (LHG). »Unsere Staplerfahrer weisen grundsätzlich jeden Lkw-Fahrer nach der Beladung auf seine Pflicht zur Ladungssicherung hin. Die Fahrer müssen beim Verlassen des Terminals unterschreiben, dass die Ladungssicherung korrekt vorgenommen wurde«, berichtet LHG-Mitarbeiter Arne Söhns, der am Schlutupkai den Umschlag verantwortet.
Für die Fahrer bedeutet diese Vorgabe, dass die Ladungssicherung den technischen Regeln der VDI-Richtlinie 2700 (Blatt 9) entsprechen muss. Dabei gilt vor allem eine Grundregel: Zurrgurte und Ratschen müssen hinsichtlich Zugkraft und Vorspannkraft dem Gewicht der Rolle angepasst sein. Bei stehenden Rollen wiederum hängt die Zahl der Gurte auch vom Verhältnis von Höhe und Durchmesser der Rolle ab. Trotzdem kommt es vor, dass ein Fahrer nicht genau weiß, wie ein bestimmter Rollentyp am besten zu sichern ist. Für diesen Fall hat die LHG an allen Eingangstoren zu den Papierlagern große Schaubilder installiert, die rund ein Dutzend unterschiedlicher Kombinationen von stehenden und liegenden Rollen mit der jeweils korrekten Sicherung zeigen. Damit das Niveau der Ladungssicherung an den Terminals hoch bleibt, setzen M-Real und LHG darüber hinaus zur Qualitätssicherung auf das Know-how der Dekra Niederlassung Lübeck. Der Auftrag: die Überprüfung der Ladungssicherungsvorschriften bei der Verladung von Papierrollen und Formatpapieren an den Terminals Nordlandkai und Schlutup.

Mittlerweile stattet Volker Dührkoop zusammen mit drei Kollegen zwei- bis dreimal in der Woche den Terminals einen Besuch ab, um die Beladung der Fahrzeuge zu kontrollieren. Der Dekra-Kittel unter der Warnweste ersetzt dann gewissermaßen den Sheriff-Stern: Korrekt gesicherte Ladungen erhalten Grünes Licht, wird jedoch ein Mangel festgestellt, bleibt die komplette Fuhre stehen. Beurteilt werden neben der Ladungssicherung auch der Zustand des Trailers und die Vollständigkeit der Ausrüstung. »Der Boden sollte besenrein und absolut trocken sein, beschädigte oder nur notdürftig geflickte Planen sind ein K.o.-Kriterium für die weitere Beladung, ebenso eine fehlende Langhebelratsche, beschädigte Gurte, unlesbare Etiketten und falsch verlegte Anit-Rutschmatten«, berichtet Dührkoop, der mit seinem Team im Jahr durchschnittlich 2.500 Lkw an den Terminals unter die Lupe nimmt. Besonderes Augenmerk richtet der Sachverständige auch auf den Zustand der Jolodaschienen – eine herausstehende Schraube am Auflaufkeil kann tiefe Druckstellen am Boden einer Rolle hinterlassen, die eine teure Nachbearbeitung erforderlich machen. Einmal pro Woche schickt Dührkoop einen Bericht über die Kontrollen und festgestellten Mängel an seine Auftraggeber. »Wir geben unseren Transporteuren regelmäßig Feedback über den aktuellen Status ihrer Ladungssicherung«, berichtet Manfred Hinz. Andererseits ist selbst ein hoher Standard in der Ladungssicherung immer nur eine Momentaufnahme, da sich die Parameter für den Transport ständig verändern. »Die Papierindustrie verlangt immer größere und schwerere Rollen, die Lkw warten mit hochwirksamen Bremssystemen und Luftfederungen auf. An der Ladungssicherung muss man jeden Tag dranbleiben«, sagt Arne Söhns. Die LGH gibt daher bei Dührkoop gelegentlich einen Fahrversuch mit einem Papiertransporter in Auftrag, um die Wirkung der eingesetzten Zurrmittel bei hohen dynamischen Beschleunigungen zu überprüfen. Letztlich ist die Ladungssicherung aber trotz umfassender technischer Richtlinien keine exakte Wissenschaft – eine Havarie ist immer möglich. Für Dührkoop ist es daher nur logisch, dass er sich seit Anfang des Jahres auch als Havariekommissar im Lübecker Hafen engagiert. Zusammen mit seinen Kollegen hat er einen Notdienst fürs Havarie- und Riskmanagement eingerichtet, der rund um die Uhr erreichbar ist. Der Service umfasst unter anderem die Bewertung von Havariefällen, problematischer Verpackungen und mangelhafter Ladungssicherung.

Die Firma
Die Spedition Bode baut ihren Kombinierten Verkehr mit der Bahn von Lübeck nach München aus. Ein Schwerpunkt sind dabei die Papiertransporte. Zum Einsatz kommen Auflieger mit einem Ladungssicherungs-Zertifikat nach EN 12642 XL. Die aktuelle Bilanz: Von Januar bis Juni 2010 hat Bode rund 2.910 Trailer über die Schiene geschickt (Vergleichszeitraum 2008/2009: 1.349/2.191 Trailer). Die CO2-Einsparungen beziffert das Unternehmen auf rund 2.960 Tonnen. Bei der Berechnung stützt sich Bode auf das IFEU-Institut, das dem Schienenverkehr im Vergleich zum Straßengüterverkehr beim CO2-Einsparungen von 53 Gramm pro Tonnenkilometer attestiert.

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