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Ladungsklau durch Phantomfrachtführer nimmt zu Verschwundene Lkw-Ladungen sorgen für Ärger

Lkw, Aufsteller, Schein, Pappe Foto: m.mphoto/Fotolia, Montage: Florence Frieser

Wenn ganze Lkw-Ladungen auf mysteriöse Weise verschwinden, steckt nicht selten eine Scheinfirma hinter dem Diebstahl. Das beauftragte Transportunternehmen ist später nicht mehr aufzufinden, der Schaden häufig groß.

Bei den bislang bekannt gewordenen Fällen lag er in der Regel über 50.000 Euro, aber auch ein Verlust von 2,5 Millionen Euro wurde registriert. Seit einem Jahr nimmt die Zahl dieser Phantomfrachtführer merklich zu, unterstreicht die Transportsicherheitsorganisation TAPA. Aber Unternehmen können sich gegen diese Form der Kriminalität wappnen. Die Transportversicherer im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) haben Tipps zur Schadensverhütung ausgearbeitet.

"Niemand würde einem Unbekannten auf der Straße seine Brieftasche anvertrauen", sagt Björn Kupfer, der beim GDV für das Thema Transportsicherheit zuständig ist. Aber genau diese Blauäugigkeit legen manche Unternehmen an den Tag, wenn sie einen Transportauftrag vergeben, denn sie verlassen sich – oftmals auch unter Zeitdruck – auf ungeprüfte  Informationen aus dem Internet. "Dabei ist zur Vorsicht nicht mehr notwendig als die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns", betont der Sicherheits­experte.

Mithilfe von Frachtenbörsen die Identität verschleiern

Frachtenbörsen werden immer stärker genutzt und sind ein schnelles, effektives Medium. Gleichzeitig bieten sie Kriminellen gute Möglichkeiten, ihre Identität zu verschleiern. Hier sind auch Gruppen organisierter Täter unterwegs, die versuchen, möglichst viele Lkw-Ladungen mit einem Phantomfrachtführer in ihren Besitz zu bringen. Es müsse keineswegs bei nur einem Auftrag bleiben, weiß Kupfer. Geschäftskontakte, die sich über das Internet ergeben, müssen deshalb genau überprüft werden, um Vertragsbetrug zu verhindern.

"Vor der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen sollte ein infrage kommendes Unternehmen beispielsweise Referenzen zu bereits durchgeführten Transporten vorlegen", sagt der GDV-Mann. Hilfreich seien auch eine Versicherungsbestätigung, Lizenzen und Genehmigungen sowie die vollständigen Firmendaten inklusive eines Handelsregisterauszugs.

"Als vertrauensbildende Maßnahme kann der Geschäftsführer zum Nachweis seiner Identität auch eine Farbkopie seiner Ausweis­papiere vorlegen", regt Kupfer an. Seien die Dokumente nicht plausibel, sollte der Auftrag nicht vergeben werden.

Sämtliche Papiere auf ihre Echtheit prüfen

Da Kriminelle häufig mit gefälschten Unterlagen operieren, sollten sämtliche Papiere auf ihre Echtheit geprüft werden. "Das sind zum Teil ganz einfache Checks. Beispielsweise, ob die E-Mail-Adresse und die offizielle Homepage sowie die Telefon- und Faxnummer plausibel sind", sagt Kupfer. Versicherern könne die Versicherungsbestätigung vorgelegt werden, mithilfe der Umsatzsteuer-ID könne über das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem der EU die Firmenadresse verifiziert werden. Wirtschaftsauskunfteien stellten zudem fest, ob das fragliche Unter­neh­men solvent sei.

"Wichtig ist auch die Frage, wie lange das Transportunternehmen bereits am Markt ist und ob kürzlich ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat", sagt der Sicherheitsexperte. Denn gängige Praxis ist auch, dass Kriminelle andere Firmen aufkaufen, um sich ihres guten Namens für ihre schmutzigen Geschäfte zu bedienen. Es gibt auch Täter, die eine Beschäftigung bei einem in der Branche bekannten Transportunternehmen vortäuschen. Das bedeutet, dass man auch bei laufenden Geschäftsbeziehungen genau wissen sollte, mit wem man gerade kommuniziert.

Die meisten der rund 500.000 täglichen Onlinefrachtangebote würden korrekt abgewickelt, aber nicht zuletzt der Kostendruck in der Branche schaffe Raum für Unvorsichtigkeit. "Damit die Ware nicht Kriminellen in die Hände fällt, sollten Unterfrachtführer der gleichen Zuverlässigkeitsprüfung unterzogen werden wie die Transportunternehmen", rät er. Wird der Auftrag über eine Frachtenbörse vergeben, sollte Subcontracting grundsätzlich untersagt werden.

Auftraggeber sollte CMR-Frachtbrief erstellen

Der Auftraggeber sollte in jedem Fall einen CMR-Frachtbrief erstellen. Um Fehlverladungen zu vermeiden sollte vor Übergabe des Transportguts eine zuvor vereinbarte Auftragsnummer beim Fahrer erfragt werden. Wenn die Ware innerhalb eines ebenfalls vorab vereinbarten Zeitfensters abgeholt und geliefert wird, müssen die Identität des Fahrers und des Fahrzeugs durch den Transportunternehmer einwandfrei nachgewiesen sein (Avis). Stimmen Fahrzeugtyp und -kennzeichen nicht mit dem Avis überein, sollte gegebenenfalls die Polizei alarmiert werden.

"Es ist auch sofort ein Fall für die Polizei, wenn der Liefertermin ohne nachvollziehbare Erklärung seitens des Transportunternehmers nicht eingehalten wird", unterstreicht Kupfer. Wird die Ablieferstelle im laufenden Prozess durch den Empfänger geändert, sollte sich der Fahrer oder sein Unternehmen beim Auftraggeber rückversichern, damit die Ware nicht in falsche Hände gerät. Gibt es Zweifel an der Seriosität des Empfängers, sollte der Fahrer die ursprüngliche Entladestelle anfahren. Eine weitere Aufgabe des Fahrers sei es, die Identität des Empfängers anhand eines Ausweises zweifelsfrei festzustellen und zu dokumentieren.

Ein wichtiger Rat, der für die gesamte Branche hilfreich wäre: "Jede gestohlene Ladung sollte konsequent angezeigt werden", so Kupfer.  Netzwerke von organi­sierten Banden, die auch den Verkauf der gestohlenen Güter perfekt organisierten, können nur so aufgespürt werden.

Firmendaten checken

Folgende Firmendaten sollten überprüft werden und sich als plausibel erweisen:

  • die Anschrift
  • der Firmensitz
  • Telefon- und Faxnummer
  • die E-Mail-Adresse
  • die offizielle Homepage
  • Gewerbeerlaubnisnummer
  • Handelsregisternummer
  • Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.)
  • die Bankverbindung

Auftraggeber überprüfen

Bei Abholung und Lieferung sollte der Transportunternehmer dem Auftraggeber folgende Daten zur Verfügung stellen:

  • vollständiger Name des Fahrers, Nationalität, Farbkopie der Ausweispapiere des Fahrers,
  • Farbkopie des Führerscheins des Fahrers,
  • Kontaktdaten wie Mobilfunknummer des Fahrers,
  • Kennzeichen, Registerstaat und Typbezeichnungen der Transportmittel, (z. B.: Sattelzugmaschine Typ: MusterSZM 1234, AB-CD 1234, Deutschland / Trailer Typ: MusterTrl 5678, EF-GH 9012, Deutschland),
  • Farbkopie der Fahrzeugpapiere (Fahrzeugidentifikationsnummer).
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