Kühltransporte Klimafreundlich Pause machen

Schmitz Cargobull IAA PK 2008 Altenberge Foto: Thomas Rosenberger

Nomadpower hat sich die Stromversorgung von Kühltransporten auf die Fahne geschrieben.

Die Kühllogistik soll klimafreundlicher werden. Das niederländische Unternehmen Nomadpower will Lkw, die Lebensmittel, Pharma- oder chemische Produkte gekühlt transportieren, auf Rastplätzen zunehmend mit Strom versorgen. Dabei lassen sich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen, sagt Direktor Jos Schreurs. "Es wird deutlich weniger CO2, weniger Feinstaub und Stickstoff freigesetzt, als wenn das Aggregat mit Diesel betrieben wird. Der Strom ist nicht nur billiger, sondern die Fahrer werden auch von einer gehörigen Portion Lärm entlastet."

Mehr als 234.000 Kühlfahrzeuge gibt es in Europa. Der wichtigste Markt für Nomadpower ist der internationale Fernverkehr. Wenn auf langen gekühlten Strecken Ruhezeiten von neun Stunden und mehr anfallen, kann das System sein volles Potenzial entfalten. Die Aggregate werden einfach mit einem fünfpoligen Stecker an die Nomadpower-Station angeschlossen. Etwa 95 Prozent der Kühlauflieger sind bereits mit einem entsprechenden Anschluss ausgestattet, da sie auf Fähren ohnehin elektrisch versorgt werden müssen. Das Kabel, das jetzt noch notwendig ist, kostet etwa 80 Euro.

Europaweit 42 Stromstationen

Das Projekt ist von der EU im Rahmen des TEN-T-Programms zur Verbesserung der Transport­infrastruktur mit fast 1,4 Millionen Euro gefördert worden. Europaweit gibt es inzwischen 42 solcher Stromstationen an Park- und Rastanlagen oder Autohöfen. In den Niederlanden und Großbritannien sind es jeweils sieben, in Italien vier und in Belgien und Spanien jeweils drei. Alle 18 Stationen in Deutschland wurden Ende vergangenen Jahres eingerichtet, hier hat man Autohöfe dafür ausgewählt, weil das Vorhaben Schreurs zufolge mit Privatunternehmen einfacher zu realisieren war. Frankreich hat sich bislang aufgrund von viel Bürokratie und sehr hohen Kosten als schwieriges Terrain erwiesen, aber der Nomadpower-Direktor will nicht klein beigeben.

Die Umweltbilanz ist in jedem Fall positiv. Die Lärmbelastung verringert sich um die Hälfte, was einem erholsamen Schlaf der Fahrer zugutekommen dürfte. Abhängig davon, wie der Strom erzeugt wurde, liegen die CO2-Einsparungen zwischen 32 und 91 Prozent, bei Stickoxiden sind es zwischen 73 und 98 Prozent. Bei Feinstaub liegen die Verringerungen zwischen 85 und 99 Prozent. So stößt ein Dieselaggregat etwa sieben Mal so viel Feinstaub aus wie die Zugmaschine, Standards gibt es hier bislang nicht. Auch wirtschaftlich soll sich das Strommodell rechnen. Pro Kühlauflieger seien jährlich Einsparungen von 180 Euro drin, ergab eine Untersuchung der Unternehmensberatung CE Delft. Das ist allerdings ein Durchschnittswert, der bei Gefriergut nicht mehr zutreffen muss und natürlich vom Strompreis abhängt. "Wir passen unsere Preise so an, dass wir immer etwa zehn bis 20 Prozent billiger sind als der Diesel", betont Schreurs.

Login per App oder Website

Um Nomadpower zu nutzen, muss das Transportunternehmen sich einmalig als Kunde registrieren und kann dann an allen Standorten Strom zapfen. Wenn der Stecker angeschlossen ist, muss sich der Fahrer nur noch auf der Webseite des Unternehmens einloggen oder die entsprechende App verwenden. Der Anschluss kann aber auch per Telefon aktiviert werden, eine aufgeschlüsselte Rechnung wird dann zugesandt. Angeboten wird das System nicht nur in der Nähe von Autobahnen, sondern auch an anderen Standorten, wo Fahrer mit Kühleinheiten längere Zeit warten oder ruhen, wie Distributionszentren oder Kühl- und Gefrierhäuser.

Es dauert ungefähr zwei Jahre, bis ein Standort entwickelt ist, berichtet Schreurs. Er geht aber davon aus, dass sich diese Frist nach und nach verkürzt. Bis 2020 soll ein flächendeckendes Netz mit mehr als 5.000 Standorten in ganz Europa entstanden sein, Voraussetzung ist allerdings, dass es weiterhin finanzielle Unterstützung gibt. Bislang rechnet sich das System noch nicht. "Der Nutzungsgrad ist noch zu gering", sagt der Nomadpower-Direktor. Derzeit seien es zwei bis drei Stunden am Tag pro Station. In die Gewinnzone komme das Unternehmen mit sechs Stunden. Mit zwei oder drei großen Kunden müsste das zu erreichen sein.

Weniger Schadstoffe

Bei 234.000 Kühlfahrzeugen mit 50 bis 100 Millionen Stunden Dieselverbrauch auf Parkplätzen ergibt sich bei Strom- statt Dieselbetrieb folgendes Einsparpotenzial pro Jahr:

  • 130 bis 260 Millionen Liter Diesel und 290 bis 580 Kilotonnen CO2, was den jährlichen Emissionen von 2.700 bis 5.400 neuen Fernverkehrsfahrzeugen entspricht 
  • 2,3 bis 4,7 Kilotonnen weniger NOx-Emissionen, was dem jährlichen Stickoxidausstoß von 5.000 bis 20.000 Euro-5- oder von 35.000 bis 70.000 Euro-6-Lkw entspricht 
  • Die PM10-Emissionen würden um 280 bis 560 Tonnen sinken, das wäre etwa der Feinstaubausstoß von 110.000 bis 220.000 Euro-5- oder von 220.000 bis 440.000 Euro-6-Fahrzeugen

Quelle: CE Delft

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
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12. August 2016
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