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Kombinierter Verkehr Gefahr gebannt

Kombinierter Verkehr, Super, Heavy Foto: Kombiverkehr

Ein Verordnungsentwurf des Umweltministeriums hat die Branche in Aufregung versetzt. Eine Neuregelung beim Umschlag von wassergefährdenden Stoffen könnte immense Investitionen nötig machen. Doch nun zeichnet sich eine für alle akzeptable Lösung ab.

Der Aufschrei wurde offenbar gehört. Es hat den Anschein, als hätten die zuständigen Ministerien den strittigen Verordnungsentwurf zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen überarbeitet. Der ursprüngliche Entwurf hatte nach Angaben von Branchenvertretern vorgesehen, unter anderem alle Terminals des Kombinierten Verkehrs (KV) innerhalb von zehn Jahren mit flüssigkeitsundurchlässigen Flächen auszustatten. Das hätte bei bundesweit rund 150 KV-Terminals einschließlich der Umschlaganlagen in den deutschen See- und Binnenhäfen Umrüstungen mit einem Volumen von rund drei Milliarden Euro erforderlich gemacht, für jedes Terminal durchschnittlich 20 Millionen Euro.

KV-Vertreter befürchten steigende Umschlagkosten

Branchenvertreter pochten daher auf eine Änderung des Entwurfs und die Streichung des Paragrafen, der die besonderen Anforderungen an Umschlaganlagen im intermodalen Verkehr regelt. Außerdem forderten sie, für bestehende Anlagen einen uneingeschränkten Bestandsschutz festzuschreiben. KV-Vertreter befürchten ansonsten erheblich steigende Umschlagkosten, den Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit und besonders einen Rückgang des Beförderungsvolumens gerade beim Gefahrgut.

Dieses sei schließlich auf der Schiene wesentlich besser aufgehoben als auf der Straße, betont Martin Burkhardt, Generaldirektor der Internationalen Vereinigung der Gesellschaften für den Kombinierten Verkehr Schiene-Straße (UIRR), gegenüber trans aktuell. Seinen Angaben zufolge ist der Transport per Bahn etwa 25 Mal sicherer als mit dem Lkw. Ein grundsätzliches Problem des Schienenverkehrs sei aber, dass er besser kontrollierbar sei als die Straße. Häufig werde er deshalb absurderweise ein Opfer derer, die ihn eigentlich unterstützen müssten – wie den Umweltbehörden.

Sollte der Transport gefährlicher Flüssigkeiten im Straßennetz verboten werden?

"Niemand käme auf die Idee, jede Straße mit einer Folie abzudichten", unterstreicht Burkhardt. Er haut dabei in die gleiche Kerbe wie Christoph Seidelmann, der frühere Direktor der Studiengesellschaft für den Kombinierten Verkehr (SGKV). "In letzter Konsequenz müssten die Behörden eigentlich den Transport gefährlicher Flüssigkeiten auch im Straßennetz verbieten, zumindest solange nicht alle Autobahnparkplätze ähnlich umgerüstet sind, wie man das für intermodale Terminals plant", schrieb Seidelmann kürzlich in einem Kommentar.

Nach Informationen aus dem Bundesumweltministerium, dem Bundesverkehrs- und dem Bundeswirtschaftsministerium dauern die Gespräche über den Verordnungsentwurf noch an. Das Papier soll aber noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Was die Kosten für eventuelle Umrüstungen von Terminals angeht, heißt es aus dem Verkehrsministerium, sie könnten nicht pauschal beziffert werden, da sie abhängig von den jeweiligen Größen und Umständen der einzelnen Terminals seien.

Der intermodale Verkehr darf in seinem Bestand nicht gefährdet werden 

Die Schätzungen der Branche würden gleichwohl in den Abstimmungsgesprächen der verschiedenen Ressorts zu dem Verordnungsentwurf berücksichtigt. Das Verkehrsministerium setze sich für eine Lösung ein, die einen wirksamen Gewässerschutz gewährleistet und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit des intermodalen Verkehrs nicht beeinträchtigt. Eine Schließung von Terminals sei mit diesem Ziel nicht vereinbar. "Der intermodale Verkehr darf nicht durch unangemessene Anforderungen an die entsprechenden Anlagen in seinem Bestand gefährdet werden", hieß es.

Diese Einschätzung scheint sich in Berlin inzwischen durchgesetzt zu haben. Dabei mag auch die geringe Anzahl von Unfällen in Umschlaganlagen eine Rolle gespielt haben. Aus gut informierten Kreisen verlautete jedenfalls, dass die neue Verordnung "für Umschlaganlagen keine materiellen Verschärfungen" mehr vorsieht. Offenbar hat sich das Verkehrsressort mit seinen Argumenten nicht zuletzt zugunsten des Umweltschutzes bei der Beförderung auf der Strecke durchgesetzt.

Gefahr beim Umschlag geringer als auf der Strasse

Im Jahr 2011 gab es 2.253 Unfälle, bei denen rund 7,5 Millionen Liter wassergefährdender Stoffe freigesetzt wurden. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes handelte es sich dabei überwiegend um Jauche, Gülle und Silage-Sickersäfte. 1.460 Unfälle ereigneten sich bei der Beförderung wassergefährdender Stoffe, und zwar überwiegend beim Straßentransport (1.351 Unfälle). Hierbei wurden rund 500.000 Liter – meist Mineralölprodukte – freigesetzt. Die relativ geringe Menge von durchschnittlich 390 Litern pro Unfall rührt daher, dass häufig die mit Diesel gefüllten Betriebsstofftanks von Lkw beschädigt wurden. 793 Unfälle wurden 2011 in Anlagen von Unternehmen und privaten Haushalten gezählt. Von den dort freigesetzten fünf Millionen Liter wassergefährdenden Stoffen waren 72 Prozent wiederum Jauche, Gülle oder Silage-Sickersäfte. In Umschlaganlagen gab es 2011 lediglich 40 Unfälle. 2010 passierten nur 27 von insgesamt 
837 Unfällen in Umschlaganlagen.

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