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Klage gegen Mauterhöhung abgewiesen Einspruch zwecklos

Maut Foto: Thomas Küppers

Das Verwaltungsgericht Köln hat die vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) unterstützte Klage gegen die Mauterhöhung 2009 abgewiesen. Der BGL prüft weitere Rechtsmittel.

Die im Bundesfernstraßen-Mautgesetz festgesetzten Mautsätze verstoßen nicht gegen die Vorgaben der europäischen Wegekostenrichtlinien. In der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts Köln heißt es dazu, dem Gesetzgeber stehe ein weiter Gestaltungsspielraum bezüglich der gewählten Kalkulationsmethode zu. Eine konkrete Berechnung der Mautsätze werde von der EU nicht vorgegeben. Auch ein Verstoß gegen das Grundgesetz könne dem Gesetzgeber nicht vorgeworfen werden. Die Mautsätze seien nicht willkürlich festgesetzt, sondern "transparent und nachvollziehbar" berechnet worden. Schließlich konnte das Gericht "auch keine anderen Kalkulations- und Methodenfehler" feststellen. Das bedeutet: Die Klägerinnen und Kläger seien verpflichtet, die Mautgebühren seit dem 1. Januar 2009 zu zahlen.

Ergänzend erklärt Thomas Krämer, Vorsitzender Richter am Kölner Verwaltungsgericht, gegenüber trans aktuell, im anhängigen Fall komme ausnahmsweise eine "echte Rückwirkung" zum Tragen. Die alte Mauthöhe-Verordnung und damit das alte Recht seien durch das neue Bundesfernstraßen-Mautgesetz abgelöst worden. "Und damit", so Krämer, "sind alle alten Probleme vom Tisch".

Das Gericht habe sich sehr weit vorgewagt

Das sieht der BGL vollkommen anders, wie das geschäftsführende Präsidialmitglied Prof. Dr. Karlheinz Schmidt gegenüber trans aktuell unterstreicht. Das Gericht habe sich "sehr weit vorgewagt und die EU- Wegekostenrichtlinie sehr weit ausgelegt". Der BGL sei nach wie vor der Auffassung, dass das Ziel der EU-Richtlinie, also eine Harmonisierung der Wegekostenanlastung, nur erreicht werden könne, wenn deren Geist und Inhalt befolgt würden.

"Dies ist ganz offenkundig bei der deutschen Wegekostenberechnung nicht der Fall", sagt Schmidt. Das Urteil könne daher nicht zufriedenstellen. Denn das Gericht habe lediglich geprüft, ob das Diskriminierungsverbot gegenüber ausländischen Transporteuren beachtet und ob bei der Festlegung der Wegekosten die Willkürgrenze überschritten worden sei. Beides sei vom Gericht verneint worden.

Sehr nachdenklich stimme schließlich der Standpunkt des Gerichts, das Berechnungsverfahren sei alleine deshalb nicht zu beanstanden, weil es gutachterlich unterlegt sei. "Das Gutachten selbst wurde also überhaupt nicht infrage gestellt", sagt Prof. Schmidt verwundert. Nach einer ersten Wertung des Urteils sei es deshalb unverzichtbar, die wichtige Frage der Kostenberechnung für das deutsche Transportlogistikgewerbe national wie auch international klären zu lassen. "Ansonsten zahlen wir uns die Finger wund", fürchtet Schmidt.

Berufung einlegen

Auch vor dem Hintergrund dieser Aussagen darf man wohl davon ausgehen, dass Berufung eingelegt werden wird. Vorab freilich müssen die BGL-Gremien die Urteilsbegründung zunächst gründlich analysieren. Danach dürfte das Thema auf der bevorstehenden Mitgliederversammlung am 23. Oktober in Leipzig eine Rolle spielen. Denn kommt es zur Revision, muss ein aufwendiger und auch kostenintensiver Weg beschritten werden.

Letzte Stufe Europäischer Gerichtshof

Und der kann, je nach Rechtsprechung, lang werden: zunächst Oberverwaltungsgericht Münster, dann womöglich Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig und unter Umständen Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht Karlsruhe. Nicht auszuschließen, dass das Verfahren wegen Verstoßes gegen EU-Recht sogar vor dem Europäischen Gerichtshof landet. Die beiden letzten Schritte könnten aber, wie Richter Krämer bestätigt, parallel laufen.

Die Stellungnahmen aus Verkehrspolitik und Verkehrswirtschaft zu dem Kölner Urteil fallen eher schmal aus. Das Bundesverkehrsministerium erklärte auf Anfrage lediglich, es halte die Mautsätze und das zugrunde liegende Wegekostengutachten 2007 für europarechtskonform. "Das hat das Verwaltungsgericht Köln bestätigt."

DSLV verfolgt das Verfahren mit Interesse

Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) verfolgt das Verfahren "mit Interesse". Es liefere einen wertvollen Beitrag, den rechtlichen Rahmen zur Kalkulation der Mautsätze zu klären. "Allerdings hilft der Prozess wenig bei dem Hauptproblem, eine ausreichende Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur sicherzustellen", sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Hubert Valder.

Kläger in dem Fall waren drei Transportunternehmen, die vom BGL unterstützt wurden. Daneben hätten "wenige weitere Betriebe" geklagt, bestätigt das Gericht. Ausgangspunkt der BGL-Musterklagen war die Mauterhöhung um rund 50 Prozent im Jahr 2009, die unter dem damaligen Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) viel Wirbel ausgelöst hatte.
Der BGL hatte die Mautsätze überprüft und unter anderem festgestellt, dass ein großer Teil der Bundesfernstraßen auf Land errichtet wurde, das in früheren Jahrhunderten erworben oder auch entschädigungslos an den Staat gefallen ist. Trotzdem seien sie zu Rohbaulandkosten des Jahres 1999 in die Wegerechnung eingegangen. Außerdem seien alle Bundesfernstraßen von den Gutachtern der Bundesregierung nach dem Tagesgebrauchtwerteprinzip bewertet worden, also nach dem neuesten Stand der Technik und dem modernsten Ausbauzustand, obwohl das Straßennetz zum Teil marode sei. In beiden Fällen werden nach BGL-Ansicht fiktive Kosten in Ansatz gebracht, die nie zu Ausgaben führten. Die so verrechneten Wegekosten seien überhöht, sie entsprächen nicht dem europäischen Wegekostenbegriff.

Was sind Wegekosten?

Das Gleiche gelte für die verrechneten Zinskosten. Statt die Frage "Was sind Wegekosten?" dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen, habe das Kölner Gericht "in eigenständiger Auslegung" den in  Deutschland verwandten Kostenbegriff unter Einschluss fiktiver Kosten für zulässig erklärt, kritisiert der BGL.
Wie das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) bestätigt, sind dort im Laufe der Jahre einige Tausend Einsprüche gegen Mautbescheide eingegangen. Der BGL-Vorstand hatte im März 2009 seine Mitglieder aufgefordert, die Maut seit Beginn des Jahres "zur Wahrung ihrer Rechte nur unter Vorbehalt zu bezahlen".

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