Iveco Stralis AS 440 S 46 Auf der Eco-Welle

Iveco Stralis AS440S46 Foto: Jacek Bilski 18 Bilder

Auf Öko folgt Eco. So jedenfalls stellt sich die momentane Situation beim Lkw dar. Exakt 20 Jahre haben sich die Lkw-Hersteller intensiv mit den Abgasen ihrer Motoren beschäftigt – angefangen von Euro 1 in den frühen 90er-Jahren bis zur Euro-6-Regelung, die im Januar 2013 für neue Baureihen respektive Januar 2014 für alle Neuzulassungen greift.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Stickoxide und Partikel im Abgas der Motoren gibt es quasi nicht mehr.

So weit das Thema Schadstoffe, das mit Euro 6 
sicher abgehakt werden kann. Euro 7 wird es voraussichtlich nicht geben. Vor der Tür aber steht so etwas wie Eco 1 – nämlich eine gesetzlich verordnete Verbrauchsreduzierung der Motoren. Denn so erfreulich die erreichten niedrigen Abgaswerte auch sind – auf der Strecke geblieben ist in den vergangenen 20 Jahren eine spürbare Verbesserung der Verbräuche. Für Lkw-Käufer stellt sich die Situation mittlerweile recht unbefriedigend dar: deutlich höhere Preise (Aufschläge von mehr als 10.000 Euro für Euro 6) für die aufwendige Abgasreinigung bei deutlich höheren Betriebskosten, da es für den Dieselpreis nur eine Richtung gibt, nämlich nach oben.

Das Eco-Paket von Iveco besteht aus verschiedenen Fahrzeugoptimierungen

Diese Situation kennen selbstverständlich auch die Lkw-Hersteller und offerieren seit ein oder zwei Jahren sogenannte Eco-Varianten ihrer Fahrzeuge. "Ecolution" heißt das bei Scania, "Optifuel" bei Renault, "Efficient Line" bei MAN oder "Eco" bei Iveco. Dahinter verbergen sich zu Paketen zusammengefasste Detaillösungen zur Verbrauchssenkung, die in aller Regel für jene Lkw angeboten werden, die hohe Jahreslaufleistungen erreichen. Bei Iveco heißt jener Lkw Stralis und in Kombination mit dem Eco-Paket eben Eco-Stralis. Zu bekommen ist er als Sattelzugmaschine mit den Fahrerhausvarianten AT (lang und schmal) und AS (lang und breit) sowie mit 420, 460 oder 500 PS.

Wie bei anderen Herstellern besteht das Eco-Paket von Iveco aus verschiedenen Fahrzeugoptimierungen und zusätzlichen Bausteinen wie Fahrerschulung oder einem Flottenüberwachungssystem. Bei der Fahrzeugoptimierung kommt alles zum Einsatz, was weniger Verbrauch verspricht. Also die üblichen Spoiler, ein Reifendruck-Überwachungssystem, rollwiderstandsarme Reifen, eine Flottenausführung der beim Stralis serienmäßigen Getriebeautomatik Eurotronic, eine Begrenzung auf 85 km/h und natürlich lange Achsübersetzungen im Bereich von 3,08 bis 2,64 zu 1. "Die längste Achse (2,64)", so Iveco, "spart auf flachen Strecken zwei Prozent gegenüber der kürzesten (3,08)." Das komplette Paket steht mit knapp 12.000 Euro gegenüber einem ansonsten gleichen 45er-Stralis in der Preisliste, netto dürften es rund 8.000 Euro sein. Im Paket enthalten ist auch das Upgrade auf EEV, was aber mehr auf Öko als auf Eco zielt. Alles in allem, so hat es sich Iveco vom TÜV bestätigen lassen, addieren sich die Maßnahmen auf eine Einsparung von exakt 7,32 Prozent.

Fast alle großen Lkw sind schon längst mit Spoilern

Bei solchen Versprechungen stellt sich wie immer die Frage, was und wie denn da verglichen wurde. Fest steht natürlich, dass lange Achsen, eine optimierte Getriebesteuerung, sparsame Reifen, diverse Spoiler und – erst recht – 
85 statt 90 km/h ordentlich Kraftstoff sparen. Sogar mehr als jene 7,32 Prozent, die der TÜV attestiert. Aber: Fast alle großen Lkw sind schon längst mit Spoilern, teilweise auch 
mit Seitenverkleidungen ausgerüstet. Reifen mit geringem Rollwiderstand sind gerade im schnellen Fernverkehr weit verbreitet, lange Achsen haben sich auf breiter Front durchgesetzt. Wer seine Fernverkehrszüge also schon bisher in dieser Weise optimiert hat, wird nach dem Kauf des Eco-Pakets vermutlich enttäuscht sein.

Außer Frage steht aber, dass ein solches Paket Verbesserungen bringen kann. Nämlich mit Hilfe des integrierten Fahrertrainings und des Flottenmanagements. In einem Test, wie ihn lastauto omnibus durchführt, kann sich die erwartete Einsparung freilich kaum einstellen. Denn die Test-Zugmaschinen entsprechen einer von der Redaktion vorgegebenen Spezifikation (mit Spoilern, Seitenverkleidungen und identischer Bereifung). Das Tempo beim Test ist schon immer auf 85 km/h limitiert und der Testfahrer kennt die Strecke 
wie seine Westentasche, die Fahrweise entspricht der eines gut geschulten Fahrers. Fest steht aber auch, dass es ein Eco-Stralis dem ungeübten Fahrer leicht macht, gute Verbräuche einzufahren.

Eine lange Achsesorgt dabei für extrem niedrige Motordrehzahlen

Als Verbrauch auf der überwiegend bergigen Teststrecke stellte sich also praktisch ohne Zutun des Fahrers ein guter Mittelwert von 35,7 Litern pro 100 km ein. Die lange Achse (2,64 zu 1) sorgt dabei für extrem niedrige Motordrehzahlen (1.215/min bei 85 km/h), die Getriebeautomatik schaltet behutsam abwärts – zumeist erstmals bei 1.100 bis 1.150/min. Hat der Fahrzeugrechner den Grad der Steigung zuverlässig erkannt, folgt die zweite Schaltung bei 1.250 bis 1.300/min etwas früher, aber immer noch so spät, dass selten mehr als 1.500 oder 1.600/min anliegen.

Die Kehrseite dieses Tuns ist die relativ geringe Transportgeschwindigkeit (82,5 km/h) des 460 PS starken Iveco, die dem üblichen Tempo eines 40-Tonners mit 420 PS entspricht. Hauptsächlich verantwortlich dafür zeichnet die lange Übersetzung und der damit verbundene Tempoverlust zu Beginn einer jeden Steigung. Erst deutlich unter 80 km/h folgt die erste Schaltung, die Zugkraftunterbrechung lässt das Tempo auf 75 km/h fallen. Die lang übersetzte Achse verursacht dabei häufiges Gangpendeln: Der höhere Gang reicht nicht für die Steigung, im niedrigeren Gang arbeitet sich der Motor bis zur Nenndrehzahl empor, um dann hoch und kurze Zeit später wieder runterzuschalten. Die Zahl der steigungsbedingten Schaltungen (und damit Zugkraftunterbrechungen) ist ohnehin hoch, sie übersteigt das in dieser Leistungsklasse übliche Maß um 20 bis 30 Prozent. Und noch etwas drückt aufs Reisetempo – jetzt in der Ebene: Jene 
85 km/h auf dem Tacho, bei dem der Eco-Stralis Schluss macht, entsprechen nur 84,5 km/h. Liegt ein Tacho – wie beim Test-Stralis – etwas daneben, dann wird auf der Teststrecke eben mit 85,5 km/h (Tacho) gefahren, um mit echten 85,0 km/h über die Piste zu rollen. Das allerdings verbietet beim Eco-Stralis die konsequente Begrenzung, die für einen guten Fahrer unter dem Strich eher hinderlich als nützlich ist. Ebenso hinderlich ist die feste Spanne für die Bremsgeschwindigkeit, die immer exakt drei km/h über dem Tempomatwert liegt.

Mit Euro 6 wächst der Hubraum auf 11,1 Liter

Der gegenüber dem Stralis 440S45 auf 460 PS verstärkte Cursor-10-Motor hat in Europa allerdings bald ausgedient. Mit Euro 6 wächst der Hubraum auf 11,1 Liter, das Drehmoment des 460ers steigt um 50 Nm auf 2.150 Nm. Es bleibt aber 
bei der bewährten Konstruktion mit einteiligem Zylinderkopf, oben liegender Nockenwelle und variablem Turbolader. Die Laufkultur des (noch) 10,3 Liter großen Sechszylinders ist 
hoch, er spricht spontan auf Gaspedalbewegungen an und trägt mit seinem geringen Gewicht (932 Kilogramm trocken) zur hohen Nutzlast des Eco-Stralis bei. Die Motorbremsleistung erreicht 282 kW, stellt sich aber erst bei enormen 2.600/min in voller Höhe ein. Das sorgt, genau wie die 
etwas sparsame Dämmung der Kabine, für hohe Innengeräusche, die zwei bis drei dB(A) über den Bestwerten 
der Wettbewerber liegen.

Sportlich straff, aber dennoch komfortabel genug zeigen sich Fahrwerkabstimmung und Fahrerhauslagerung. Die Seitenneigung der Hochdachkabine hält sich in engen Grenzen, die Lenkung arbeitet exakt, mit gutem Kontakt zur Straße und null Spiel bei Geradeausfahrt. Das ist für den Stralis genau so typisch wie die zweite Bodenplatte über dem Fahrerhausboden. Sie erstreckt sich über die komplette Bodenfläche – nur vor den Sitzen gibt es Aussparungen. Das Raumangebot ist in Ordnung, insgesamt vier Außenstauräume (zwei davon im Zwischenboden) sind möglich (Aufpreis 680 Euro). Für die Liegen bietet Iveco mehrere Möglichkeiten (Standard oder mit Sitzecke).

Zu den positiven Seiten der Stralis-Baureihen zählen die hohen Nutzlasten, die langen Wartungsintervalle (150.000 km), die kultivierten und sparsamen Motoren und die unproblematischen Fahreigenschaften. Die Kehrseite: eine etwas unübersichtliche Bedienung, relativ hohe Innnengeräusche, knappe Verstellwege der luftgefederten Hinterachse und – 
als Eco-Stralis – ein Triebstrang, der zu kompromisslos auf Sparsamkeit getrimmt ist.

Fazit

Wer schon bisher in Fahrerschulung und verbrauchsoptimierte Technik investiert hat, der braucht keinen Eco-Lkw. Wer weder das eine noch das andere getan hat, der ist mit einem Eco-Lkw ganz gut beraten.

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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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