Infrastruktur-Report Baltikum BVL beleuchtet Estland, Lettland und Litauen

Ausland Foto: Hanno Boblenz

Nach dem Niedergang der Sowjetunion haben sich die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen stark weiterentwickelt. Das betrifft besonders die Bereiche Wirtschaft und Infrastruktur.

Die Bundesvereinigung Logistik (BVL) hat die drei Staaten unter diesem Gesichtspunkt untersucht. So sei zu bemerken, dass sich das Baltikum auch dank umfangreicher Infrastrukturprogramme geographisch umorientiere. Der Blick gehe dabei auch nach Deutschland, welches eine immer wichtigere Rolle spiele.

Bereits lange vor der Sowjetzeit bildeten die baltischen Staaten eine zentrale Logistik-Drehscheibe an der Ostsee und waren ein wichtiger Knotenpunkt zwischen Ost- und Westeuropa sowie zwischen Mitteleuropa und Skandinavien. Nach der starken Orientierung gen Osten haben Estland, Lettland und Litauen laut BVL mit strengen Reformen und umfangreichen Investitionen den Anschluss an den Westen geschafft.

Logistik genießt hohen Stellenwert

Nach wie vor hat der Logistiksektor einen großen Anteil an der Wertschöpfung der Staaten. So lag der Anteil im Jahr 2014 jeweils bei acht Prozent in Estland, zehn Prozent in Lettland und 13 Prozent in Litauen (für Litauen Jahr 2013). Im Vergleich dazu lag der Anteil der Branche demnach EU-weit 2011 nur bei 4,8 Prozent. Ein zusätzlicher Katalysator für den Aufschwung des Baltikums ist laut BVL der EU-Beitritt 2004, was an zahlreichen Infrastrukturprojekten abzulesen sei. Eines der wichtigsten Projekte, die Rail Baltica, umfasse ein Investitionsvolumen von 5,2 Milliarden Euro, welches zu einem großen Teil von der EU mitfinanziert werde.

Ziel der Rail Baltica sei, wichtige Metropolen wir Helsinki, Riga, Kaunas, Warschau und Berlin auf der Schiene zu verbinden, was einen schnelleren und kostengünstigere Gütertransport ermögliche. Dazu sei auf der Strecke allerdings eine Umstellung von der russischen auf die mitteleuropäische Schienenbreite nötig. Als weiteres Großprojekt führt die BVL die Via Baltica (Europastraße 67) an. Sie verknüpfe die Logistikzentren der drei baltischen Länder und sei gleichzeitig die wichtigste Verbindung auf der Nord-Süd-Achse von Warschau, Kaunas, Riga, Pärnu und Tallinn bis Helsinki. Allerdings bestehe die Via aktuell zum Teil noch aus Landstraßen. In den nächsten Jahren wolle man jedoch aufholen und die Straße zu einer mehrspurigen Autobahn ausbauen.

Estland, Lettland und Litauen für sich

Die Bundesvereinigung gibt auch eine einzelne Einschätzung der drei Staaten. Estland ist laut BVL auf dem Land-, Luft- und Wasserweg in alle Richtungen gut angeschlossen. Die größten Hafenregionen sind demnach Tallinn, Sillamäe und Pärnu. Beim Güterumschlag entfalle auf den Hafen Tallinn der Löwenanteil. 2014 wurde dort mit 28,3 Millionen Tonnen mehr als die Hälfte der Güter des ganzen Landes umgeschlagen. Von Tallinn verlaufen demnach alle wichtigen Lebensadern des Warentransports, vorrangig nach Finnland, Schweden und Russland.

Lettland wiederum verfüge insgesamt über zehn Ostseehäfen. Davon sind allerdings die drei Häfen Riga, Liepaja und Ventspils für 90 Prozent des Umschlags verantwortlich. Von den Häfen aus werden die Güter in Lettland laut BVL hauptsächlich per Bahn weitertransportiert. Zwar sei das Schienennetz bereits gut ausgebaut. Dennoch investiere man in den kommenden Jahren 550 Millionen Euro, um bis 2021 die Bahnlinien zu elektrifizieren. Anders sehe es aber bei den Straßen aus. Hier bestehe großer Handlungsbedarf und Lettland könne in punkto Vernetzung und Zustand nicht mit den baltischen Nachbarn mithalten.

Die stärkste Wirtschaftsleistung des Baltikums weise Litauen auf. (36,3 Milliarden Euro 2014). Als südlichstes Land sei es zudem strukturell kontinentaleuropäischer ausgerichtet als die anderen beiden. Straßen- und Schienennetz sind auf hohem Niveau ausgebaut, so die Bundesvereinigung. Litauen hat zwei bedeutende Wirtschaftszentren. Während die Hauptstadt Vilnius als Industriezentrum gelte, sei die besser angebundene Stadt Kaunas die Logistikhauptstadt des Landes. Ebenfalls große Bedeutung habe Klaipeda als größte Hafenstadt Litauens. Sie verbinde die wichtigsten Schiff-, Bahn-, und Straßenrouten von Ost nach West. Die Europastraße 85 verlaufe beispielsweise über Klaipeda, Kaunas und Vilnius nach Weißrussland, die Ukraine, Rumänien und Bulgarien.

Deutsch-baltische Beziehung wird immer wichtiger

Dr. Lars Gutheil, stellvertretender Geschäftsführer der Deutsch-Baltischen Handelskammer schätze zwar, dass das Baltikum als Handelspartner für Deutschland aktuell eine noch geringe Rolle spiele, aber immer wichtiger werde. 2014 exportierte Deutschland demnach Waren im Wert von 5,8 Milliarden Euro ins Baltikum (Autos, Maschinen, chemische Erzeugnisse). In die Gegenrichtung flossen jedoch nur 2,7 Milliarden Euro (Holz-, Korb- und Flechtwaren, Möbel, Mineralölerzeugnisse, Nahrungs- und Futtermittel). Allerdings befänden sich die jeweiligen Umfänge in den letzten Jahren in stetigem Wachstum. "Im Grunde befindet sich das Baltikum im Moment in einer Umbruchphase, in der der Blick von Russland weg und mehr nach Westen gerichtet wird", sagt Gutheil. "Insofern erwartet die Deutsch-Baltische Handelskammer, das alle drei Länder als Handelspartner für Deutschland erheblich an Bedeutung gewinnen werden." 

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