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Hellmann "Doppel-Whopper ist meist zu viel"

Der Logistiker Hellmann, MAN Foto: © Hellmann

Der Logistiker Hellmann baut sowohl auf Gas- als auch auf Lang-Lkw. Eine Kombination von beiden streben Klaus Hellmann, Geschäftsführender Gesellschafter, und der Generalbevollmächtigte Karl Engelhard aber nicht an.

Der Logistikdienstleister Hellmann will als erster Flottenbetreiber in Deutschland breite Erfahrungen mit dem Flüssiggas LNG sammeln. Fünf Lkw sind bestellt, die Genehmigung für eine Tankstelle am Stammsitz Osnabrück liegt vor. Beim Testen von alternativen Kraftstoffen sei das Unternehmen schon immer sehr innovativ gewesen, sagen der Geschäftsführende Gesellschafter Klaus Hellmann und der Generalbevollmächtigte Karl Engelhard im Gespräch mit trans aktuell-Redakteur Matthias Rathmann.

trans aktuell: Herr Hellmann, ist die Nachhaltigkeit auch für Ihr Unternehmen gerade das Megathema?

Hellmann: Die Nachhaltigkeit fußt auf drei Bereichen – Ökonomie, Ökologie und Soziales. Mit diesen Bereichen haben wir uns schon immer auseinandergesetzt. Was die ökologische Komponente angeht: Wir werden noch dieses Jahr in allen Logistikimmobilien die bestehende Beleuchtung durch LED-Lampen ersetzen. Die Folge ist ein deutlich verringerter Verbrauch. Wir sind ferner in der Umsetzung eines Projektes in Zusammenhang mit gasbetriebenen Fahrzeugen.

Das heißt konkret?

Hellmann: Dass wir im Lauf des Jahres fünf Fahrzeuge in Betrieb nehmen werden, die mit dem flüssigen Erdgas LNG angetrieben werden. Die Lkw sind bereits bestellt. Sie haben keine Nutzlast-Einschränkungen und Reichweiten bis zu 1.000 Kilometern, was den Praxiseinsatz erleichtert. Wir haben vor einem Jahr mit zwei Zugmaschinen von Iveco und Scania vierwöchige Tests gefahren, die uns überzeugt haben.

Wie lösen Sie das Infrastruktur-Problem? Es gibt für LNG keine Tankstellen.

Hellmann: Wir haben die Genehmigung, auf unserem Betriebsgelände in Osnabrück eine solche Tankstelle errichten zu dürfen. Diese Tankstelle wird uns als Anlaufstelle für Verkehre in Norddeutschland erst einmal genügen. Hellmann ist das einzige Unternehmen in Deutschland, das einen Teil seiner Flotte nun mit LNG betankt. Beim Testen von alternativen Kraftstoffen war das Unternehmen Hellmann schon immer sehr innovativ: Wir haben bereits Anfang der 90er-Jahre Erfahrungen mit Gas-Lkw gesammelt, aber auch mit aus Schweden importiertem Dieselkraftstoff aus Biomasse. Leider gibt es diesen Kraftstoff nicht mehr zu kaufen.

Die maximale Einsparung hätten Sie, wenn Sie das gasbetriebene Fahrzeug als Lang-Lkw auf die Straße bringen würden. Ist das geplant?

Hellmann: Ein Doppel-Whopper ist meist zu viel des Guten. Ich glaube, man sollte Versuche mit beiden Fahrzeuggattungen fahren – aber diese tunlichst voneinander trennen.

Dann bleiben wir beim konventionellen Lang-Lkw. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Engelhard: Wir haben bei der Verbrauchseinsparung und der CO2-Vermeidung mit unseren Lang-Lkw bislang wirklich gute Werte erzielt und die Zahl der Fahrten stark reduziert. Ich glaube, man könnte mit diesem Fahrzeugkonzept in viel stärkerem Maße noch sowohl die Umwelt als auch die Straße entlasten. Die Fahrer sind von dem Lang-Lkw angetan, die darin verbaute Technik ist richtungsweisend. Trotzdem wird das Langfahrzeug mit fadenscheinigen Argumenten verteufelt. Das Ergebnis ist ein Flickenteppich in Deutschland, der den Einsatz stark erschwert. Hier bräuchte man dringend mal eine einheitliche Gangart.

Wo setzen Sie das Fahrzeug inzwischen überall ein?

Engelhard: Wir setzen den Lang-Lkw erfolgreich im Nahverkehr ein und haben die Zahl der täglichen Fahrten zwischen Osnabrück und Bramsche um ein Drittel von 15 auf 10 reduziert. Hinzu kommen seit diesem Monat auch Fernverkehrsfahrten von Lehrte nach Bergkirchen bei Dachau beziehungsweise von Lehrte nach Dingolfing und jeweils zurück.

Werden Sie wie andere Logistiker auch Ihre CO2-Emissionen erfassen und ausweisen?

Hellmann: Wir sind dabei und verfolgen hier sicherlich einen ähnlichen Ansatz wie andere Logistikdienstleister. Trotzdem mache ich hinter die Aussagekraft dieser Zahlen ein großes Fragezeichen. Wir wissen auch so, dass wir Geld sparen, wenn wir LED einsetzen und etwas Gutes für die Ökobilanz tun.

Weshalb das Fragezeichen?

Engelhard: Weil man die Emissionen nicht sauber einer Sendung zuordnen kann. Ein Beispiel: Der Lkw fährt ab und hat 15 Zustellungen zu machen. Danach ist er leer und lädt bei einem einzelnen Kunden, was den Lkw aber nicht auslastet. Das alles wird nun mit einem riesigen Daumen egalisiert und ausgewiesen. Wir machen uns etwas vor, wenn wir annehmen, dass dabei saubere Werte herauskommen.
Hellmann: Hat man diese Hürde genommen, müssen auch die stationären Anlagen und die Geräte darin erfasst werden – sprich die Stapler. Auch müsste man beantworten, wie die Mitarbeiter zum Unternehmen kommen und auch diese Emissionen einbeziehen. Das ist ein sehr komplexes Unterfangen. Wir stellen uns aber der Herausforderung.

Zu den Personen

Klaus Hellmann ist seit 37 Jahren Geschäftsführender Gesellschafter bei Hellmann Worldwide Logistics mit Zentrale in Osnabrück. Hellmann absolvierte bei der Firma Helmut Delhey in Köln eine Ausbildung zum Speditionskaufmann und kam danach ins elterliche Unternehmen. Er studierte BWL in Hamburg sowie an der Deutschen Außenhandels- und Verkehrsschule in Bremen. Der 64-Jährige ist verheiratet und hat drei Kinder.

Karl Engelhard ist seit dem Jahr 1995 als Generalbevollmächtigter bei Hellmann und trägt als Mitglied des weltweiten Main Boards die Verantwortung für Verkauf und Marketing. Engelhard machte eine Ausbildung zum Textil-Einzelhandelskaufmann und war nach einigen Zwischenstationen vor seinem Eintritt bei Hellmann Geschäftsführer beim Bremer Kaffeespezialisten Gebr. Westhoff. Engelhard, Jahrgang 1943, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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