Gotthard-Basistunnel Angst vorm teuren Tunnel

Gotthard-Basistunnel Foto: Hupac

In einem Jahr wird der Gotthard-Basistunnel eröffnet. In die Vorfreude mischt sich die Sorge, dass ein neues Trassenpreissystem seine Nutzung unwirtschaftlich macht. Die Folge wären Ausweichverkehre über den Brenner.

Im kommenden Jahr soll das Jahrhundertbauwerk, der Basistunnel durch den Gotthard, eingeweiht werden. Er soll zur Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene beitragen und dadurch die sensible Alpenregion entlasten, nicht zuletzt soll der Kombinierte Verkehr (KV) ­attraktiver und günstiger werden. Doch das Gegenteil könnte der Fall sein, wenn eine Vorlage des Schweizer Bundesamts für Verkehr (BAV) umgesetzt wird.

Unternehmen könnten den Gotthard umfahren

Die Gesellschaft für den Kombinierten Verkehr Schiene-Straße (UIRR) und der Schweizer KV-Betreiber Hupac haben Alarm geschlagen. Die vorgesehenen Trassenpreise könnten dazu führen, dass die Unternehmen den Gotthard umfahren und dabei Umwege von 150 Kilometern über den Brenner in Kauf nehmen, argumentieren sie. Untermauert wird dies von einer Studie des Wiesbadener Beratungsunternehmens Transcare.

Eröffnung am 1. Juni 2016

Am 1. Juni 2016 wird der mit 57 Kilometern längste Tunnel der Welt mit einem Staatsakt eröffnet. Nach einem mehrmonatigen Probebetrieb wird die schweizerische Bahn SBB den Gotthard-Basistunnel am 11. Dezember 2016 fahrplanmäßig in Betrieb nehmen. Ab dann sollen die Kunden von einem Leistungsschub im Güterverkehr und von schrittweise kürzeren Fahrzeiten profitieren. Bereits in diesem Oktober beginnt der Testbetrieb mit mehr als 3.000 geplanten Testfahrten.

Die Effizienzgewinne durch die durchgängige zweigleisige Flachbahntrasse sind enorm: Eine Mehrfachtraktion entfällt weitgehend, die Strecke durch die Schweiz verkürzt sich um 30 Kilometer und etwa eineinhalb Stunden, das maximale Gewicht, das von einer Lok gezogen werden kann, erhöht sich von 800 auf 1.650 Bruttotonnen (Bt). Außerdem können bis zu 700 Meter lange Züge zum Einsatz kommen, während sie heute auf 500 Meter beschränkt sind. Derzeit sieht es aber so aus, als könnten die Produktivitätsvorteile vom Infrastrukturbetreiber kassiert werden.

Produktivitätsfaktor als Anreiz für Hochleistungszüge

Das geplante Trassenpreissystem sieht einen Verschleißfaktor vor, der dazu führen würde, dass längere und schwerere Züge "bestraft" würden. Deshalb fordert die Hupac ergänzend die Einführung eines Produktivitätsfaktors als Anreiz für Hochleistungszüge ab 1.300 Bt. Jede zusätzliche Tonne sei ein Gewinn für den Markt und die Verlagerung, argumentiert das Unternehmen. Auch in Deutschland gebe es Anreize, lange und schwere Züge zu bilden.

Erschwerend zur Trassenpreisdiskussion kommt hinzu, dass die Schweizer Regierung mit der Eröffnung des Tunnels nach und nach bis 2023 die Subventionen im alpenquerenden Verkehr streichen will. Heute betragen sie rund 130 Millionen Franken (126 Millionen Euro), was rund 134 Euro je Sendung entspricht. Verkehre könnten dann nicht nur in Richtung Brenner, sondern auch auf die Straße abwandern. Die Schweizer Verlagerungspolitik wäre damit ad absurdum geführt.

Gemeinsame KV-Strategie der Alpentransitländer

Die Studie propagiert den Leitsatz, dass der ökologisch sinnvollste Transportweg auch der ökonomisch vorteilhafteste sein müsse. Der Aufbau eines neuen Trassenpreissystems sollte auch auf einer Trennungsrechnung zwischen Personen- und Güterverkehr basieren.
Die Kürzung der Subventionen für den KV dürfe nur proportional zum Produktivitätsgewinn der Operateure erfolgen. Es bedürfe einer gemeinsamen KV-Strategie der Alpentransitländer. Langfristig empfiehlt die Studie eine Koordinierung von Trassenpreisen und Subventionspolitik im KV auf EU-Schweiz-Ebene. Die Autoren raten auch dazu, die Kranbarkeit von Aufliegern zu forcieren. Sie regen an, dass Fahrzeuge nur dann in der EU und der Schweiz zugelassen werden, wenn sie kranbar sind.


Auf der Überholspur

Hupac-Aufsichtsratschef Hans-Jörg Bertschi sieht den Kombinierten Verkehr (KV) im Alpentransit auf der Überholspur. "In den vergangenen sechs Jahren ist der KV trotz Stagnation in Europa um 30 Prozent gewachsen", sagt er. Das entspreche einem Anstieg von 43 auf 48 Prozent am Gesamtverkehr durch die Schweizer Alpen. Gleichzeitig sei die Straße im absoluten Volumen deutlich von 39 Prozent im Jahr 2009 auf 33 Prozent 2014 zurückgegangen. Hupac sei mit einem Anteil von etwa 50 Prozent der Marktführer des KV in der Schweiz.Mehr als ein Dutzend andere Operateure teilten sich die anderen 50 Prozent. Marktanteilsverluste habe die Hupac einzig durch Ganzzüge erlitten, denen man mit dem im Herbst 2014 eingerichteten Geschäftsfeld Company Shuttle begegnen wolle.

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