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Gotthard-Basistunnel 2016 rollen die Güterzüge

Foto: Matthias Rathmann 19 Bilder

2016 – und damit ein Jahr früher als zunächst geplant – will die Schweiz den Gotthard-Basistunnel für den Verkehr freigeben. Die Bauarbeiten sind gut vorangeschritten und die Tunnelbohrmaschinen bereits abgezogen. Eurotransport.de hat sich 800 Meter in der Tiefe selbst Eindrücke vom Bau des weltweit längsten Eisenbahntunnels verschafft.

Eine Minute reicht, um die Welt zu verändern. Innerhalb von nur einer Minute kann man die Umgebung gegen eine neue eintauschen. Vorausgesetzt, man ist bereit, sich auf Staub, Lärm und Hitze einzulassen. Das alles gibt es in der neuen Welt  als Begrüßungsgeschenk. Sie liegt unter Tage und ist mit dem Turboaufzug innerhalb von einer knappen Minute erreichbar.
Ausgangsort ist Sedrun, ein Bilderbuchdorf in den Graubündener Alpen mit holzverkleideten Häuschen und schroffen Felsen im Hintergrund. Wer sich dort kontrolliert 800 Meter in die Tiefe stürzt, landet in der Baustelle zum längsten Eisenbahntunnel der Welt. Willkommen am Gotthard-Basistunnel!

Auf zwei Personenzüge kommen sieben Güterzüge

Wo bisher Staub und Hitze regieren, wird sich in wenigen Jahren reichlich Zugluft ansiedeln. Dann werden die ersten Züge durch die beiden Röhren rauschen. Im Personenverkehr sind Geschwindigkeiten von 200 bis 250 Kilometer pro Stunde angedacht. Das hohe Tempo bringt immense Zeitvorteile: Nur noch zwei Stunden und 40 Minuten benötigen Reisende dann von Mailand nach Zürich.

Bisher brauchen sie eine Stunde länger. Doch auch der Güterverkehr profitiert – gerade er. Auf zwei Personenzüge, die pro Stunde den Tunnel passieren sollen, kommen sieben Güterzüge. Hatte das Bundesamt für Verkehr (BAV) bisher das Jahr 2017 als Zieltermin ausgegeben, soll der Tunnel nach neuesten Plänen nun schon ein Jahr früher in Betrieb gehen.

Die bisher wichtigsten Meilensteine

Am 15. Oktober vorigen Jahres erfolgte der Durchbruch der Oströhre, am 23. März 2011 fanden die Arbeiter dann in der Weströhre zusammen, was entsprechend gefeiert wurde. Seitdem haben die Tunnelbohrmaschinen ausgedient, die sich gefräßig durch das Gebirgsmassiv  vorgearbeitet haben.

Die Maschinen, aber auch die Mineure, haben ganze Arbeit geleistet. Das wird eindrucksvoll hinter einer gelben Stahltüre am Abstiegsort Sedrun deutlich. Dort ist das Gestein nicht nur – wie inzwischen im gesamten Tunnelsystem – ordentlich herausgefräst. Es ist auch säuberlich mit einer etwa 30 Zentimeter dicken Betonschicht verputzt. Bald übernimmt die Arbeitsgemeinschaft Transtec Gotthard den etwa einen Kilometer langen besenreinen Bereich. Dann hat sie bereits den gesamten nördlichen Teil der Oströhre unter ihrer Fittiche, alles in allem etwa 20 Kilometer. Transtec ist für Bahntechnik, Kabel und Installationen zuständig. Wann immer Alptransit ihre Hausaufgaben gemacht hat, rückt Transtec an.

Multifunktionsstelle Sedrun

Das Kontrastprogramm gibt es südlich der gelben Türe: Dort herrscht emsiger Betrieb. Männer in Overalls bringen auf riesigen Gerüsten Beton an die noch unverkleideten Gesteinswände. Tunnelzüge mit Beton tuckern vorbei, und an der Seite spritzt Wasser in einem Schlauch auf den schlammigen Boden. Hier ist noch alles in der Entstehung.

Das ist der Bereich bei der Multifunktionsstelle Sedrun, eine weitere bildet Faido im südlichen Teil. An diesen Punkten sind Spurwechsel und Nothalte möglich, ferner gibt es Räume für den Bahnbetrieb, und auch die Lüftung ist dort angesiedelt. In Sedrun gibt es außerdem ein unterirdisches Betonwerk, was eine kleine technische Sensation ist.

600 Kubikmeter Beton täglich

„Wir können hier täglich 600 Kubikmeter Beton produzieren“, sagt der dortige Chefbauleiter Uwe Holstein. Alles, was dazu nötig ist, inklusive der Waggons zur Beförderung, gelangen per Lift nach unten – 800 Meter tief.

24 Milliarden Franken kostet das Bauwerk

Der Aufwand hat seinen Preis. 1998 kalkulierten die Eidgenossen mit 18,7 Milliarden Franken für das gesamte Tunnelbauprojekt inklusive dem weiter südlich gelegenen Bau des 15 Kilometer langen Ceneri-Basistunnel. Acht Milliarden davon waren allein für den Gotthard bestimmt. Rechnet man Teuerung und Zinsen hinzu, ergibt sich heute ein Betrag von etwa 24 Milliarden Franken.

Der Tunnel ist Schweizer Verlagerungspolitik

Doch unabhängig von den Kosten – der Anspruch an das Bauwerk ist klar: Der Tunnel ist nicht weniger als der zentrale Baustein der Schweizer Verlagerungspolitik. Das Milliardenprojekt soll die Attraktivität der Schiene steigern und Spediteure zum Umstieg bewegen. Die Eidgenossen meinen es mit der Verlagerung ernst: Sie ist in der Verfassung verankert. Der Gotthard-Basistunnel ist neben Ceneri- und Lötschberg-Basistunnel, Teil der Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat), die eben dieses Verlagerungsziel verfolgt. Auch die Spediteure tragen das Ihre dazu bei, zwei Drittel der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) fließen in die Neat-Töpfe.

Ziel sind 650.000 alpenquerende Lkw

Erklärtes Ziel der Regierung ist es, die Zahl der alpenquerenden Lkw auf 650.000 zu drücken. Ein ehrgeiziges Ziel. Derzeit passieren doppelt so viele Fahrzeuge die Schweizer Alpen. Skepsis ist erlaubt, aber nicht immer zielführend. Oft genug haben die Schweizer bewiesen, dass ein starker Wille Berge versetzen – oder passierbar machen – kann.

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