Technik im Wandel Gebremster Funke

Hybridfahrzeuge Foto: Andreas Wolf
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Nutzfahrzeuge mit integriertem elektrischen Antrieb haben eine lange Geschichte. Schwierigster Teil bei der Konzeption war das Einbinden der Batterie.

Energie-Ökonomie war schon immer Triebfeder der Entwicklung von Hybrid- oder Elektrofahrzeugen. Sie trat während des zweiten Weltkriegs in den Vordergrund und auch Anfang der 70er Jahre. Während die Technik im Fahrzeugbau riesige Fortschritte verzeichnete, blieb die Entwicklung der Energiespeicher weit zurück.

Blei-Säure-Batterie war anfangs günstigste Lösung

Die Blei-Säure-Batterie war anfangs noch die günstigste Lösung. Damalige Alternativen mit höherer Energiedichte krankten an den hohen Arbeitstemperaturen, wie sie bei Natrium-Schwefel-Batterien auftraten und am nur mit hohem Aufwand verfügbaren Lithium für die ersten Lithium-Chlor-Speicher.

1969 stellte Daimler-Benz in Zusammenarbeit mit Bosch, Varta und der Gesellschaft für elektrischen Straßenverkehr einen Hybridbus auf die Räder, der auf dem damaligen O 302 basierte. Fahrleistung, Beschleunigung und Reichweite waren  aber weniger attraktiv. Kurz danach stellte Leyland den National-Bus vor, der einen riesigen, Zweiachsanhänger mit Bosch-Batterien hinter sich herzog. Auch diese Lösung verschwand wieder schnell in der Versenkung.

Die USA kündigten 1976 ein Entwicklungsprojekt  für Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge an. Das mit 160 Millionen Dollar dotierte Programm sah vor, 1978 eine erste Reihe von 2.500 Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen zu bestellen. Lediglich 400 Fahrzeuge verließen zum genannten Zeitpunkt die Werkshallen.

Zu schwer: Panzerplatten-Batterien machten Namen alle Ehre

Als Nachfolger des O 302 von Daimler-Benz folgte 1975 der Hybridbus OE 305. Seine Fahrleistungen waren schon wesentlich besser, die Batterien aber immer noch zu schwer. Es handelte sich um Panzerplatten-Batterien mit 360 Volt Nennspannung und 275 Ah Kapazität bei fünfstündiger Entladung. Sie brachten ein sattes Gewicht von 3,5 Tonnen auf die Waage.

In Außenbezirken lief der 100-PS-Diesel OM 325 h mit einer konstanten Drehzahl von 2.100/min und trieb einen Generator an, der die elektrischen 150 kW-Motoren mit Strom versorgte. In der Innenstadt lieferten dem Daimler-Hybridbus allein die Batterien den Strom. Anfang 1978 prognostizierte Robert Purpel, Sonderbeauftragter des US-Energieministeriums, dass die für einen wirtschaftlichen Betrieb von Hybridfahrzeugen notwendigen neuen Batterietechnologien frühestens Anfang der 90er Jahre kommerziell einsetzbar seien. Es zeigte sich jedoch, dass neue Akkus bereits ab 1982 zumindest zur breiten Erprobung bereit standen. Gleichzeitig beschäftigten sich die Entwickler verstärkt mit der Integration der Stromeinsteuerung in den Antriebsstrang mit Hilfe der Elektronik.

Duo-Bussystem wurde in Esslingen getestet

Im schwäbischen Esslingen sammelte Daimler-Benz zusammen mit Dornier, Bosch und Varta Anfang der 80er Jahre Betriebserfahrungen mit dem sogenannten Duo-Bussystem. In England nahm der Gütertransport mit Elektrofahrzeugen zur selben Zeit konkrete Formen an. Die britische Kaufhausgruppe Marks & Spencer richtete ein Verteilersystem ein, das Elektro-Transporter in der Lieferkette zwischen den Lagern und den eigentlichen Kaufhäusern vorsah.

Zurückhaltend beurteilte der damalige Entwicklungschef von Daimler-Benz, Werner Breitschwerdt, den Einsatz von Hybrid-Fahrzeugen. "Einen kombinierten Antrieb aus Diesel- plus Batterieeinspeisung für Nutzfahrzeuge kann ich mir nur für bestimmte Einsätze vorstellen, beispielsweise in innerstädtischen Tunnel, wo schadstofffreier Betrieb notwendig ist", erklärte Breitschwerdt.

Ballard Power Systems wurde Partner von Daimler-Benz

Diese Einschätzung änderte sich grundlegend Anfang der Neunziger-Jahre. Eine Reihe von Lkw- und Bushersteller begannen, ins Zeitalter der Brennstoffzelle einzusteigen. Daimler-Benz fand im kanadischen Unternehmen Ballard Power Systems einen Partner für die Entwicklung einer fahrzeugtauglichen Brennstoffzelle. Mit Hilfe einer Wasserstoffbatterie von Ballard entwickelten die Stuttgarter 1994 einen Transporter mit Elektroantrieb. Der damalige MB 100 mit der Bezeichnung Necar 1 (New electric car) glich allerdings eher einem rollenden Labor. Die Wasserstofftechnik nahm den gesamten Laderaum und die komplette Nutzlast in Beschlag.

1996 folgte der Necar II, ein Mercedes Vito. Der Wasserstoffantrieb wog nur noch 300 statt bisher 800 Kilogramm. Auch die Abmessungen wurden kompakter. Indem die Wasserstofftanks auf das Dach wanderten, reduzierte sich das Brennstoffzellensystem auf das Format einer Kiste im Laderaum. Die Reichweite lag  bei 250 bis 320 Kilometer. Ein Jahr später war der erste Stadtbus mit Brennstoffzellen-Batterie fahrfertig, der O 405 N. Nach Abzug der Verlustleistung und der elektrischen Verbraucher blieben 190 kW für die Radnabenmotoren von ZF.

Neoplan kaufte Radnabenmotoren bei Magnet Motor

Diesel-elektrische Busantriebe verschwanden deshalb aber nicht von der Bildfläche. Jeder Hersteller hatte Mitte der Neunziger seinen Partner gefunden: Neoplan kaufte Radnabenmotoren bei Magnet Motor und rüstete damit diverse Metroliner und große diesel-elektrische City-Busse aus. MAN setzte auf einen Elektroantrieb, den
Voith und Siemens entwickelt hatten. Beim MAN 223 DE war das Getriebe durch einen Generator und zwei über ein Summiergetriebe verbundene Fahrmotoren mit 140 kW ersetzt. Mercedes hatte Gelenkbusse vom Typ 0 405 GNDE mit ZF-Radnabenmotoren im Einsatz.

Blei-Säure-Batterien boten inzwischen aber kein Entwicklungspotenzial mehr. Hohe Spannungsgrenzen verkürzten die Lebenserwartung, sie ließen sich nicht schnellladen, sulfatierten und waren zu schwer. Nach dem Jahrtausendwechsel entwickelte sich die Speichertechnik dann spürbar  weiter: erst mit Nickel-Metallhybrid-Akkus, dann mit der Lithium-Ionen-Technik und Ultra-Caps. Freightliner konzipierte in den USA mit Eaton einen 7,3-Tonner auf Basis der Baureihe MT-45 SR, in dem erstmals Lithium-Ionen-Akkus Strom lieferten. Die Energiedichte betrug fast das Doppelte, die Selbstentladung lag bei der Hälfte.

Abgasnormen und Dieselpreise trieben Entwicklung voran

Schärfere Abgasnormen und steigende Dieselpreise trieben die Entwicklung weiter voran. Ende des ersten Jahrzehnts im neuen Jahrtausend war längst ein gnadenloser Kampf um die besten Positionen im Hybrid-Wettbewerb entbrannt. Die Hersteller richteten ihre Forschungsetats immer mehr Richtung alternativer Antriebe aus, um Antriebs-Integration,  Ladetechnik und Rekuperation in Parallelhybridsystemen effektiver zu gestalten.

In Europa stoßen die aktuellen Lösungen aber noch auf verhaltenes Interesse. Hohe Fahrzeugkosten und geringe Einspareffekte machen keine allzu große Hoffnung auf Erfolg. Das gilt besonders für die Transportbranche, in der es angesichts sinkender Gewinnmargen für kostspielige technische Innovationen keinen Spielraum mehr gibt.

Weiter steigende Dieselpreise könnten aber das Blatt schnell wenden. Das gilt nicht nur für Verteilerfahrzeuge mit geringen Tagesfahrleistungen. Für den Fernverkehr sind Hybridlösungen allerdings nur bei enorm erhöhten Speicherdichten der Akkus und gleichzeitig gesenktem Preis sowie Gewicht denkbar. Solche Batterien werden aber noch eine Weile auf sich warten lassen.

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