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Finanzen Teurer Franken drückt Gewinn

Foto: Rathmann

Der Höhenflug des Schweizer Franken macht nicht nur dem Export und dem Tourismus des Nachbarlandes zu schaffen. Auch die Transportbranche leidet unter dem Wechselkurs.

Deutsche Unternehmen, die mit dem Lkw durch die Schweiz unterwegs sind, müssen mit einer drastischen Erhöhung der Maut fertig werden, von der die verladende Industrie meist nichts wissen will. Um etwa ein Drittel sind die Kosten für die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA), die in Schweizer Franken abgerechnet wird, angestiegen. »Zu Jahresbeginn kostete ein kompletter Lkw voll beladen im Transit durch die Schweiz etwa 210 Euro«, erläutert Marco Bold, tätig im Verkauf bei Arcese Kech Logistics in Singen. Das Unternehmen, das Gebietsspediteur für Volkswagen und Audi unter anderem für Italien und die Schweiz ist, muss jetzt rund 300 Euro auf den Tisch blättern.

Die Erhöhung kann nicht weitergegeben werden

»Wir müssen uns strecken«, sagt Bold gegenüber trans aktuell. Autos bestimmten das Geschäft des mittelständischen Unternehmens mit rund 150 Beschäftigten zu etwa 70 Prozent. Angesichts von Zweijahresverträgen könne die Erhöhung nicht weitergegeben werden. Es werde zwar verhandelt, jedoch sehe VW sich nicht zuständig für Kursverluste. Doch Bold ist Optimist und setzt darauf, dass der Franken sich bald wieder in die richtige Richtung bewegt. »In den Jahren 2008 und 2009 war es schon mal schwierig, das haben wir auch gemeistert und so weit sind wir noch lange nicht.«

LSVA um 20 Prozent teurer als 2010

Von einer »dramatischen Situation« spricht allerdings Volkswirt Peter Welling, Geschäftsführender Vorstand der SVG Südbaden in Freiburg. Er sieht eine  Verteuerung der LSVA in einer Größenordnung von 20 Prozent allein von 2010 auf 2011, die sich mit sieben bis acht Prozent auf die Gesamtkosten eines durch die Schweiz (Basel-Chiasso) fahrenden Unternehmens auswirkt. »Diese sieben bis acht Prozent müssten zum Gegenstand von Preisgesprächen gemacht werden«, sagt Welling auf Anfrage. Das derzeitige Problem liege vielleicht auch in der Kurzfristigkeit dieses Wechselkursphänomens, meint er. Viele Stimmen sagten, dass die Schweizer Wirtschaft diese Situation nicht lange aushalte. Und Verlader tendierten bei Preisgesprächen eher in die Richtung abzuwarten, was für den Unternehmer bedeute, dass er zunächst einmal die Mehrkosten zu tragen habe. Die Spedition Fecht in Meßkirch im Allgäu beziffert die Mehrbelastung durch den Währungsunterschied auf etwa 8.000 Euro im Monat. »Die LSVA ist ein großes Problem«, sagt Geschäftsführer Jürgen Fecht im Gespräch mit trans aktuell. Das Familienunternehmen macht Verkehre in die Ostschweiz und bedient viele Schweizer Kunden. Doch die Maut ist es nicht allein. »Wenn das Zahlungsziel 30 Tage oder gar mehr sind, gibt es zum Teil erhebliche Kursdifferenzen«, sagt Fecht. 

Schweizer Zoll zieht Gebühren in Franken ab

Ein ähnliches Problem tritt am Zoll auf, wenn Einfuhr- und Umsatzsteuer hinterlegt werden müssen. Zum Tag des Grenzübertritts wird mit den Kunden in Euro abgerechnet, aber der Schweizer Zoll zieht die Gebühren am 15. des Folgemonats in Schweizer Franken ein. »Da kommt oft ein ganz anderer Betrag dabei heraus«, beklagt der Unternehmer, bei dem Schweiz-Verkehre etwa 35 Prozent vom Gesamtgeschäft ausmachen. Etwa die Hälfte hierbei sind Schweizer Kunden. »Denen kann ich nicht klar machen, dass sie mir in einer für sie ohnehin schon schwierigen wirtschaftlichen Situation einen Ausgleich für den teuren Schweizer Franken zahlen sollen«, sagt Fecht. Die Situation sei nicht lebensbedrohlich für das Unternehmen, meint Fecht. Der teure Franken sei aber im Grenzraum ein richtig heftiges Problem. Er hofft auf eine Kursänderung für sich und seine 110 Beschäftigten. Das könnte dann auch die derzeitigen Auftragsrückgänge in der Schweiz wieder auffangen. Vereinzelt gibt es Unternehmen, die bereits vor Wochen ihre Kundschaft angeschrieben haben und seit Juni einen Währungszuschlag erheben.  In Anlehnung an den Diesel-Floater könnten entsprechende Klauseln in den Verträgen ein Währungsrisiko abfedern, erläutert ein Branchenkenner auf Nachfrage.

R-Alpin kündigt Preiserhöhung an

In den vergangenen Monaten gewährte immerhin die Rollende Landstraße von Freiburg im Breisgau ins italienische Novara Preisstabilität. Aber auch das ist jetzt vorbei. Der Betreiber R-Alpin aus Chiasso hat seinen Kunden eine Preiserhöhung zwischen vier und acht Prozent angekündigt, was angesichts des Anstiegs bei der LSVA moderat erscheint. Die Euro-Schwäche wirke sich direkt auf die schweizerische Exportindustrie und international tätige Transport- und Logistikunternehmen aus, da ein Großteil der Produktionskosten in Schweizer Franken anfalle und in Euro in Rechnung gestellt werde, heißt es zur Begründung. »Alleine in den letzten drei Monaten haben sich die Produktionskosten in der Schweiz - umgerechnet in Euro - um rund zwölf Prozent erhöht, im Vergleich zu den Vorjahren 2009 und 2010 gar um über 21 Prozent«, erklärt R-Alpin. Die neuen Preise deckten die währungsbedingten Mehrkosten nur teilweise ab. Sollte sich der schwache Euro nicht erholen, steht die nächste Preisrunde zum 1. Januar an. Bei den Schweizer Straßentransporteuren bekommen diejenigen, die im Exportgeschäft tätig sind, zunehmend Probleme. »Den Unternehmen brechen die Einnahmen in Euro weg, während die Kosten in Schweizer Franken stetig steigen«, berichtet André Kirchhofer, Sprecher des Transporteursverbands Astag. Im Binnengewerbe brumme der Motor bedingt durch die gute Auslastung des Baugewerbes noch, aber ansonsten hätten gerade Betriebe in Grenznähe große Schwierigkeiten.

Astag wendet sich an Schweizer Bundesrat

Der Astag hat sich an die Regierung, den Schweizer Bundesrat, gewandt, damit zumindest die vorgesehene Anpassung der LSVA an die Teuerung um 0,97 Prozent zum 1. Januar 2012 verschoben oder abgeblasen wird. »Angesichts der Frankenstärke sollte man darauf verzichten«, sagt Kirchhofer. Astag setze nicht auf Subventionen, sondern vielmehr auf eine Verringerung von Verwaltungs- und Steuerkosten, um so die Unternehmen zu entlasten. Die Schweizer Spedition Bertschi in Dürrenesch, die mehr als die Hälfte ihrer Transporte über die Schiene abwickelt, sieht sich angesichts des teuren Franken in einer etwas weniger schwierigen Situation als andere. Bertschi habe  Kosten- und Umsatzanteile in Euro, sagt Thomas Staub aus der Finanzabteilung gegenüber trans aktuell. Auch ein Großteil der Investitionen werde in Euro getätigt. »Wenn man nicht so viel wechselt tut es nicht so weh.« Als langfristig orientiertes Unternehmen in Familienbesitz könne der Eigentümer mit der Situation umgehen. Ein ganz anderes Problem, das sich währungsbedingt noch verschärft hat, ist der Fahrermangel beidseits der Grenze. Viele deutsche Mittelständler sehen sich ein paar Kilometer weiter in der Schweiz mit Löhnen konfrontiert, die sie selbst ruinieren würden. Dass ein Fahrer bei den Eidgenossen mit 5.000 Franken im Monat nach Hause geht, war schon vorher ein Problem. Darauf kommt jetzt für Grenzgänger noch der Frankenaufschlag, mit  einem Kurs, der zwischenzeitig fast eins zu eins verrechnet wurde.

Diese Situation könnte zur Versuchung führen, zu einem Arbeitgeber auf Schweizer Boden zu wechseln. Da zählen ein gutes Betriebsklima, bessere Bedingungen in Deutschland bei Rente, Urlaub, Krankenversicherung und  Kündigungsschutz doppelt und dreifach. Regina Weinrich Spediteure bleiben auf den Mehrkosten sitzen Logistiker Bertschi wickelt mehr als die Hälfte der Transporte per Bahn ab ist daher von der hohen LSVA kaum betroffen. Währungsfloater als Klausel in Verträgen Talfahrt erwünscht: Auch die Arcese-Gruppe baut darauf, dass der Wechselkurs bald in Bewegung kommt.

Der Schweizer Franken

Die Krise des Euro hat dem Franken zu einem wahren Höhenflug verholfen. Denn das Schweizer Zahlungsmittel gilt nach wie vor als Sichere-Hafen-Währung. Aufgrund der Börsenturbulenzen war der Franken daher von einem Hoch zum nächsten geklettert. Für die eidgenössischen wie auch die deutsche Unternehmen wurde das zunehmend zu einem Problem. Daher geht die Schweizer Nationalbank (SNB) gegen eine weitere Aufwertung des Franken vor. Sie gab kurzerhand bekannt, die Liquidität am Franken-Markt zu erhöhen, um damit die eigene Währung zu schwächen. Darüber hinaus berichten gleich mehrere Medien von angeblichen Überlegungen, die SNB denke über eine Obergrenze für den Franken-Kurs nach. Allein schon diese Meldung sorgte nun dafür, dass die Schweizer Währung nun wieder an Wert verliert.

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