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Fehmarnbelt-Querung Fähren noch ohne Alternative

Foto: Nicole de Jong

Dänemark muss sich mit dem Bau der festen Fehmarnbelt-Querung weiter gedulden. Die Verzögerungen liegen auf deutscher Seite.

Ginge es alleine nach den Dänen, hätten sie längst mit dem Bau der festen Fehmarnbelt-Querung begonnen. Die Baustelle in Rødbyhavn in der Region Sjælland ist vorbereitet. Doch die Verbindung ist ein europäisches Verkehrs­projekt, daher muss sich das kleine Königreich noch etwas gedulden.

Geplant ist ein Tunnel unter dem Fehmarnbelt zwischen Däne­mark und Deutschland, der in beiden Ländern genehmigt werden muss. Das dänische Parlament hat im April 2015 den Bau des knapp 18 Kilometer langen Ostsee-Tunnels beschlossen. Dänemark trägt die Kosten dafür allein. Deutschland muss laut Staatsvertrag, der bereits vor sieben Jahren unterschrieben wurde, für die Hinterlandanbindung auf deutscher Seite aufkommen. Die Planfeststellung dazu läuft noch.

Der ursprünglich ­angestrebte Termin für die Eröffnung der festen Querung im Jahr 2024 lässt sich wahrscheinlich nicht einhalten, "selbst wenn 2017 die Baugenehmigung vorliegt", sagt Dänemarks Verkehrsminister Hans-Christian Schmidt im Gespräch mit trans aktuell.

Da Klagen zu erwarten seien, rechne er nicht damit, dass vor 2019 mit dem Bau begonnen wird. Bei einer angesetzten Bauzeit von rund achteinhalb Jahren für die Realisierung des gesamten Vorhabens, "sind wir schnell bei 2027 als Datum für die Fertigstellung, aber keiner weiß es", fügt er hinzu. Schmidt verneint ausdrücklich, dass das Projekt noch gestoppt werden könnte und zeigt sich zuversichtlich: "Wir warten und verstehen, dass in Deutschland nach anderen Gesetzen gearbeitet wird." Sein Kollege, der schleswig-holsteinische Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD), setzt sich seiner Ansicht nach sehr für das Projekt ein.

Folgekosten sind enorm

Zu den Kosten des Tunnels hüllt sich Schmidt in Schweigen. Vor einiger Zeit wurden sie auf knapp acht Milliarden Euro geschätzt. Für die Vorbereitung und weitere Planung haben die Dänen bereits 150 Millionen Euro ausgegeben. Derzeit sei der Tunnelbauherr Femern in Verhandlung mit den Bau-Konsortien, damit diese ihre Angebote und Preise über Mai 2016 hinaus, dem ursprünglich geplanten Baubeginn auf dänischer Seite, bis 2018 oder 2019 aufrechterhalten. Für die Hinter­landanbindung auf deutscher Seite (Ostholstein) wurden rund 2,5 Milliarden Euro veranschlagt.

Die beiden Reedereien Stena Line und Scandlines, die Personen- und Frachtverkehre zwischen dem europäischen Festland und Skandinavien abwickeln, klagen vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Finanzierung des Projekts. Scandlines' Klage stützt sich darauf, dass die Kommission eine Subventionierung des Projekts von mindestens 55 Jahren genehmigt hat. "Das ist ein so langer Zeitraum, dass hier faktisch von unbegrenzten staatlichen Beihilfen die Rede ist", sagt Scandlines-Chef Søren Poulsgaard Jensen.
Die Klage von Stena Line basiere auf einer Reihe von offenkundigen Fehlern in der Entscheidung der Kommission in Bezug auf Notwendigkeit und Dauer der gewährten Beihilfe. "Damit wird Wettbewerbsverzerrung gegenüber den gut funktionierenden, den Bedarf deckenden Fährverbindungen ermöglicht", sagt Stena Line-Chef Carl-Johann Hagman. "Die Kommission hat uns gegenüber gesagt, dass die Finanzierung okay ist und auch, dass es wichtig sei, die feste Querung zu bauen", entgegnet der Verkehrsminister.
Gegenwind bekommen die Dänen auch von den Beltrettern, einem Zusammenschluss von 35 Initiativen, Organisationen und Unternehmen, die das Projekt als Nordeuropas größte Bau- und Umweltsünde bezeichnen. Ihr Vorwurf: Dänemark nötige Deutschland Folgekosten in Milliardenhöhe ab. Doch Deutschland hat den Staatsvertrag unterschrieben und steht in der Pflicht, die Hinterlandanbindung auszubauen.

Alte Brücke steht vor dem Aus

Die 1963 eröffnete, knapp 1.000 Meter lange Fehmarnsundbrücke, eine kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke, die die Insel Fehmarn in der Ostsee mit dem Festland bei Großenbrode verbindet, steht vor dem Aus. Eine Ertüchtigung wäre zu teuer und unwirtschaftlich, da sie die Brücke höchstens noch für 30 Jahre retten könnte. Die favorisierte Lösung der Bahn ist der Neubau einer kombinierten Brücke für Schiene und Straße, noch nicht vom Tisch ist aber auch eine Tunnelvariante.

Dass die Dänen zu 95 Prozent für die feste Fehmarnbelt-Querung sind, wundert nicht. Sie erhoffen sich einen Aufschwung im Tourismus. Das Land will zudem eine schnelle Bahnverbindung nach Kopenhagen bauen, die die Fahrzeit um 40 Minuten verkürzen soll. Auch die Autobahnen sollen ausgebaut und erneuert werden, um die Mobilität der Menschen zu verbessern. Die Transportwirtschaft könnte von der festen Querung ebenso profitieren. Nicht nur dass sich die Fahrzeit über die Ostsee von derzeit rund 45 Minuten mit der Fähre auf knapp zehn Minuten durch den Tunnel verkürzt. "Eine Tunnellösung würde zudem eine höhere Sicherheit hinsichtlich Schlechtwettersituationen wie Winterstürmen bedeuten", sagt Holger Ostwald, Sprecher des Paketdienstes UPS, der täglich mit einem Lang-Lkw von Hannover über Puttgarden nach Dänemark unterwegs ist.

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