Fahrsicherheitstraining auf Firmenkosten Voll in die Eisen

Fahrsicherheitstraining auf Firmenkosten Foto: Steffen Kugler 10 Bilder

Anti-Crashkurs als Weiterbildung: Meyer Logistik hat 14 Kraftfahrer zum Sicherheitstraining an den Sachsenring eingeladen.

"Auf der Straße gibt es keine zweite Chance." – Udo Sättler, staatlich anerkannter Ausbilder im Rahmen des Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetzes, begrüßt zum Modul „Fahrsicherheit“ im Schulungsraum am Sachsenring mit einem starken Satz. Und setzt gleich noch einen nach: „Risikofaktor Nummer eins im Verkehr ist und bleibt der Mensch und mit zunehmender Geschwindigkeit entsteht vor dem Lkw ein immer größer werdender Bereich, für den es nur ein Wort gibt – Schicksal.“

Rein theoretische Unterrichtsstunden können schrecklich langweilig sein, doch Moderator Sättler beherrscht die Kunst, Fakten mit Witz und Sachverstand an den Mann zu bringen, oder besser gesagt an die Männer. Das sind an diesem Samstag Ende August 14 Lkw-Fahrer aus verschiedenen Niederlassungen von Meyer Logistik. Sie haben sich durch besondere Leistungen im Arbeitsalltag diesen Kurs verdient. Selbst könnte wohl kaum ein Fahrer die rund 350 Euro dafür aufbringen.

„Die Anfragen gerade von gut geführten mittelständischen Unternehmen sind schon da“, sagt Sättler, „allerdings ist die Rennstrecke oft belegt, sodass ich nur maximal 20 Kurse im Jahr anbieten kann.“ In Sachen Fahrerqualifikation- und Weiterbildung ist Meyer vorbildlich, jede Niederlassung hat einen eigenen Qualitätsmanager, der sich auch darum kümmert, dass die Fahrer jedes Jahr eins der fünf vorgeschriebenen Module absolvieren – natürlich auf Firmenkosten.

„Auch das motiviert unsere Mitarbeiter“, sagt Hans-Peter Nötzel, am Rewe-Standort Rüsseina für die Qualifizierung verantwortlich. „95 Prozent unserer Fahrer haben sehr großes Interesse, in allen vorgeschriebenen Bereichen der Weiterbildung ihr Wissen zu verbessern.“ Beliebt sind vor allem die Module Sozialvorschriften und Ladungssicherung, hier Schwerpunkt korrekte Kühlung. Nun startet Meyer unter Nötzels Regie ein Pilotprojekt.

Viele Schäden durch Hektik verursacht

„Auch bei uns, wie in fast allen Transportunternehmen, häufen sich die Schäden. Etwa 85 Prozent der Unfälle passieren dabei im Rampenbereich, vielfach durch Hektik verursacht. Hier wollen wir durch gezielte Trainingsmaßnahmen entgegensteuern.“ Trainer Sättler erläutert derweil Reaktionszeiten und Bremswege, erklärt die Wirkung von ABS, EPS, warnt vor den Risiken des Kolonnenfahrens auf der Autobahn und natürlich immer wieder vor zu geringen Abstand bei zu hoher Geschwindigkeit.

„Sie sind als Lkw-Fahrer bei der Arbeit und nicht auf der Flucht“, scherzt er, wobei ihn die Zuhörer in dieser Hinsicht beruhigen, da sie bei Meyer sowieso nur 83 Stundenkilometer fahren, um wirtschaftlich unterwegs zu sein. Aber es gibt ja neben der Autobahn auch noch die Landstraße.

„Der digitale Tacho speichert die Geschwindigkeitsdaten. Sollte die Polizei bei einem Unfall ermitteln, dass Sie ständig mit 70 Stundenkilometern unterwegs sind, kann man Ihnen durchaus Fahrlässigkeit vorwerfen, da Sie permanent gegen Vorschriften verstoßen haben. Nichts kann vorausschauendes Fahren ersetzen, aber wenn Sie einmal in eine Situation kommen sollten, bei der Sie nach dem Erkennen der Gefahr mit allen Mitteln die Masse ihres Lkw kontrolliert abbauen müssen, dann ist es gut, dass Sie gleich im Grenzbereich Erfahrungen machen und später auf ein geübtes Handlungsmuster zurückgreifen können.“

Die Routine im Job ist eine Gefahr

Damit geht es zum praktischen Teil raus auf die Strecke. Sieben eigene Lkw hat Meyer mitgebracht, je zwei Mann teilen sich ein Fahrzeug, über Funk erklärt Sättler die einzelnen Übungen. Beim einfachen Bremsen aus bis zu 50 km/h auf nasser Fahrbahn ist der Sattelzug noch dabei, doch spätestens beim nassen Gefälle mit Bremshindernissen scheidet dieses Fahrzeug aus. Die Gefahr eines Unfallschadens wäre zu groß. Für die im Schwierigkeitsgrad wachsenden Vollbrems- und Schleuderübungen bleiben drei Solo-Lkw und drei Zugmaschinen.

Dabei gilt: wenig lenken, immer frühzeitig fest auf der Bremse stehen. „Dieses Gefühl muss man tatsächlich einmal erlebt haben“, sagt Franz Kurth, nachdem er sich bei nur 42 km/h dann doch recht unkontrolliert um die eigene Achse gedreht hat. „Die Routine im Job ist schon eine Gefahr. Ich fand diesen Tag absolut cool.“ Sein Kollege Torsten Liebernickel fügt hinzu: „Am Montag gehe ich mit Riesenspaß an die Arbeit zurück.“

Man merkt es den Fahrern deutlich an, dass sie stolz sind, zu den Auserwählten zu zählen, die die Chance haben, Tricks und Kniffe zu erlernen, wie ein Lkw in einer Gefahrensituation halbwegs zu beherrschen ist. Sie testen zum Beispiel, wie man durch mehrmaliges leichtes Betätigen der Handbremse Druckluft abbaut, um den Federspeicher zu aktivieren – falls während der Fahrt das Bremssystem selbst versagen sollte.

Auch Hans-Peter Nötzel ist sehr zufrieden, nachdem alle seine Jungs am Abend ihre Zertifikate in den Händen halten. „Ich denke, dieser Kurs hat allen Beteiligten etwas gebracht, die Fahrer wurden für bestimmte kritische Situationen sensibilisiert. Daher überlegen wir konkret, nach diesen überzeugenden Erfahrungen das Modul Fahrsicherheitstraining für ausgesuchte Fahrer als Ansporn beizubehalten.“

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