Fahrerporträt Glücklich im Pendelverkehr

Transport von Stahlcoils, Spedition Hermanns & Kreutz Foto: Jan Bergrath 11 Bilder

Seit sechs Jahren fährt Gordon für die Spedition Hermanns & Kreutz aus Monschau auf einer festen Linie zwischen Belgien und Süddeutschland.

Eisig weht der Wind über die Höhen der Eifel. Es ist noch stockdunkel auf dem Gelände der Spedition Hermanns & Kreutz. Doch Gordon ist trotz des frühen Morgens die gute Laune anzumerken. Er wohnt nur ein paar Minuten von Monschau-Kalterherberg entfernt. In der Dispo hat er noch schnell einen frisch gebrühten Kaffee getrunken, das steht allen Fahrern frei. Jetzt legt er für die kommende Tagestour seine Fahrerkarte ein: Abfahrt.

In der Nacht ist der Sattelzug aus Süddeutschland gekommen, ein Teil der Ladung wurde auf dem Speditionsplatz abgeladen, nun stehen noch schwere Papierrollen für je einen Kunden bei Breda, Niederlande, und Antwerpen in Belgien gut gesichert auf 
dem Schmitz-Auflieger. Gordon startet den V8-Motor und macht sich auf zu seinem ersten Stopp, der gerade bei deutschen Fahrern sehr beliebten Q8-Tankstelle im nahegelegenen belgischen Eynatten. Die Dämmerung gibt nach und nach den Blick auf die Landschaft frei.

Gordon kam als Kind ins Rheinland

Gordon hat sich erst spät für seinen Traumberuf entschieden. Als Kind zog er mit seinen Eltern aus Eisenach ins Rheinland, wo sein Vater Gerd eine neue Stelle als Lkw-Fahrer antrat und sich später den Traum von einem eigenen Haus in der Eifel erfüllte. "Ich selbst bin nach der neunten Klasse von der Schule abgegangen und habe in einem Sägewerk gearbeitet. Dann habe ich mir später auf eigene Kosten den Lkw-Führerschein geleistet." Gordons Vater arbeitete zu dieser Zeit für ein Kühltransportunternehmen aus Wiener Neudorf. "Ein Jahr bin ich mit ihm zusammen zwischen Österreich und Benelux gependelt, da habe ich sehr viel gelernt, selbst wenn es zusammen mit meinem Vater nicht immer einfach war, Tag und Nacht auf engstem Raum im Lkw unterwegs zu sein." Vollgetankt geht es jetzt weiter über das Kreuz Aachen Richtung Niederlande. Entspannt sitzt Gordon am Steuer und blickt zurück – ohne Zorn. Denn eine disponierte Tour an Heiligabend führte schließlich zum familiären Streit, Gordon stieg aus dem Duo aus und bewarb sich bei Hermanns & Kreutz auf eine Stellenanzeige in der lokalen Zeitung. "Bis dahin wusste ich nicht, dass es bei mir in der Nähe eine große Spedition gibt. Ich wurde von einem Kollegen angelernt, seither fahre ich im Liniendienst. Mein Vater arbeitet mittlerweile auch bei uns."

Unternehmen besteht seit 1990

Rund 80 eigene Lkw besitzt das erst 1990 gegründete Unternehmen heute. Die meisten Ladungen nach Deutschland hat der geschäftsführende Gesellschafter Bernd Kreutz sukzessive im nahen Belgien akquiriert und parallel ein Netz von Standorten aufgebaut. "Mein Zug fährt im Pendelverkehr. Im Prinzip teilen wir uns mit zwei Lastwagen und vier Fahrern eine Linie zwischen Belgien und Süddeutschland, genauer: Karlsfeld bei München. Eine Woche fahre ich in der Nacht, eine Woche dann die Tagschicht."

Um die Gesamtstrecke innerhalb der gesetzlichen Lenkzeiten zu bewältigen, wurde ein Treffpunkt an der A 3 bei Aschaffenburg eingerichtet. Dort steigen die Fahrer um. Beide Züge stehen frühmorgens für die jeweilige Tagestour bereit. "Ich bin eine Woche von 
21 Uhr bis etwa sechs Uhr in der Frühe unterwegs, die andere Woche dann am Tag. Mir gefällt das so und meine Freundin hat damit auch kein Problem. Wir sehen uns jeden Tag und am Wochenende bin ich immer daheim."

Geht doch: superfreundliche Lagerarbeiter

Der erste Kunde ist eine Druckerei bei Breda. Das Navigationssystem führt Gordon schnell ans Ziel. Der Kunde bekommt eine Rolle. Der Lagerarbeiter ist superfreundlich. Er holt die Rolle per Stapler schnell aus dem Heck und bietet Gordon von sich aus einen Kaffee in seinem Büro an, während er die Papiere unterschreibt. "In Holland kenne ich das gar nicht anders", so Gordon, "in Belgien hast du das aber eher selten."

Schnell geht es zurück auf die Autobahn und weiter ins weitläufige Hafengebiet von Antwerpen. In einem Logistikzentrum wird der Rest der Rollen von der Seite abgeladen. Gordon beherrscht sichtbar sein Handwerk, meldet seinen Status über die bordeigene Telematik in die Dispo und macht sich auf den Weg nach Zelzate bei Gent.

Dort ist ein Werk des multinationalen Stahlkonzerns Arcelor-Mittal. "Das ist einer unserer wichtigsten Kunden." Zwei Coils muss er laden – nach Süddeutschland für die Automobilindustrie. "Wir sind hier praktisch jeden Tag mit mehreren Zügen und haben 
im Werk sogar einen eigenen Stellplatz 
für die Trailer."

Viel los bei Arcelor-Mittal

Im Werk selbst meldet sich Gordon zunächst im Versandbüro der ersten Verladehalle an. Sechs Lkw sind vor ihm an der Reihe. "Hier ist immer viel los. Aber eigentlich geht es doch ziemlich schnell." Vor allem Fahrzeuge aus Belgien und den Niederlanden warten auf die Beladung, aber wohl auch immer öfter aus Osteuropa, wie Gordon erzählt. "Soweit ich weiß, schätzt das Stahlwerk aber unsere Zuverlässigkeit. Sonst wären wir nicht schon so lange und oft hier."

Es geht tatsächlich zügig voran. Nach einer Dreiviertelstunde kann Gordon rückwärts in die Halle fahren und setzt den Coil-Auflieger an die Rampe. Eine große Tafel weist darauf hin, dass eine korrekte Ladungssicherung unabdingbar ist. Außer Helm und Sicherheitsschuhen muss er auch eine Schutzbrille tragen. Im Auflieger nimmt er die Schienen des Joloda-Systems aus dem Boden, öffnet die Abdeckungen, legt an zwei Stellen die Mulde frei und platziert dort die Antirutschmatten. Wenig später ist bereits ein Verlader zur Stelle, holt ein rund zehn Tonnen schweres Coil aus der Halle und senkt es punktgenau in die Mulde. Gordon gurtet die Rolle nach Werksvorgaben, schiebt das Dach zu und fährt zur zweiten Halle. Auch dort dauert es nicht lange.

Gutes Betriebsklima: Chef springt ein, wenn Fahrer fehlen

Jetzt sind noch etwas über drei Stunden Lenkzeit übrig: vorbei am staugeplagten Antwerpen, Lüttich und quer durch Eupen. Am frühen Abend ist er wieder pünktlich in Monschau, wo 
es noch eine Beiladung gibt. Dort übernimmt der Kollege.

"Das Betriebsklima ist bei uns einfach klasse. Der Chef selbst springt schon mal ein, wenn ein Fahrer ausgefallen ist." Gordon mag diese Flexibilität. Ab dem Frühjahr fährt er in den Abendstunden mit seiner Freundin Nina, einer Erzieherin, gemeinsam Motorrad.
Und mit welchen einfachen Mitteln Chef Bernd Kreutz das Engagement seiner besten und zuverlässigsten Fahrer gerne belohnt, beschreibt Gordon in zwei Sätzen. "Einmal im Jahr nehme ich meine Freundin mit auf eine schöne Tour nach Marseille. Wenn es klappt, ist in Südfrankreich sogar eine Ruhezeit am Strand drin."

Fahrzeugschein

Hersteller: Scania (Zwolle)
Motorwagen: R 500 Topline V8 Euro 5 (4x2) mit Opticruise-Automatikgetriebe, Retarder, Kollisionswarner, Abstandstempomat sowie Spurassistent, On-Board-Telematik mit Navi von Qualcomm, 900-Liter-Dieseltank
Auflieger: dreiachsiger luftgefederter Coilmulden-Auflieger SCS Coil von Schmitz Cargobull mit Joloda-System für Papierrollen, Schiebeverdeck Schmitz Safety Roof, spezielles Ladungssicherungssystem sowie Lochleisten und Zurrösen. Coilmulde mit neun Meter Länge bei 13,62 Meter Gesamtlänge, Kapazität für 34 Europaletten
Zulässiges Gesamtgewicht des Zuges: 40 Tonnen mit Sondergenehmigung für
45 Tonnen bei unteilbarer Ladung
Leergewicht Motorwagen: 8.027 kg
Leergewicht Auflieger: 8.000 kg
Gesamtlänge des Zuges: 16,50 m

Fahrerkarte

Name: Gordon Fickert
Alter: 29
Wohnort: Rohren/Eifel
Familienstand: ledig
Gelernter Beruf: Lkw-Fahrer
Fahrer seit: 2007
Arbeitgeber: Hermanns & Kreutz, Monschau
Kilometerleistung: ca. 140.000 km 
im Jahr

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