Fahrbericht Volvo FH16 Kinderträume

62,5 Tonnen, 24 Meter und 750 PS lauten die Eckdaten. trans aktuell macht sich im Volvo FH16 mit einer Fuhre Holz auf den Weg vom schwedischen Göteborg Richtung Norden.

Skogens Konung, der König des Waldes – nicht weniger als die Krone der Waldarbeiter beansprucht der Volvo FH16 für sich, der im Hafen von Göteborg auf trans aktuell wartet. Zumindest verheißt das eine Aufschrift an der Dachkante des Fahrerhauses. Der Lkw ist mit 4,4 Meter Höhe und 24 Meter Länge ohne Frage eine imposante Erscheinung. Das Fahrerhaus ist in Ultramarinblau getüncht und macht den Truck in Kombination mit dem wuchtigen Wildfang vor dem Kühler, den V-förmigen Tagfahrlichtern und den vier LED-Zusatzscheinwerfern am Kabinendach zu einem echten Hingucker.

Zweitägige Tour mit dem FH16 Richtung Norden

Doch Aussehen allein reicht nicht für den hölzernen Thron der Waldarbeiter. Deshalb lädt der FH16 auf eine zweitägige Tour Richtung Norden ein, um sein Können unter Beweis zu stellen.


Der erste Rundgang ums Fahrzeug findet unter einem riesigen Verladekran am Hafenbecken statt. An diesem Kran hing der FMX, auf dem Volvo-Chef Claes Nilsson seine Ansprache für eines der Youtube-Videos von Volvo Trucks gehalten hat, erzählt Mikael Rosell, der die anstehende Tour auf dem Beifahrersitz begleiten wird. Rosell ist Testfahrer und kennt sich mit den viralen Videos bestens aus. Schließlich saß er beim wohl erfolgreichsten Internetvideos seines Unternehmens, dem Spagat von Jean Claude van Damme auf den Außenspiegeln von zwei fahrenden Lkw, bei einem der beiden FM hinterm Steuer. In den kommenden 48 Stunden wird Rosell immer wieder von den Dreharbeiten in Südspanien erzählen.

Platz nehmen, Fahrerkarte einlegen

Doch jetzt heißt es erst einmal: Platz nehmen, Fahrerkarte einlegen und dem 16,1-Liter-Motor Leben einhauchen. Ein Glück ist der FH16 mit 750 PS extrem leistungsfähig, denn beim Blick in den Rückspiegel werden dem Fahrer schnell die hohen Anforderungen an den Lkw bewusst. Auf Zugfahrzeug und Anhänger schultert der Schwede Baumstämme und einen Verladekran bis in den Toleranzbereich des technischen Gesamtgewichts und stellt insgesamt 62,5 Tonnen auf die Waage. Damit liegt der FH16 weit über der Schmerzgrenze des in Deutschland politisch gewollten. Die entscheidende Frage lautet allerdings: Gibt es technisch Grund zur Sorge?

Kein Grund zur Sorge

Schon auf den ersten Metern im Göteborger Stadtgebiet lässt sich diese Frage mit einem deutlichen Nein beantworten. Der Vortrieb des Sechszylinder-Aggregats lässt kein Ladungsgewicht in der Größenordnung 60 Tonnen vermuten. Dabei ist der Gliederzug mit 6x4-Zugfahrzeug und Vierachsanhänger wendiger als ein Sattelzug. Selbst in den teilweise engen Kreisverkehren kommt kein Rad des 24-Meter-Trucks auch nur in die Nähe des Randsteins.

Während der Fahrt gibt es Kaffee made im Volvo

Mikael Rosell schaut entspannt vom Beifahrersitz herüber. "Willst Du Kaffee?" Jetzt, kurz nach der Abfahrt? "Ich mache Dir Kaffee", grinst der Volvo-Mann und zieht eine der Schubladen unterm Bett heraus. Dann macht er sich an der dort fest installierten Kaffeemaschine zu schaffen. Währenddessen biegt der FH16 auf die Stadtautobahn in Göteborg ein. Das i-Shift-Getriebe wechselt vom elften in den zwölften Gang. Die Motordrehzahl liegt knapp unter der 1.200er Grenze, während die Tachonadel sich über die 80 hinweg bewegt.

Bei Tempo 93 wird der Tempomat herabgesetzt

Bis zur Stadtgrenze sind es nur noch wenige Kilometer. In der Kabine duftet es mittlerweile nach frisch gebrühtem Kaffee. Der Abstandsregeltempomat darf ab sofort Beschleunigung und Verzögerung übernehmen. Dabei ist die größte Stufe des Toleranzbereichs eingstellt, das bedeutet am Berg darf die Geschwindigkeit drei Kilometer pro Stunde unter 85 fallen, bergab sind es acht Kilometer pro Stunde. Ohne den Überschwinger von acht Punkten auf der Uhr in Frage zu stellen, geht es einige Kilometer außerhalb von Göteborg ins erste Gefälle. Nach einigen Metern kommt dann das Böse Erwachen. Tempo 93 steht in der Anzeige. Bei den schwedischen Preisen für Geschwindigkeitsübertretungen ist das mutig. Rosell rät den Tempomat im Gefälle um drei oder vier Kilometer pro Stunde herabzusetzen. Die maximal 425 Kilowatt starke Motorbremse VEB+ greift ein und verzögert den Lkw auf 89. Unglücklicherweise lässt sich Toleranz des Tempomats nicht in einzelnen Stufen wie beim Mercedes-Benz Actros einstellen, denn dann wäre das manuelle Herabsetzen der Geschwindigkeit überflüssig.

350 Kilometer bis zum Etappenziel

Abgesehen vom regelmäßigen Eingreifen in die Aktivitäten des Tempomaten muss der Fahrer im FH16 wenig tun. Zumal auf den schwedischen Straßen kaum Verkehr herrscht. Bis zum Etappenziel sind es insgesamt rund 350 Kilometer, die so wie im Flug vergehen. Damit der 6x4 FH16 auch zeigen kann, was in ihm steckt, hat Rosell fürs Nachtlager den Parkplatz eines Skigebiets ausgeguckt. Dorthin geht es einige hundert Höhenmeter hinauf, die der 750-PS-Motor mit seinem beeindruckenden Drehmomen von 3.550 Newtonmetern mit Bravour meistert – das letzte Stück im fünften Gang in gemächlichem Tempo. Man darf gespannt sein, wie die 62,5 Tonnen am nächsten Morgen diesen Berg wieder hinunter kommen.

Eine Nacht in der Kabine des FH16 mit Multimedia-System

Dazwischen liegt aber noch eine Nacht in der FH16-Kabine und dem landläufig als weich geltenden Bett. Rosell wird sein Nachtlager in einem nahegelegenen Hotel aufschlagen. Doch zuvor ist Zeit für einen Film. Rosell will unbedingt das Multimedia-System im Fahrzeug präsentieren. "Wenn wir Gladiator schauen, hast du das Gefühl, dass die Pfeile an dir vorbei fliegen", freut sich der tapfere Beifahrer, während er die DVD in den überm Fahrersitz verbauten Bildschirm schiebt. Und er untertreibt nicht. Auf dem Bett liegend, ist der Klang im Fahrzeug fantastisch. Rosell sitzt auf dem 90 Grad gedrehten Beifahrersitz und grinst zufrieden.

Nach rund 2,5 Stunden archaischer Kämpfe ist Schlafenszeit. Rosell verabschiedet sich aus der Dank guter Standheizung mollig warmen Kabine ins Hotel. Da Volvo überm Bett eine Bedienkonsole installiert hat, von der aus sich die meisten Fahrzeugfunktionen steuern lassen, gibt es nach dem Film keinen Grund mehr aufzustehen. Die Türen lassen sich von da aus verriegeln, die Heizung einstellen und Radio und Beleuchtung ein- und ausschalten.
Sechs Stunden später ist die Nacht vorbei. Die Geräusche der Standheizung haben das Schlafen am Abend zwar etwas hinausgezögert, dafür hat die Matratze mit mittlerem Härtegrad sich als komfortabler Untergrund erwiesen. Wer bei Lichteinfall nicht schlafen kann, der muss sich mit den durchlässigen Vorhängen anders als beispielweise im DAF etwas einfallen lassen. Wen das nicht stört, der findet im FH16 ein gemütliches Plätzchen für die Nacht.

Bei 60 Tonnen wird die Anhängerstreckbremse eingesetzt

Als der D16G-Motor seine Arbeit wieder aufgenommen hat, erklärt Rosell noch schnell einiges zur Bergabfahrt. "Wir haben eine Anhängerstreckkbremse im Lkw." Die sollte der Fahrer bei 60 Tonnen, starkem Gefälle und schlechtem Untergrund immer einsetzen. Das verhindert, dass der Anhänger das Zugfahrzeug aus der Spur schiebt. Zum Aktivieren zieht der Fahrer am Hebel für die Motorbremse und betätigt danach einen Knopf am Hebel. Die Arbeit der Streckbremse ist durch regelmäßiges Ziehen des Anhängers am Zugfahrzeug deutlich zu spüren, bringt den 62,5 Tonnen-Lkw aber wohlbehalten aus dem Skigebiet hinab zurück auf die Autobahn in Richtung Göteborg.

Stillstand wegen "Ausbremsens"

Während Rosell Kaffee kocht und das Radio in Gladiator-Lautstärke den zum Holz-Lkw passenden Song "Timber" spielt, rollt der FH16 eine Autobahnausfahrt hinauf zur Landstraße. Auf der Einfädelspur bremst ein Pkw den siebenachsigen Koloss aus. So steht der FH16 am Fuß einer achtprozentigen Steigung erst einmal still. Ein guter Moment, um die Kraft des Aggregats zu testen, also Gaspedal zum Fahrerhausboden und Gangwechsel im Auge behalten.

Auf den ersten Metern überspringt das Getriebe erst einmal zwei Gänge und schaltet vom zweiten in den fünften, kurz danach geht es direkt in den siebten. Bis zum zehnten Gang schaltet das i-Shift dann die Gänge einzeln durch. Als die Steigung abnimmt, steht der Tacho bei 60, wobei diese Höchstgeschwindigkeit nur der Kürze des Bergs geschuldet ist, denn der Motor hätte noch Luft für weitere Beschleunigung gehabt.

750 PS sind mehr als genug

Als der FH16 am Ende des Tages wieder bei Volvo Trucks in Göteborg auf den Hof rollt, bleibt die Erkenntnis, dass 750 PS mehr als genug sind auch für einen 62,5 Tonnen schweren Lkw. Die Nacht in der Kabine war abgesehen von den Geräuschen der Standheizung und dem lichtdurchlässigen Vorhang komfortabel. Und Mikael Rosell kocht den besten Kaffee in der Kabine. Alles zusammen macht den FH16 6x4 vielleicht nicht zum König des Waldes, aber sicher zu einem Top-Arbeitsgerät für Holztransporteure und einem gemütlichen Zweitwohnsitz.

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