Europa Truck Trial Favoritensiege mit Schrecksekunde

Europa Truck Trial Foto: Klaus-Peter Kessler 25 Bilder

Im südostfranzösischen Montalieu startete am Pfingstwochenende der Europa Truck Trial mit 38 Teams vor einer Riesen-Kulisse in seine 23. Saison – und mit einer Schrecksekunde.

Sonntagvormittag, kurz vor 10:30 Uhr, Sektion neun unmittelbar neben der Rettungsstation. Alexander Budde schiebt den schweren Actros rückwärts durch das Ausgangstor. Besondere Schwierigkeit: Er muss den blauen Vierachser dazu beinahe senkrecht an einer schroffen Felskante hochwuchten. Die vierte Achse verliert die Bodenhaftung, jetzt mit einem Gasstoß den Vierachser über den Kipppunkt bringen und damit eine Etage höher wieder in die Waagerechte. Als dann Achse zwei greift, reißt es das gewaltige Heck ruckartig zur Seite in Richtung des tief gestaffelt stehenden Publikums.
Die Gruppe stiebt panikartig auseinander, Menschenfallen auf den Boden. Andere verfallen in eine Art Schockstarre. Alex Budde tut das einzig Richtige, indem er das Fahrzeug an jeder weiteren Bewegung hindert.

Nur Leichtverletzte im Gelände

Er und Sozia Susanne Quappe hängen ohnehin mehr oder weniger hilflos im Fahrerhaus über der Kante fest, können nicht aussteigen. Mit dem Staub setzt sich auch schnell der Schrecken. Weitgehende Entwarnung: Kein Mensch ist wirklich stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Was so spektakulär und gefährlich aussieht, wo mit dem Schlimmsten gerechnet werden muss, fördert Prellungen und Schürfungen zutage. Ein Zuschauer wird mit dem Verdacht auf einen gebrochenen Fuß ins Krankenhaus gefahren. Auch hier am Nachmittag Entwarnung. Eine Rote-Kreuz-Helferin, die just an dieser Stelle Dienst tut, erleidet einen hefigen Schock. Puh! Glück gehabt! Alle Motorsport-Schutzengel, die nicht dienstlich zur Formel 1 in Monaco abkommandiert waren, müssen zu dieser Zeit eine Betriebsversammlung über Montalieu gehabt haben.

Ansonsten startet die S5 da, wo sie im vergangenen Jahr aufgehört hat: Sieg für Marcel Schoch und Johnny Stumpp und Platz zwei für Team Reicher. Überraschung: Das Team Sauerland schafft es mit dem behäbigen und betagten Tatra 813 aufs Treppchen.

Viele „Umfälle“

Ansonsten gibt es nur die Trial-üblichen „Umfälle“. Besonders S4-Europameister Francis Wey legt an beiden Wettbewerbstagen seinen Mercedes jeweils zum Auftakt auf die Seite, erhält von Jan und Nicola Borzym eine Lektion mit 2.000 Strafpunkten Differenz. Mit den Zweitplatzierten Ron van Gemeren / Dave Smit ist das Treppchen voll; mehr S4-Starter waren aber auch leider nicht registriert.
Ganz anders die kleine Klasse. Die S1 protzt geradezu mit einem supersatten Starterfeld von 11 (in Worten: elf!) Teams. Der Sieg wird ausgerechnet vom einzigen nicht-französischen Team aus Montalieu entführt: Sven Schulze und Susanne Köllner vom Team 4x4 Aupitz halten die geballte „Force de Frappe“ in Schach und siegen vor den Champions Manent/Cellier. 


Sieg aus „Fronkraisch“ entführt

Gut besetzt auch die Klasse S2. Die sieben Teams sind allerdings deutlich internationaler strukturiert mit Teams aus Deutschland, Österreich, Tschechien und Frankreich. An der Spitze bleibt alles unverändert. Die Meister der letzten drei Jahre, Tomas Prazak und Ondrei Vodicka, siegen souverän. Auf Rang zwei landen mit den Österreichern Lukas Offner und Walter Schlagbauer zwei, bei denen irgendwie der Knoten zu platzen scheint. Gleichzeitig fühlen sich die beiden wie im CZ-Sandwich. Denn platz drei besetzt Altmeister Bohumir Cap zusammen mit Beifahrerin Dana Hlinova.

Klare Sache auch der Favoritensieg von Udo Heidenreich (Unimog) in der Klasse S3 vor Gottfried Kelemen (Zil). Mit deutlichem Abstand dahinter Team Trial Camion 74 mit dem schweren Mercedes-Benz SK.

Trial-Gene

Sieben Prototypen am Start – wann gab es das zuletzt? Erstmals die Klassen P1 und P2 gemeinsam in einer Wertung mit „Handicap-Faktor“. Wenn das mal gut geht...
Scheint gut gegangen zu sein. Denn Proteste blieben aus. Die neue Regel mit dem Umrechnungsfaktor scheint zu funktionieren. Die P-Klasse wird deutlich durch zwei Rückkehrer belebt: Karl Vavrik, zuletzt mehrere Jahre in der S5 unterwegs, fühlt sich in seinem alten „Jolly Jumper“ nicht nur wegen der neuen Mitfahrerin Yoanna Sedlak wohl – Platz zwei für den Österreicher. Ramon Franquesa und Rafael Bea liegen am Ende nur 23 Pünktchen hinter Vavrik. Die Spanier haben in ihrer fünf Jahre dauernden Trialpause offenbar nichts verlernt.
Der Sieg bei den technischen Freistil-Trucks geht an das Team mit dem niedrigsten Altersquerschnitt (zumindest, so lange der „Alte“ nicht als zweiter Beifahrer auf dem Mittelsitz kauert!): Bei Felix und Leonie Funke erlaubt der Querschnitt eigentlich noch gar keine Fahrerlaubnis. Felix ist erst im vergangenen Jahr auf den Pilotensitz gerückt, jetzt verdrängt Schwester Leonie Papa Jürgen von dort. Äußerst erfolgreich: Die Trial-Kids haben offenbar neben dem Ural-Dreiachser auch die Trial- und Sieger-Gene vom Papa geerbt – Platz eins. Ein völlig unbefriedigendes Ergebnis für die amtierenden P1-Meister vom Team Unimog Mania ist deren sechster Platz.


Auinger hört auf


Mit dem ungewohnten vierten Platz reist Rekordsieger Sepp Auinger ins heimische Amstetten. Der Altmeister aus Österreich hat hier in Montalieu seinen Rücktritt vom Trialsport angekündigt. Da hat es fast Symbolcharakter, als sich der blaue Dreiachser-Eigenbau in der letzten Sektion auf einem Felsbrocken festrammelt und Bergehilfe benötigt. Sah irgendwie aus, als wolle Auinger sich hier ein Denkmal setzen. Die Fans verabschiedeten den Sympatikus, der, mittlerweile im 73sten Lebensjahr angekommen, eine unglaubliche Jugendlichkeit ausstrahlt, mit großem Beifall.
 
Die Auingersche Abschiedstournee geht am 7. und 8. Juni in Kitzbühel weiter. Mit den diversen neuen und reaktivierten Teams und der Mischung aus bekannten und neuen Geländen hat diese Saison die Chance, eine der attraktivsten der letzten Jahre zu werden. Montalieu jedenfalls war ein starker Auftakt. Bleibt zu hoffen, dass der Verbrauch an Schutzengeln nicht zu groß war für das restliche Trial-Jahr!

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