Ab dem 1. Januar 2015 sind 8,50 Euro beim Stundenlohn das Mindestmaß. Die Gewerkschaft Verdi feiert den Mindestlohn als Meilenstein, der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) hält ihn für eine Bedrohung.
Insgesamt 86 Prozent der Deutschen wollen ihn. Und sie bekommen ihn auch. Zum 1. Januar 2015 will die Große Koalition den gesetzlichen Mindestlohn flächendeckend in Deutschland einführen. Tarif liche Abweichungen davon sind bis Ende 2016 möglich. Spätestens zum Januar 2017 sind bei allen Beschäftigungsverhältnissen 8,50 Euro pro Stunde dann die unterste Lohngrenze. "Wir wollen: gute Arbeit für alle – sicher und gut bezahlt", heißt es dazu in der Präambel des Koalitionsvertrags.
6,6 Millionen Beschäftigte werden vom Mindestlohn profitieren
Rund 6,6 Millionen Beschäftigte werden davon profitieren. Das entspricht knapp einem Fünftel aller Erwerbstätigen in Deutschland, wie das Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen in seinem aktuellen Niedriglohn-Report zu Monatsbeginn ermittelt hat.
Auffällig sei der starke Unterschied beim Anteil der Niedrig- lohnverdiener nach Bundesländern. "Diese liegen für den Zeitraum von 2009 bis 2012 zwischen 11,6 Prozent in Hamburg und 34,9 Prozent in Thüringen", teilt das Institut mit. In die Berechnungen sind auch die Nebentätigkeiten von Schülern, Studenten und Rentnern eingeflossen. Auch für diese Gruppen soll der künftige Mindestlohn ja gelten.
Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) sowie der Arbeitgeberverband Spedition und Logistik Deutschland (ASL) warnen jedoch davor, auch die Einkommen von Azubis oder Praktikanten dem Mindestlohn zu unterwerfen. "Das wäre wirtschaftlich kontraproduktiv und würde den jungen Menschen am meisten schaden und den Einstieg in das Berufsleben erschweren", erklärt DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster gegenüber trans aktuell.
Er kritisiert ferner, dass die Bundesregierung beim Mindestlohn nicht nach Regionen oder Bundesländern differenziere. "Die Systematik eines flächendeckenden Mindestlohns ohne Beachtung regionaler Unterschiede ist falsch", urteilt Huster. ASL und DSLV befürchten einen massiven Wettbewerbsnachteil für struktur- schwache Regionen.
Verbände können einer Lohnvorgabe wenig abgewinnen
Überhaupt können die beiden Verbände einer Lohnvorgabe durch den Staat wenig abgewinnen. Sie sind überzeugt, dass der Mindestlohn den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort Deutschland schwächt. "Wir sind im Grundsatz gegen einen Eingriff der Politik in die Lohnfindung und unterstützen vielmehr die Tarifautonomie als wichtige Grundlage der sozialen Marktwirtschaft", betont Huster.
Was die einen als Fehlentscheidung ansehen, feiern die anderen als Erfolg. Für die Gewerkschaft Verdi sind 8,50 Euro pro Stunde nicht weniger als ein wirklicher Meilenstein. "Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro ist für die Logistikbranche sehr wichtig", sagt die stellvertretende Verdi-Vorsitzende und Bundes- fachbereichsleiterin für die Sparte Postdienste, Speditionen und Logistik, Andrea Kocsis gegenüber trans aktuell. "Unser Problem ist ja nicht, dass wir keine guten Tarifverträge hätten – sondern das Problem ist, dass es zu viele Unternehmen gibt, die sich der Tarifbindung entziehen." Alle abhängig Beschäftigten bekämen ab 2015 dann mindestens 8,50 Euro pro Stunde. "Ganz egal, ob sie zur sogenannten Stammbelegschaft zählen oder bei einem Subunternehmer oder bei einem Werkvertragsunternehmer arbeiten. Und es ist auch egal, ob der Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland oder im Ausland hat."
Gerade der letzte Punkt liegt der Gewerkschaft besonders am Herzen. Maßgeblich für die Bezahlung des gesetzlichen Mindestlohns sei der Arbeitsort des Beschäftigten, nicht der Sitz des Arbeitgebers. Das trägt nach Einschätzung der Gewerk- schaft eher zu mehr Fairness bei, als dass es die Position der deutschen Unternehmen schwächt. "Bezogen auf unsere Branche greift damit der gesetzliche Mindestlohn beispielsweise auch für die Kabotage oder den Subunternehmer aus Osteuropa."An diesem Punkt dürfte sich auch kein deutscher Transportunternehmer stören.