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BGL-Präsidenten Adalbert Wandt im Gespräch An die Zukunft denken

BGL-Präsident: Spediteur Wandt Foto: Rathmann

Viele Unternehmer finden weder einen geeigneten Nachfolger noch qualifizierte Mitarbeiter. Das muss sich laut dem neuen BGL-Präsidenten Adalbert Wandt ändern. Er rät seinen Kollegen, langfristiger zu denken und auszubilden.

Die Wahl zum neuen Präsidenten des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) liegt frisch hinter ihm. Jeder will gratulieren. Draußen steigt gerade der Verkehrsminister aus seiner Limousine, und in einer Stunde beginnt der traditionelle Festabend des BGL. Doch der Braunschweiger Spediteur Adalbert Wandt bewahrt trotz innerer Aufregung Ruhe und gibt trans aktuell-Redakteur Matthias Rathmann in der Lobby des Bremer Maritim-Hotels sein erstes Interview als BGL-Präsident.

trans aktuell: Herr Wandt, Glückwunsch zum neuen Amt als BGL-Präsident! Haben Sie die Nachricht Ihrer Frau schon schonend beigebracht?

Wandt: Natürlich habe ich vor Monaten schon mit meiner Frau darüber gesprochen, ob es nach 18 Jahren als BGL-Vizepräsident besser ist, das Amt aufzugeben und zu Hause zu bleiben, oder ob ich als Präsident kandidieren soll. Doch nach 39 Ehejahren kennen wir uns gut genug und haben ein sehr gutes Verhältnis, sodass wir uns gemeinsam für Variante zwei entschieden haben.

Die Familie steht voll hinter Ihnen?


Ja, das sieht man daran, dass unter den ersten Gratulanten mein Bruder und mein Neffe waren, die überraschend vor der Tür standen. Sie sind kurzerhand von Braunschweig nach Bremen gefahren, um mir zu gratulieren. Das ist ein schönes Gefühl.

Als BGL-Vize und Präsident des niedersächsischen Landesverbands GVN war Ihr Zeitbudget schon vorher recht klein. Woher nehmen Sie die zusätzliche Zeit, die sie als BGL-Präsident brauchen werden?

Die Zeit wird anders verteilt. Man muss schauen, dass man sich für das eigene Unternehmen, aber auch für Familie und Sport noch genügend Zeit bewahrt. Ich habe aber auch schon Ämter abgegeben, etwa in der Braunschweiger Bürgerstiftung.

Es ist schon ein paar Tage her, dass man Sie gefragt hat, ob Sie kandidieren möchten. Warum haben Sie Ja gesagt?

Wenn man so viele Jahre im Präsidium mitgearbeitet hat, ist man Teil der Gedanken und der Umsetzung. Ich habe mir gesagt, wenn man mich fragt, sage ich ja – weil ich mir das nach so langer Zeit im Präsidium zutraue. Ich kenne das Leben, habe die Kontakte und bin überzeugt von dem, was wir beim BGL tun.

Dann besteht für Sie auch kein Anlass, alles anders zu machen?

Ich habe unmittelbar nach meiner Wahl gesagt: Es wird relativ langweilig mit mir. Denn die Dinge, die ich tun werde, sind bekannt. Sicher wird sich aber manches in Nuancen verändern.

Langweilig, das gilt aber nicht mit Blick auf die Themen, die Sie beschäftigen, oder?

Nein. Es gibt Herausforderungen mit Blick auf die Verkehrspolitik, aber auch in Bezug auf das Gewerbe. Allen voran stehen die Zukunftsfragen. Finden wir den geeigneten Unternehmer-Nachwuchs? Und finden wir den geeigneten Mitarbeiter-Nachwuchs? Wir sind tatsächlich überaltert. Und vom Zeitgeist her ist es nicht mehr möglich, von künftigen Generationen zu verlangen, so viele Stunden am Tag wie wir zu arbeiten – in der Geschäftsführung, aber auch bei den Mitarbeitern.

Und mit Blick auf die Verkehrspolitik?

Das Problem ist, dass es zu viele Menschen in Deutschland gibt, die meinen, sie verstehen etwas von Verkehrspolitik. Da ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig. Eine weitere Baustelle ist das zielstrebige Arbeiten daran, das Image unseres Gewerbes zu verbessern. Man weiß, dass wir 81 Millionen Menschen versorgen sollen. Die Mobilität von Menschen halten alle für toll, die Mobilität von Gütern halten aber viele für überflüssig.

Sie haben den Fachkräftemangel angesprochen. Warum tut sich die Branche noch so schwer mit dem Thema Ausbildung?

Wenn wir unseren Fahrernachwuchs nur zu zehn Prozent aus der eigenen Nachwuchsarbeit rekrutieren, ist das fast schon peinlich. Diese Quote ist zu niedrig. Wir werden den Unternehmen Hilfestellung bieten müssen, das haben wir als BGL, aber auch über unsere Gewerbe-Wirtschaftsorganisationen vor. Wir werden möglicherweise Ausbildungsverbünde einrichten und überlegen, ob wir bei der Ausbilder-Eignungsverordnung die Betriebe weiter unterstützen können, damit sie in der Lage sind, nicht nur fachlich, sondern auch arbeitspädagogisch ausbilden zu dürfen. Wir müssen aber auch noch daran arbeiten, dass es genügend Berufsschulen in Deutschland gibt. Bei all diesen Punkten müssen wir im engen Dialog mit der Agentur für Arbeit sein.

Wird es unter Ihrer Regie einen Ausbildungspakt geben?

Von einem Ausbildungspakt würde ich nicht reden. Doch von mir gibt es kaum ein Manuskript, auf dem nicht ein Hinweis auf das Thema Ausbildung wäre, um meine Unternehmerkollegen zu motivieren, hier noch stärker aktiv zu werden. Unternehmer müssen wieder stärker langfristig denken, dann würde ihnen klar, dass sie mehr tun müssen.

Wer ausbildet, profitiert im Gegenzug von Mitteln aus der Maut-Harmonisierung. Doch ist es sinnvoll, wie die Förderprogramme umgesetzt werden, wenn Unternehmer am 
1. Oktober nachts um 12 beim BAG in Köln Schlange stehen müssen, um berücksichtigt zu werden?

Ich glaube, das ist nur ein kleiner Übergang. Ich würde das nicht überbewerten, so ärgerlich es im Einzelfall auch ist. Wir hatten im ersten Jahr nicht genügend Interessenten, dann hat sich alles herum gesprochen, dass sich die Mautharmonisierung lohnt. Dann kam erschwerend hinzu, dass viele Unternehmen die Spielregeln nicht eingehalten haben, weil sie zu viele Ausbildungsplätze gemeldet und damit Fördergeld gebunden haben. Jetzt haben wir in den Verbänderunden abgesprochen, dass alles effektiver läuft. Ich denke nicht, dass wir die Szenen aus dem Jahr 2012 in den nächsten Jahren erneut erleben werden.

Worauf basiert diese Hoffnung?

Jetzt ist die Vorgabe, dass der Ausbildungsvertrag innerhalb einer befristeten Zeit eingereicht werden muss. Habe ich die jungen Leute, reiche ich die Verträge ein und bekomme die Zuschüsse. Wenn ich die jungen Leute aber noch gar nicht kenne und gar nicht sagen kann, ob und wann sie kommen, blockiere ich nur unnötig Gelder und gehe künftig leer aus. Das ist eine fairere Lösung als vorher.

Von der großen Politik zurück in Ihr Unternehmen: Wird es in der Spedition Wandt für Ihre Mitarbeiter ein Sektfrühstück geben, um auf Ihre Präsidentschaft anzustoßen?

So etwas Ähnliches: Es wird entweder Gulasch mit Nudeln oder Hähnchenbrust auf Gemüse geben – aber erst am Montag, 22. Oktober. Dann haben wir nämlich gleich zwei Gründe zu feiern: Denn am 
19. Oktober habe ich ja noch Geburtstag.

Zur Person

Adalbert Wandt ist neuer Präsident des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Seit dem Jahr 1994 fungiert er dort als Vizepräsident. Seit knapp zwölf Jahren ist er auch Präsident des Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN). Zu seinen wichtigsten Anliegen zählt der Spediteur aus Braunschweig die Aus- und Weiterbildung des beruflichen Nachwuchses. Darüber hinaus engagiert sich der 64-Jährige ebenfalls ehrenamtlich unter anderem für die IHK Braunschweig sowie als Aufsichtsratsmitglied der Straßenverkehrsgenossenschaft (SVG) Niedersachsen/Sachsen-Anhalt. Im Hauptberuf lenkt der Niedersachse mit seinem Bruder Gerhard die Geschicke der mittelständischen Kraftwagenspedition Wandt.

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