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Bayernhafen-Chef Zimmermann im Interview "Stabile Situation bei den Containern"

KV-Terminal, Bayernhafen, Aschaffenburg Foto: Bayernhafen

Bayernhafen-Geschäftsführer Joachim Zimmermann spricht im Gespräch mit eurotransport.de über den Modal Split und seine Forderungen an die Politik.

Eurotransport.de: Herr Zimmermann, 2016 vermeldete Bayern­hafen einen Rückgang. Wie sieht es 2017 aus?

Zimmermann: Die Mengen im Schienengüterverkehr bleiben stabil oder gewinnen leicht dazu. Wir müssen allerdings weiter kompensieren, dass wir 2016 das zweite Halbjahr keine Rollende Landstraße im alpenquerenden Verkehr von Regensburg nach Italien hatten – 2017 läuft sie gar nicht. Wir glauben aber, dass das Thema wieder aufleben wird – zum einen im Zusammenhang mit wieder steigenden Spritpreisen, zum anderen im Zuge des Masterplans Schienengüterverkehr. Auch die Baustellensituation in Tirol und Südtirol spricht dafür, dass dieses Produkt wieder zum Einsatz kommt.

Wie läuft es bei den anderen Bereichen?

Bei den Containern ist die Situation im Moment stabil. Bei der Schifffahrt haben wir dieses Jahr bereits wieder Einschränkungen durch Niedrigwasser und die längere Eissperre am Jahresanfang. In unserer Region müssen wir zudem die Ernte abwarten, da wir einen starken Agrarsektor haben. Aber signifikante Zuwächse sind nicht zu erwarten, allenfalls ein Ergebnis wie im Vorjahr. Auch das Thema Mineralöl und Kohle wird eher weniger. Wenn die Gesellschaft den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen will, dann wird sich das auch in der Schifffahrt niederschlagen.

Das heißt, dass sich die Binnenschifffahrt langfristig von dem Segment trennen wird?

Kohle wird als Brennstoff ganz klar sukzessive weniger transportiert werden. Wir haben bei den Massengütern einen scharfen Wettbewerb zwischen Binnenschiff und Bahn. Das müsste die Bayernhafen Gruppe als Infrastrukturbetreiber nicht stören, weil beides in unseren Umschlaganlagen landet, aber natürlich sehen wir es mit Sorge, dass die Potenziale der Verkehrsverlagerung nicht so ausgenutzt werden, wie sie es könnten. Wenn immer mehr Massengüter wie Eisenerz mit der Bahn transportiert werden, parallel zu Rhein, Main und Donau, werden dadurch Bahntrassen mit Güterverkehren belegt, die fürs Binnenschiff prädestiniert sind – Bahntrassen, die dann wieder für andere, zeitkritische Verkehre fehlen. Was wir in der Logistik brauchen, ist mehr Wettbewerb der Schiene mit der Straße und eine ganzheitliche, faire Arbeitsteilung der Verkehrsträger.

Der Schienengüterverkehr kämpft allerdings mit einer weiter abnehmenden Qualität, etwa durch Baustellen ...

In die Infrastruktur wird gerade stark investiert, das ist langfristig positiv, auch wenn der Schienengüterverkehr mit den Baustellen zurechtkommen muss, damit die Qualität und Pünktlichkeit stimmt.

Welche Forderungen haben Sie?

Den Masterplan Schienengüterverkehr – auf dessen Umsetzung man gespannt sein darf – begrüßen wir grundsätzlich, er ist eine Chance, mehr Güter auf die Schiene zu bringen. Kritischer sehen wir das in der Diskussion befindliche Thema der Trassenpreisreduzierung, die den oft parallel fahrenden Verkehrsträger Binnenschiff unter Druck setzen wird. Wenn man gleichzeitig über eine Neuordnung der Schifffahrtsabgaben redet, die keine Reduzierung vorsieht, verlagert man eher von der Wasserstraße als von der Straße auf die Schiene. Unser Appell an die Politik ist ein in sich geschlossenes Konzept mit allen Verkehrsträgern zu entwickeln.  Ein Masterplan Schienengüterverkehr reicht nicht, die Binnenschifffahrt muss integriert sein.

Ganz von allein läuft es dagegen im Containerverkehr.

Das sind überwiegend Container, die von den deutschen Seehäfen Bremerhaven und Hamburg kommen. Wir haben aber auch Containerverkehre, die per Bahn aus Rotterdam kommen sowie endlich auch auf der Wasserstraße, und zwar nicht nur nach Aschaffenburg, sondern auch nach Nürnberg – damit hat sich der Main-Donau-Kanal auch für den Containerverkehr bewährt. Das sind zarte Pflänzchen, die noch am Wachsen sind. Perspektiven bieten sich aber auch woanders – etwa bei unserem wöchentlichen Zug von Nürnberg nach Chengdu in West-China.

Bayernhafen will rund 30 Millionen Euro. Was wird gebaut?

Wir schaffen die Voraussetzungen, um neue Unternehmen ansiedeln zu können, denn die Flächenknappheit greift allerorten um sich. Daher reißen wir alte Bestandsgebäude ab, um die Flächen und Grundstücke neu zuzuschneiden. Wo möglich, erweitern wir durch strategische Flächenzukäufe auch die Hafenflächen, um Platz für Logistikansiedlungen zu schaffen. Ein großer Teil der Investitionssumme bezieht sich aber auch auf Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere im Schienen- und Terminalbereich.

Welche Projekte sind das?

Wir stellen uns auf längere Züge ein, sodass unsere Hafenbahnhofsanlagen bis zu 740 Meter lange Züge abfertigen können, und das sowohl in Aschaffenburg als auch in Regensburg. Wir investieren in moderne Stellwerkstechnologien, um die Prozesse schneller und effizienter zu gestalten.

Ist da die finanzielle Unterstützung des Bundes ausreichend?

Momentan ist weniger die Dotierung der Fördertöpfe das Thema; auch wir als Bayernhafen sind bereit, eigenes Geld einzusetzen. Allerdings gibt es einen Engpass im Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Mittel sind da, aber es liegen keine baureifen Projekte vor. Nach unserem Dafürhalten ist etwa der Fördertopf für den KV ausreichend dotiert, aber das Genehmigungsprozedere sehr langwierig, weil die personelle Ausstattung der Behörden nicht gegeben ist. Da reicht der politische Wille allein nicht. Zudem haben wir aufgrund der Konjunkturlage nicht ausreichend Baukapazitäten, um Projekte zu starten – so wie im Haus- und Wohnungsbau Handwerker knapp sind, sind für die Erweiterung der Schienen-Infra­struk­tur die Gleisbauer knapp.

Müsste denn das Thema Verfahren auch hinsichtlich des Ablaufs gestrafft werden?

Auf alle Fälle. Das gilt sowohl für die Bewilligung von Förderbescheiden als auch da, wo wir mit eigenem Geld in Abhängigkeit von Behördenbescheiden unterwegs sind. Das wird juristisch immer enger gefasst, das sollte wieder transparenter werden. Ein weiteres Thema auf diesem Feld ist auch das Thema Volumen- und Schwerguttransporte.

Joachim Zimmermann, Bayernhafen-Gruppe Foto: Patrick Reinig

Zur Person

  • Seit April 2005 ist Joachim Zimmermann (50) Geschäftsführer der Gesellschaft Bayernhafen, die im Juni 2005 aus der Bayerischen Landes­hafenverwaltung (LHV) hervorging.
  • Seine berufliche Laufbahn in der Hauptverwaltung der LHV startet er nach dem Diplom 1994 in der Außenstelle Nürnberg. Nach einem Intermezzo (April 1995 bis Oktober 1996) im Referat Binnenschifffahrt, Verkehrswasserbau und Häfen des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie ging er im November 1996 zurück zur LHV.
  • Vor dem Studium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Fertigungswirtschaft und Materialfluss/Logistik absolvierte er eine Ausbildung zum Bankkaufmann.
  • Im Bundesverband öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) ist Joachim Zimmermann Mitglied des Präsidiums und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Öffentlicher Häfen an der Main-Donau-Wasserstraße, außerdem ist er im Vorstand des Deutschen Wasserstraßen- und Schifffahrtsvereins Rhein-Main-Donau und im Aufsichtsrat der Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (Behala).
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