Trotz aller gesetzlichen Regelungen sind tägliche Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden nach wie vor Usus. Wer nicht betrügt – fliegt.
Das Grundproblem der deutschen Fahrer, die eigenen Arbeitsrechte durchzusetzen, lässt sich mit einem Satz ausdrücken: "Ich bin meine eigene Gewerkschaft." Dabei gibt es kaum eine Branche, in der die Mitarbeiter eines Betriebes über so viel Falsch- oder Halbwissen verfügen wie in der Logistik. Wenn Unternehmen Fahrer suchen, versprechen sie bei der Einstellung das Blaue vom Himmel herunter. Wenn dann der Arbeitsvertrag zur Unterschrift vorliegt, ist fast alles geregelt, nur nicht der entscheidende Punkt: die tatsächliche Arbeitszeit. Sie versteckt sich oft hinter schwammigen Formulierungen. Das ist gar nicht statthaft, denn die legale Arbeitszeit ist eigentlich klar definiert. Aber da nur 20 bis 30 Prozent der Arbeitgeber in einem Verband und damit nicht tarifgebunden sind, können sie mit den Fahrern, die nicht in der Gewerkschaft sind, fast alles vereinbaren, was nicht sittenwidrig ist, also 30 Prozent unterhalb des regional gültigen Tarifs. Gibt es später – völlig überraschend – Streit, um angeblich geleistete Überstunden, muss der Fahrer vor Gericht anhand der Aufzeichnungen aus dem Digitaltacho seine faktische Arbeitszeit belegen. Und dann kommt meistens die fatale Erkenntnis: "Das habe ich gar nicht gewusst."