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Alexandra Kind "Ich bereue keinen Tag"

Foto: Herbert Schadewald

Alexandra Kind gab ihren Posten in der Verwaltung auf, um im väterlichen Logistikunternehmen LMB eine neue Herausforderung zu finden.

Maschinentransport ist Logistik für Spezialisten. "Es geht ja nicht nur darum, Aggregate von A nach B zu transportieren, sondern wir demontieren die gesamte Anlagen und stellen sie am neuen Ort wieder komplett auf", erläutert Horst Löther. Seit 1970 ist er in der Branche tätig und wagte im Oktober 1997 den Umstieg in die Selbstständigkeit – mit Löther Maschinentransport Berlin (LMB).

Zu diesem Zeitpunkt war seine 26-jährige Tochter Alexandra gerade mit ihrem zweiten Kind schwanger. Sie hatte sich nach dem Abschluss der Realschule im Bezirksamt Berlin-Spandau als Verwaltungsfach­angestellte ausbilden lassen. Doch wenige Monate nach der Lehre wechselte sie 1991 zur damaligen Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft (GroLa BG). "Alltäglicher Bürokram eben", kommentiert Alexandra Kind lächelnd. Allerdings war es auch ein sicherer Job mit guter Bezahlung. Doch fürchterlich spannend würde sie es nicht nennen wollen.

Logistik läuft nicht nach Schema F

Als Jolina 1998 geboren wurde, war Sohn Dennis vier Jahre. Um beide Kinder optimal betreuen zu können, hatte Alexandra Kind nicht nur drei Jahre Erziehungsurlaub, sondern außerdem noch sechs Jahre Sonderurlaub beantragt – und genehmigt bekommen. Doch die zweifache Mutter wollte nicht nur zu Hause sitzen. So ging sie ab 1999 mehrmals in der Woche ins väterliche Büro. "Das war spannend. Da ging nicht alles nach Schema F wie bei uns in der Verwaltung. Hier passierte etwas und es war nie der gleiche Arbeitsablauf", erinnert sie sich. "Wenn mein Vater nicht gewesen wäre, würde ich heute noch in der Verwaltung sitzen", ist sich Alexandra Kind sicher.

Buchhalterin, Disponentin und Sekretärin in einem

Firmenchef Horst Löther freute es natürlich, wenn Tochter und Enkelin aufkreuzten. Doch nicht nur aus familiären Gründen. Durch die damalige Personalsituation konnte er die gelernte Verwaltungsfachangestellte gut gebrauchen. "Es war natürlich auch interessant", erzählt Alexandra Kind. Um aber den wachsenden Anforderungen gerecht werden zu können, absolvierte sie 2003 einen Buchhalterlehrgang an der Berliner Hofmeisterschule. So war sie zunächst für einige Monate im väterlichen Unternehmen Buchhalterin, Disponentin und Sekretärin in einer Person. Ab 2004 konnte sich Alexandra Kind ausschließlich ihrer neuen Qualifikation widmen.

Seit 2006 sitzt sie in der Geschäftsführung

"2005 musste ich mich entscheiden, wie es beruflich weitergehen soll", erzählt sie. Es war nur ein ganz kurzes Zögern. Dann sagte sie endgültig dem öffentlichen Dienst Adieu und widmete sich ausschließlich der Logistikbranche. "Die Arbeit hat mich gereizt. Es war eine neue Herausforderung und es macht nach wie vor Spaß, denn es gibt viele Kundenkontakte. Das mag ich", gesteht Alexandra Kind. Seit 2006 teilt sie sich mit ihrem Vater die Geschäftsführung. Ihr gehören inzwischen 49 Prozent des Unternehmens.

Fachkundeprüfung für Güterkraftverkehr

Bereits 2013 hatte die Juniorchefin einen dreimonatigen Vorbereitungskurs absolviert, um die Fachkundeprüfung für Güterkraftverkehr bei der IHK ablegen zu können. "Doch ich hatte bisher keine Zeit dafür", bekennt die Quereinsteigerin. Nun will sie ihr Wissen in einem solchen Kurs noch einmal auffrischen, um sich spätestens im Dezember 2015 der IHK-Prüfung zu stellen. "Denn mein Vater zieht sich langsam zurück", erläutert Alexandra Kind.

"Ohne meine Tochter Alexandra und meinen Sohn Marco, der im operativen Teil des Unternehmens tätig ist, hätte ich den Betrieb vor sechs Jahren eingestellt", gesteht der 71-jährige Firmengründer. Jetzt will er zum Jahresende endgültig aussteigen. "Aber richtig loslassen wird er nicht", schmunzelt Alexandra Kind, die "ein super Verhältnis« zu ihrem Vater hat und die "tolle Zusammenarbeit mit ihm" sehr schätzt. "Es ist einfach schön", gesteht sie, "einen mit Erfahrungen immer noch dabei zu haben." So lange die Gesundheit mitspielt, wird Horst Löther diese Rolle auch weiterhin übernehmen.

"Ja, es ist ein gutes, aber auch ein schwieriges Erbe", meint Alexandra Kind nachdenklich. Doch sie freut sich auch auf die weiteren Herausforderungen. Schließlich kann sie sich auf das 16-köpfige Spezialistenteam voll verlassen. "Aber es fehlt am Nachwuchs", klagt die engagierte Logistikerin. Vor allem junge Leute, die ihre Ausbildung als Industriemechaniker, Instandhalter, Maschinenbauer, Mechatroniker oder Schlosser beendet haben, würden bei LMB mit interessanten Aufgaben konfrontiert werden.
Zwei Schlosser mit Hydraulikerfahrungen würde sie sofort einstellen. Aber alle bisherigen Bemühungen liefen stets ins Leere. "Der Begriff Transport ist einfach negativ besetzt", konstatiert Horst Löther. Maschinenlogistik würde die realistische Unternehmensthematik besser treffen, erläutert der Firmengründer. Doch damals war das Wort Logistik − mit seinem vorwiegend positiven Image − eben noch nicht so gebräuchlich.
"Es geht trotzdem weiter", sagt Alexandra Kind. Dabei denkt sie vor allem auch an ihren Sohn Dennis, der jetzt im Februar seine Lehre als ­Industriemechaniker beendet. Der 21-Jährige will später ­seinen Meister machen und liebäugelt durchaus damit, dann in die vom Opa gegründete Maschinentransportfirma einzusteigen. "Ja, ich würde ihn gern hier sehen", bekräftigt Horst Löther.

Die Juniorchefin kommt auch bei den Kunden gut an

Vor zehn Jahren traf Alexandra Kind die Entscheidung zu ihrem beruflichen Neustart. "Ich bereue keinen Tag. Im Gegenteil, ich bin sehr glücklich. Das hier ist genau das, was ich wirklich wollte und will", resümiert die Juniorchefin. Es ist spürbar, dass sie sich in
der Logistikbranche wohlfühlt. Und ihr Vater bestätigt, dass sie mit ihrer aufgeschlossenen, unkomplizierten Art auch bei den Kunden gut ankommt.

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