Mit Euro 5 regelt die Bordelektronik die Motorleistung bei leerem Adblue-Tank zurück. Euro-6-Lkw fahren ohne das Reduktionsmittel nur noch Tempo 20.
Wer ohne Adblue fährt, weil entweder der Tank leer, die Adblue-Einspritzanlage defekt ist oder aber vom Betreiber eine falsche Flüssigkeit eingefüllt wurde, muss künftig mit noch schwereren Sanktionen durch die Bordelektronik rechnen, als das noch bei Euro-5-Nutzfahrzeugen der Fall war.
Ohne Adblue geht kaum noch was
Laut Scania-Experte Örjan Aslund haben die Fahrzeughersteller zunächst einmal eskalierend gestufte Sanktionen vorgesehen. Das entspricht den Vorgaben des europäischen Gesetzgebers. Laut Heimo Schreier vom Entwicklungsdienstleister AVL List stellt die entsprechende EU-Verordnung durch ein vorgeschriebenes Fahreraufforderungssystem sicher, dass für das SCR-System nur Adblue in entsprechender Menge und Qualität verwendet wird.
Denn ist der Adblue-Tank trocken, erfüllt ein Nutzfahrzeug bei Weitem nicht mehr die Abgasnorm, sondern fährt unter Umständen als Euro-0-Fahrzeug vor. Die Reduktion von Stickoxiden (NOx) im SCR-Katalysator zu den harmlosen Substanzen Wasser und Stickstoff bleibt ohne die wässrige Harnstofflösung mit dem Handelsnamen Adblue aus.
Die augenfälligsten Folgen: Die Umwelt wird mehr belastet als erlaubt, die Mautgebühr zu niedrig berechnet. Die Sanktionen sollen sicherstellen, dass nicht aus falscher Sparsamkeit oder mit betrügerischer Absicht Adblue "vergessen" wird. Die Hersteller haben über alle Fahrzeugmarken hinweg die erforderlichen Sanktionen entsprechend implementiert.
Schon seit Euro 5 gilt, dass die Bordelektronik die Motorleistung um 25 bis 40 Prozent (je nach Fahrzeugmasse) verringert, sollte die selektive katalytische Reduktion ausbleiben. Mit 60 bis 75 Prozent – je nach Fahrzeugmasse – weniger Drehmoment geht es dann weiter bis zur nächsten Füllstation.
Das trifft den Fahrer aber nicht unvorbereitet, denn bei zehn Prozent Adblue-Füllstand aktiviert die Elektronik die Warnlampe. Für Euro-6-Fahrzeuge hat der europäische Gesetzgeber, aufbauend auf den Euro-5-Maßnahmen, eine weitere Eskalationsstufe definiert.
Kriechmodus bei Tempo 20
Wird die Warnlampe ignoriert, bleibt das Euro-6-Fahrzeug beinahe stehen, zumindest nach einer Übergangsfrist von zehn Stunden. Wer nach diesen zehn Stunden Betriebszeit laut Scania-Mann Aslund immer noch nicht reagiert, dessen Fahrzeug wird auf Tempo 20 limitiert. Dann ist der sogenannte Kriechmodus ( Creep Mode) aktiviert.
Bei Iveco heißt es, dass der Kriechmodus ab fünf Prozent Füllstand aktiviert wird. "Derart gedrosselt, kann kein Nutzfahrzeug bis zur Behebung des Fehlers mehr vernünftig betrieben werden", erklärt ein Vertreter des Fahrzeugherstellers Daimler. Dann wird auch der hartnäckigste Adblue-Ignorant schnellstmöglich das Reduktionsmittel nachfüllen und das Fahrzeug so betreiben, wie es von den Herstellern gedacht und für die Umwelt am verträglichsten ist.