Transportbranche reagiert auf Koalitionsvertrag

Reaktionen auf den Koalitionsvertrag
Branche äußert gemischte Gefühle

Kommen mit der neuen Koalition bessere Zeiten auf die Transportbranche zu? Das hat die kommende Bundesregierung vor. Mancher Verband hat nun Hoffnung – äußert aber auch Sorgen. Wo die Logistiker noch Verbesserungspotenzial bei der Politik sehen.

Container truck in ship port for business Logistics and transportation of Container Cargo ship and Cargo plane with working crane bridge in shipyard at sunrise, logistic import export and transport industry background
Foto: Adobe Stock - Travel mania

CDU, CSU und SPD haben den Koalitionsvertrag vorgestellt. Darin befinden sich zahlreiche Neuerungen, welche die Transport- und Logistikbranche betreffen. Manches lässt Branchenvertreter hoffen – andere Vorschläge sehen die Praktiker hingegen eher skeptisch. Was sich politisch ändert und wie die Verbände darauf reagieren.

Das ändert sich im Straßengüterverkehr

  • Die Autobahn GmbH soll begrenzt kreditfähig sein. Des Weiteren erhält das bundeseigene Unternehmen auch finanzielle Mittel aus den Lkw-Mauteinnahmen (Einnahmekompetenz).
  • Bei der Finanzierung der Autobahn geht es auch um den Sanierungsstau, insbesondere bei Brücken und Tunneln.
  • Mit Blick auf die Eurovignetten-Richtlinie wollen die Koalitionäre prüfen, wie Mehrfachbelastungen des Straßengüterverkehrs durch die CO₂-Bepreisung reduziert werden können.
  • Die künftige Bundesregierung will dem Lkw-Fahrermangel entgegenwirken. Eine Reform der Berufskraftfahrerqualifikation und bessere Rahmenbedingungen sollen dazu beitragen. Angedacht sind ewta gut ausgestattete Lkw-Stellplätze sowie bessere Kontrollen von Sozialstandards.
  • E-Lkw sollen auch weiterhin von der Maut befreit bleiben.

Das kommt auf den Schienengüterverkehr zu

  • Die Bundesregierung will deutlich mehr Geld in die Schiene stecken. Das gilt für Haupt- und Nebenstrecken sowie die Großknoten gleichermaßen.
  • Sanierungsvorhaben will die Politik durch einen sogenannten Eisenbahninfrastrukturfonds finanziell absichern.
  • Mit Geldern aus dem geplanten Sondervermögen sollen die Hochleistungskorridore finanziert und saniert werden.
  • Die kommende Bundesregierung plant digitale Stellwerke sowie eine flächendeckende ETCS-Ausrüstung (European Train Control System).
  • Die Koalition will eine grundlegende Bahnreform starten: Investitionen sollen in die Schieneninfrastruktur fließen und DB InfraGO soll vom DB-Konzern getrennt werden.
  • Das Trassenpreissystem soll reformiert werden.
  • Prüfung der Marktfähigkeit von DB Cargo sowie der Transformation des Einzelwagenverkehrs kombiniert mit einem Hub-System mit strategischen Partnern.
  • Zu guter Letzt will die Politik die Führungsriege der Bahn neu aufstellen: Geplant ist einPersonalwechsel im Vorstand sowie im Aufsichtsrat.

Das sind die Änderungen in der Seefracht

  • Um die Wasserstraßen, Schleuse sowie See- und Binnenhäfen soll für notwendige Investitionen eine zusätzliche Finanzierung mit Planungssicherheit gewährleistet werden.
  • Die sogenannte Nationale Hafenstrategie soll umgesetzt und die Transformation der Wasserstraßen und Häfen vorangetrieben werden.

Die Änderungen in der Luftfracht

  • Die Steuern, Gebühren und Abgaben sollen reduziert und die Erhöhung der Luftverkehrsteuer wieder zurückgenommen werden.
  • Die über das EU-Maß hinausgehende „Power to Liquid“-Quote soll wegfallen.

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) soll weg

Darüber hinaus will die Koalition das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) mit sofortiger Wirkung abschaffen. Dieses verpflichtet Unternehmen in Deutschland zur Achtung von Menschenrechten. Diese Pflichten gelten allerdings nicht nur für den eigenen Geschäftsbereich, sondern auch für das Handeln eines Vertragspartners und das Handeln weiterer Zulieferer, weshalb das Gesetz in der Kritik stand. So hatte etwa der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) schon länger darauf hingewiesen, dass allein durch die formalen Datenerhebungs-, Dokumentations- und Berichtspflichten mit mehr als 1.000 Datenpunkten zur bürokratischen Hürde für Logistikdienstleister werden.

Wer übernimmt das Bundesverkehrsministerium?

Das Bundesverkehrsministerium geht an die CDU. Als Anwärterin auf den Posten als Bundesverkehrsministerin gilt Ina Scharrenbach. Sie ist derzeit Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen.

BWVL sieht Reformwillen und mahnt zur Skepsis

Einige der Kernforderungen des BWVL seien im Koalitionsvertrag abgebildet, erklärt der Bundesverband für Eigenlogistik & Verlader. So sei die geplante (Wieder-)Einführung der Finanzierungskreisläufe ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer zielgerichteten Mittelverwendung. Auch die skizzierten Pläne zum Bürokratieabbau lassen nach Aussage des Verbands hoffen, dass diese Maßnahmen auch umgesetzt werden und sich zügig auswirken.

Pläne der Koalition sind oft nicht konkret genug

Im Detail bleiben die Koalitionäre oft zu unkonkret. So weist der BWVL darauf hin, dass bei der Sonderabschreibung für E-Fahrzeuge grundsätzlich auch Brennstoffzellen-Fahrzeuge (FCEV) zu den E-Fahrzeugen zählen. Was ist mit Kaufanreizen für E-Mobilität gemeint sei, bleibe offen (E-Bikes, Pkw oder Lkw?). Auch die Verlagerung von mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene sei ein Vorhaben, das ohne die Konkretisierung des Themas „Gleisanschluss“ und Verbesserungen im Kombinierten Verkehr im Ungefähren bleibe.

BWVL: Struktur und Priorisierung der Verkehrspläne fehlen

BWVL-Präsident Jochen Quick sieht das ganze als „ein Sammelsurium an und für sich gesehen richtigen und wichtigen Vorhaben, doch wo bleiben Strukturierung und Priorisierung?“ BWVL-Hauptgeschäftsführer Markus Olligschläger wiederum erklärt: „Trotz oder gerade weil die Erfahrungen mit dem Koalitionsvertrag der Ampelkoalition noch sehr lebendig sind, sollte man der schwarz-roten Koalition die Zweifel zum Vorteil auslegen, mit anderen Worten: Das Glas ist eher halb voll als halb leer.“

DSLV sieht gute Ansätze – und viele Baustellen

Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik vertritt eine ganz ähnliche Haltung: Mit finanziellen Entlastungen der Unternehmen, weniger Bürokratie, Investitionsanreizen und wettbewerbsfähigen Energiepreisen eien wichtige wirtschaftspolitische Prioritäten getroffen worden. Doch erst im konkreten Gesetzgebungsprozess werde sich zeigen, wie ambitioniert die zukünftige Bundesregierung tatsächlich ist.

DSLV: Alle Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt

Der Koalitionsvertrag signalisiert laut DSLV mehr Reformwillen als erwartet. Viele der zentralen Forderungen des DSLV – insbesondere in den Bereichen Infrastruktur, Dekarbonisierung, Bürokratieabbau, Digitalisierung und Fachkräftesicherung – wurden nach Verbandsaussage aufgegriffen. Alle Maßnahmen würden jedoch aber unter Finanzierungsvorbehalt stehen, wie im Vertrag ausdrücklich hervorgehoben werde. Die Absichtserklärungen müssen nun mit konkreten, verbindlichen Umsetzungsplänen und klar definierten Zeitvorgaben verknüpft werden.

DVF fordert Schnellstart für die Investitionen

Das Deutsche Verkehrsforum DVF begrüßt die die Einigung auf einen Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD. „Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren, wir brauchen einen Schnellstart in die Regierungsarbeit. Die künftige Bundesregierung setzt in ihrem Koalitionsvertrag wichtige Akzente für schnelleres Bauen von Infrastrukturen. Diese Impulse müssen jetzt mit dem Sondervermögen zusammengeführt und in Bautätigkeit umgesetzt werden. Unsere Straßen, Brücken, Schleusen und Schienen müssen wieder leistungsfähig und verlässlich werden. Das erwarten wir als Branche von der neuen Regierung, aber auch die Bürgerinnen und Bürger“, sagt DVF-Präsidiumsvorsitzender Frank Dreeke.

Allianz pro Schiene beklagt Finanzierungskreisläufe

Die Allianz pro Schiene sieht in vielerlei Hinsicht Grund zur Freude: Dass die nächste Bundesregierung sich ausdrücklich zu höheren Investitionen in das deutsche Schienennetz bekennt, einen Infraplan gesetzlich verankern will und einen Eisenbahninfrastrukturfonds für mehrjährige Planungssicherheit schaffen will, „werten wir eindeutig als gutes Zeichen“. Weniger glücklich ist der Verband allerdings darüber, dass sich die Koalitionäre für die Wiedereinführung von Finanzierungskreisläufen ausgesprochen haben. „Hier muss aus unserer Sicht nun klargestellt werden, dass bei einem Finanzierungskreislauf Straße von der Lkw-Maut lediglich die Infrastruktur-bezogenen Einnahmen wieder in die Straße fließen. Umwelt- und Klimaaufschläge sollten weiterhin auch in Schiene und Binnenschifffahrt investiert werden dürfen“, heißt es seitens der Allianz pro Schiene.

BDL fordert zusätzliche Maßnahmen für den Luftverkehr

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) zeigt sich erleichtert, dass die künftige Bundesregierung den Ernst der Lage in der Luftfahrtbranche erkannt habe. Es brauche allerdings zusätzliche Maßnahmen, um den Luftverkehr in Deutschland wieder auf die Erfolgsspur zu bringen. „Erste richtungsweisende Maßnahmen wie die Senkung der Luftverkehrsteuer reichen jedoch nicht aus. Spürbare Entlastungen sind nötig, damit Deutschland am Aufwärtsschwung des Luftverkehrsmarktes teilnimmt“, erläutert BDL-Präsident Jens Bischof. Um langfristig Luftverkehr nach Deutschland zurückzuholen, brauche es entweder eine komplette Streichung der Luftverkehrsteuer oder eine Halbierung der Steuerlast plus eine Beteiligung des Staates an den Flugsicherungskosten und der Luftsicherheitsgebühr. Erst dann werde die Luftfahrtbranche wieder wettbewerbsfähig und könne die Abwanderung von Flugzeugen aus Deutschland aufhalten.