Luksic: Das war leider nicht möglich, da die EU-Rechtsgrundlage für die zweite Anpassung erst im Frühjahr vorigen Jahres kam. Die Umsetzung braucht aber unter anderem technisch einen gewissen Vorlauf. Die Erhöhung der Mautsätze mussten wir aber aus rechtssystematischen Gründen bereits zum 1. Januar 2023 vornehmen. Basis war ein neues Wegekostengutachten. Die Maut wäre sonst angreifbar gewesen. Die nächste Anpassung zum 1. Dezember 2023 ist aufgrund der Eurovignetten-Richtlinie geboten, die eine CO2-Differenzierung vorsieht. Wir haben hier einen CO2-Preis von 200 Euro pro Tonne zugrunde gelegt.
Zum Wesen der Lkw-Maut gehört es, dass sie zum Umstieg auf alternative Verkehrsträger beziehungsweise auf CO2-freie Antriebe animieren, also eine Lenkungswirkung entfalten soll. Unser Haus hat eine neue Verkehrsprognose vorgestellt, die eine sehr starke Zunahme des Güterverkehrs um 46 Prozent bis 2051 vorhersagt.

Darauf müssen wir reagieren. Zweitens müssen wir dafür Sorge tragen, dass wir unsere Klimaziele erreichen. Aktuell verursachen Nutzfahrzeuge noch rund ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen im Verkehr. Und drittens gibt es innerhalb der Ampelregierung natürlich auch für alle nicht einfache politische Gesamtkompromisse.
Die Eurovignetten-Richtlinie hat die Kategorie „Umweltfreundlicher als EURO VI, einschließlich emissionsfreier Fahrzeuge“ eingeführt. Da Fahrzeuge, die mit Bio-LNG betrieben werden, CO2 emittieren, fallen diese Fahrzeuge nicht unter die neue Kategorie.
Nein, wir kommunizieren dazu transparent und so frühzeitig wie möglich. Aber es ist mit einem gemeinsamen Starttermin nicht zu realisieren. Der Grund: Die Ausweitung der Mautpflicht auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen ist technisch anspruchsvoll und braucht einen längeren Vorlauf als die CO2-Maut. Es müssen genügend On-Board-Units produziert und in die Fahrzeuge verbaut werden. Das wäre bis 1. Dezember nicht zu schaffen. Handwerksbetriebe sind übrigens davon ausgenommen.
Wir wollen keine Handwerker belasten, deren Haupttätigkeit nicht der Transport ist. Der Gas-Wasser-Installateur, der nur ein paar Geräte an Bord hat, führt im Gegensatz zu einem Transport- und Logistikunternehmer keinen gewerblichen Transport durch. Generell ist aber die Mautpflicht für kleinere Nutzfahrzeuge sinnvoll, denn es gibt ja eine deutliche Zunahme der kleineren Fahrzeugeinheiten. Also müssen auch sie für ihre Wegekosten und externen Kosten sowie den CO2-Ausstoß aufkommen.
Gemäß Auftrag aus dem Koalitionsvertrag haben wir uns mit dieser Frage intensiv beschäftigt und auch ein Gutachten eingeholt. Im Ergebnis ist erstens festzustellen, dass es entscheidend darauf ankommt, eine insgesamt unverhältnismäßige Anlastung von CO2-Kosten zu vermeiden. Mit der bestehenden CO2-Bepreisung über das BEHG im Zusammenspiel mit der künftigen CO2-Maut wird eine unverhältnismäßige Anlastung ausgeschlossen. Zweitens wäre der Aufwand für die Einrichtung und den temporären Betrieb eines Erstattungssystems bei genauem Hinsehen unverhältnismäßig hoch, und auch zeitlich kaum darstellbar. Vor diesem Hintergrund musste man sich für den jetzt eingeschlagenen Weg entscheiden.
2027 wird der nationale Emissionshandel in Deutschland voraussichtlich obsolet, wenn der Straßengüterverkehr dann in allen Mitgliedstaaten in das europäische Emissionshandelssystem aufgenommen werden soll.
Nach den Beschlüssen im Modernisierungspaket haben wir dauerhaft und substanziell mehr Geld für die Sanierung der Verkehrswege zur Verfügung. Das ist eine sehr gute Nachricht. Wir bekommen damit mittelfristig ein extrem gutes und leistungsfähiges Schienennetz. Davon profitiert auch die Straße, die bei einer Verlagerung von Verkehren entlastet wird. Ein großer Erfolg ist auch die beschleunigte Planung und Genehmigung für Schiene und Straße. Besonders relevant ist unserer Einschätzung nach in dem Zusammenhang der Verzicht auf die UVP-Pflicht, also die Umweltverträglichkeitsprüfung, bei Ersatzneubauten von Autobahnbrücken. Solche Erleichterungen gab es bislang nur, wenn man einen Neubau genau nach dem Vorbild der alten Brücke realisiert hat. Doch wir können heute nicht ernsthaft nach den Maßstäben der 60er-Jahre bauen.
In der Tat ist das ein guter Kompromiss der Ampel. Zum Tragen kommt das Ganze bei zwei Kategorien des Bundesverkehrswegeplans – dem vordringlichen Bedarf mit dem Zusatz Engpassbeseitigung sowie dem laufend und fest disponierten Bedarf mit dem Zusatz Engpassbeseitigung. Wie viele von diesen Vorhaben letztlich von der Beschleunigung profitieren werden, stimmen wir derzeit noch mit den betroffenen Ländern ab. Dass es entsprechenden Bedarf gibt, untermauert unsere bereits angesprochene neue Langfristprognose zur Entwicklung des Güterverkehrs. Im Moment haben wir genug Geld, aber nicht genügend baureife Projekte. Daher ist der Ansatz, Planung und Genehmigung zu beschleunigen, richtig. Und natürlich müssen wir auch die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um bei der Umsetzung von wichtigen Verkehrsprojekten noch schneller zu werden.
Brücken im Blick
- Von rund 40.000 Brücken in der Zuständigkeit der Autobahn GmbH müssen in den kommenden Jahren rund 4.000 saniert werden. Besonderes Augenmerk legt Staatssekretär Oliver Luksic auf die Brücken, die für den Güterverkehr und die Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind.
- Hier sei die beschlossene beschleunigte Planung und Genehmigung besonders wichtig. „Ohne Beschleunigung können wir nicht garantieren, dass wir die Strecken eines Tages sperren müssen. Die Brücken sind am Ende ihrer Lebensdauer angekommen“, sagt Luksic.
Zur Person
- Oliver Luksic (43) ist seit Januar 2022 Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik. Der FDP-Politiker ist als parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr für die Themen Logistik, Straße, Luftfahrt, Wasserstraße sowie Fußgänger, Radfahrer und Planungsbeschleunigung zuständig.
- Für den Saarländer ist es bereits die dritte Legislaturperiode im Bundestag. Dabei hatte er jeweils die Funktion des verkehrspolitischen Sprechers seiner Fraktion inne. Seit dem Jahr 2000 ist er Mitglied der FDP, seit 2011 Vorsitzender der FDP Saar.
- Der verheiratete zweifache Familienvater absolvierte ein Masterstudium in Paris mit Schwerpunkt Europastudien und Volkswirtschaft. Vor seiner Zeit im Bundestag sowie zwischen 2013 und 2017 war er als Unternehmensberater tätig.