Ärger über Mauthammer: Das sagt der Staatssekretär

Nach dem Ärger über den Mauthammer
Das sagt der Staatssekretär zur Mauterhöhung

Unerfreulich, aber wohl unvermeidbar: Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Oliver Luksic (FDP), äußert sich im Exklusiv-Interview mit trans aktuell über die geplante CO2-Maut.

Das sagt der Staatssekretär zur Mauterhöhung
Foto: Werner Popp
trans aktuell: Herr Staatssekretär, zu Jahresbeginn haben Sie die Lkw-Maut erhöht, der nächste Aufschlag steht schon zum 1. Dezember ins Haus – also nicht einmal ein Jahr später. Hätte sich das nicht mit einem Aufwasch machen lassen?

Luksic: Das war leider nicht möglich, da die EU-Rechtsgrundlage für die zweite Anpassung erst im Frühjahr vorigen Jahres kam. Die Umsetzung braucht aber unter anderem technisch einen gewissen Vorlauf. Die Erhöhung der Mautsätze mussten wir aber aus rechtssystematischen Gründen bereits zum 1. Januar 2023 vornehmen. Basis war ein neues Wegekostengutachten. Die Maut wäre sonst angreifbar gewesen. Die nächste Anpassung zum 1. Dezember 2023 ist aufgrund der Eurovignetten-Richtlinie geboten, die eine CO2-Differenzierung vorsieht. Wir haben hier einen CO2-Preis von 200 Euro pro Tonne zugrunde gelegt.

Das ist der weltweit höchste CO2-Preis ….

Zum Wesen der Lkw-Maut gehört es, dass sie zum Umstieg auf alternative Verkehrsträger beziehungsweise auf CO2-freie Antriebe animieren, also eine Lenkungswirkung entfalten soll. Unser Haus hat eine neue Verkehrsprognose vorgestellt, die eine sehr starke Zunahme des Güterverkehrs um 46 Prozent bis 2051 vorhersagt.

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Doppelbelastung durch CO2-Maut und CO2-Preis vermeiden - das lässt sich nicht realisieren. "Mit der bestehenden CO2-Bepreisung über das BEHG im Zusammenspiel mit der künftigen CO2-Maut wird eine unverhältnismäßige Anlastung ausgeschlossen", sagt Staatsekretär Oliver Luksic.

Darauf müssen wir reagieren. Zweitens müssen wir dafür Sorge tragen, dass wir unsere Klimaziele erreichen. Aktuell verursachen Nutzfahrzeuge noch rund ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen im Verkehr. Und drittens gibt es innerhalb der Ampelregierung natürlich auch für alle nicht einfache politische Gesamtkompromisse.

Laut Entwurf soll es eine eigene Mautklasse für Fahrzeuge besser als Euro 6 geben. Wer fällt konkret darunter – auch Lkw, die mit Bio-LNG betrieben werden?

Die Eurovignetten-Richtlinie hat die Kategorie „Umweltfreundlicher als EURO VI, einschließlich emissionsfreier Fahrzeuge“ eingeführt. Da Fahrzeuge, die mit Bio-LNG betrieben werden, CO2 emittieren, fallen diese Fahrzeuge nicht unter die neue Kategorie.

Eigentlich gibt es nicht nur einen neuen Mauttermin, sondern gleich zwei oder drei: Am 1. Dezember 2023 greift der CO2-Aufschlag, am 1. Januar 2024 läuft der Mautbonus für Gasfahrzeuge aus und am 1. Juli kommt die Mautpflicht auch für Transporter. Stiften Sie damit nicht Verwirrung?

Nein, wir kommunizieren dazu transparent und so frühzeitig wie möglich. Aber es ist mit einem gemeinsamen Starttermin nicht zu realisieren. Der Grund: Die Ausweitung der Mautpflicht auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen ist technisch anspruchsvoll und braucht einen längeren Vorlauf als die CO2-Maut. Es müssen genügend On-Board-Units produziert und in die Fahrzeuge verbaut werden. Das wäre bis 1. Dezember nicht zu schaffen. Handwerksbetriebe sind übrigens davon ausgenommen.

Warum eigentlich?

Wir wollen keine Handwerker belasten, deren Haupttätigkeit nicht der Transport ist. Der Gas-Wasser-Installateur, der nur ein paar Geräte an Bord hat, führt im Gegensatz zu einem Transport- und Logistikunternehmer keinen gewerblichen Transport durch. Generell ist aber die Mautpflicht für kleinere Nutzfahrzeuge sinnvoll, denn es gibt ja eine deutliche Zunahme der kleineren Fahrzeugeinheiten. Also müssen auch sie für ihre Wegekosten und externen Kosten sowie den CO2-Ausstoß aufkommen.

Apropos CO2-Ausstoß: Die Ampelregierung hatte der Branche im Koalitionsvertrag zugesagt, dass es keine Doppelbelastung durch einen CO2-Preis und einen CO2-Aufschlag in der Maut geben soll. Doch genau dieser Fall tritt nun ein – und es ist kein Ausgleich in Sicht. Was ist der Grund?

Gemäß Auftrag aus dem Koalitionsvertrag haben wir uns mit dieser Frage intensiv beschäftigt und auch ein Gutachten eingeholt. Im Ergebnis ist erstens festzustellen, dass es entscheidend darauf ankommt, eine insgesamt unverhältnismäßige Anlastung von CO2-Kosten zu vermeiden. Mit der bestehenden CO2-Bepreisung über das BEHG im Zusammenspiel mit der künftigen CO2-Maut wird eine unverhältnismäßige Anlastung ausgeschlossen. Zweitens wäre der Aufwand für die Einrichtung und den temporären Betrieb eines Erstattungssystems bei genauem Hinsehen unverhältnismäßig hoch, und auch zeitlich kaum darstellbar. Vor diesem Hintergrund musste man sich für den jetzt eingeschlagenen Weg entscheiden.

Das bedeutet, dass sich Transport- und Logistikunternehmen dahingehend keine Hoffnungen mehr machen dürfen?

2027 wird der nationale Emissionshandel in Deutschland voraussichtlich obsolet, wenn der Straßengüterverkehr dann in allen Mitgliedstaaten in das europäische Emissionshandelssystem aufgenommen werden soll.

Die Mautanpassung bedeutet für die öffentliche Hand einen beispiellosen Geldsegen. Sind damit alle Sorgen über eine unzureichende Finanzierung der Verkehrswege verschwunden?

Nach den Beschlüssen im Modernisierungspaket haben wir dauerhaft und substanziell mehr Geld für die Sanierung der Verkehrswege zur Verfügung. Das ist eine sehr gute Nachricht. Wir bekommen damit mittelfristig ein extrem gutes und leistungsfähiges Schienennetz. Davon profitiert auch die Straße, die bei einer Verlagerung von Verkehren entlastet wird. Ein großer Erfolg ist auch die beschleunigte Planung und Genehmigung für Schiene und Straße. Besonders relevant ist unserer Einschätzung nach in dem Zusammenhang der Verzicht auf die UVP-Pflicht, also die Umweltverträglichkeitsprüfung, bei Ersatzneubauten von Autobahnbrücken. Solche Erleichterungen gab es bislang nur, wenn man einen Neubau genau nach dem Vorbild der alten Brücke realisiert hat. Doch wir können heute nicht ernsthaft nach den Maßstäben der 60er-Jahre bauen.

Als liberalen Erfolg können Sie verbuchen, dass die beschleunigte Planung und Genehmigung auch für Autobahnabschnitte greift. Was heißt das nun konkret?

In der Tat ist das ein guter Kompromiss der Ampel. Zum Tragen kommt das Ganze bei zwei Kategorien des Bundesverkehrswegeplans – dem vordringlichen Bedarf mit dem Zusatz Engpassbeseitigung sowie dem laufend und fest disponierten Bedarf mit dem Zusatz Engpassbeseitigung. Wie viele von diesen Vorhaben letztlich von der Beschleunigung profitieren werden, stimmen wir derzeit noch mit den betroffenen Ländern ab. Dass es entsprechenden Bedarf gibt, untermauert unsere bereits angesprochene neue Langfristprognose zur Entwicklung des Güterverkehrs. Im Moment haben wir genug Geld, aber nicht genügend baureife Projekte. Daher ist der Ansatz, Planung und Genehmigung zu beschleunigen, richtig. Und natürlich müssen wir auch die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um bei der Umsetzung von wichtigen Verkehrsprojekten noch schneller zu werden.

Brücken im Blick

  • Von rund 40.000 Brücken in der Zuständigkeit der Autobahn GmbH müssen in den kommenden Jahren rund 4.000 saniert werden. Besonderes Augenmerk legt Staatssekretär Oliver Luksic auf die Brücken, die für den Güterverkehr und die Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind.
  • Hier sei die beschlossene beschleunigte Planung und Genehmigung besonders wichtig. „Ohne Beschleunigung können wir nicht garantieren, dass wir die Strecken eines Tages sperren müssen. Die Brücken sind am Ende ihrer Lebensdauer angekommen“, sagt Luksic.

Zur Person

  • Oliver Luksic (43) ist seit Januar 2022 Koordinator der Bundesregierung für Güterverkehr und Logistik. Der FDP-Politiker ist als parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr für die Themen Logistik, Straße, Luftfahrt, Wasserstraße sowie Fußgänger, Radfahrer und Planungsbeschleunigung zuständig.
  • Für den Saarländer ist es bereits die dritte Legislaturperiode im Bundestag. Dabei hatte er jeweils die Funktion des verkehrspolitischen Sprechers seiner Fraktion inne. Seit dem Jahr 2000 ist er Mitglied der FDP, seit 2011 Vorsitzender der FDP Saar.
  • Der verheiratete zweifache Familienvater absolvierte ein Masterstudium in Paris mit Schwerpunkt Europastudien und Volkswirtschaft. Vor seiner Zeit im Bundestag sowie zwischen 2013 und 2017 war er als Unternehmensberater tätig.