Nachdem es vielen mit der Elektromobilität im Nutzfahrzeug zu langsam ging, nimmt sie nun rasant an Fahrt auf. Die Lkw-Hersteller kündigten am Dienstag bei der 2. Konferenz Nutzfahrzeuge des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) ein Feuerwerk der Innovationen an.
Beispiel Volvo Trucks: „Wir werden dieses Jahr eine neue Produktpalette vorstellen und 2022 in Serie gehen“, kündigte der Geschäftsführer für die Region Zentraleuropa, Peter Ström, an. Er sprach von drei neuen Elektromodellen, ohne Details zu nennen. Gemeint sein dürften Elektrovarianten der neu aufgefrischten Baureihen FM, FMX und FH, die bereits in Schweden in Feldtests laufen. Auch bei der Fertigung von Brennstoffzellen gehe es voran, sagte Ström und wies in dem Zusammenhang auf das mit Daimler Truck betriebene Gemeinschaftsunternehmen Cellcentric hin, das zurzeit noch Flächen für den Aufbau einer Serienfertigung sucht.
Beispiel Iveco: Das Unternehmen bereitet sich auf den Start einer Serienfertigung für Elektro-Sattelzugmaschinen am Standort Ulm vor. „Ende des Jahres wollen wir starten“, sagte Iveco-Chef Gerrit Marx. Die Fertigung sei auf 3.000 Fahrzeuge ausgelegt, könne aber weiter ausgebaut werden. Marx sieht das Unternehmen voll im Plan. „Was wir 2019 angekündigt haben, haben wir ohne Verzögerungen umgesetzt.“
Bislang hat Iveco demnach 14 batterieelektrische Zugmaschinen des Typs Nikola Tre aufgebaut, die sich bis auf zwei Einheiten in der Validierung beziehungsweise in der Erprobung befinden. Zwei Fahrzeuge bleiben für Test- und Versuchszwecke in Ulm.
Die Sattelzugmaschinen sind für den US-amerikanischen Markt bestimmt. Batterien mit insgesamt 700 bis 800 kWh, wie Iveco sie einbaut, hätten drei Tonnen Mehrgewicht. „Da kommen wir hierzulande weder mit den Radständen noch mit den Wendekreisen klar“, sagte Marx und betonte zugleich: „Selbstverständlich arbeiten wir aber auch am Einsatz dieser Baumuster für Deutschland.“
Was die Vorbereitungen für den Start von Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw gemeinsam mit dem US-Partner Nikola angeht, läuft für Iveco offenbar ebenfalls alles nach Plan. „Drei Brennstoffzellen-Lkw sind in Ulm im Aufbau“, sagte Marx. Die Brennstoffzellen stammen von Bosch. Ende des Jahres sollen die Fahrzeuge ihre ersten Testkilometer in Ulm absolvieren.
Faun liefert Brennstoffzellen-Lkw an BSR aus
Beispiel Faun Umwelttechnik: Das Unternehmen hat die ersten knapp 20 Wasserstoff-Brennstoffzellen-Fahrzeuge an kommunale Betriebe ausgeliefert, wo sie in der Abfallsammlung zum Einsatz kommen. Mitte Juni gingen zwei dieser Fahrzeuge, die auf einem Mercedes-Benz Econic aufbauen, an die Berliner Stadtreinigung. Die Entsorger in Orange sind mit je einer 85 kW-Batterie und einer 30 kW-Brennstoffzelle ausgestattet. Ihre Nutzlast beläuft sich auf elf Tonnen. An Bord haben sie Tanks, die acht Kilogramm Wasserstoff fassen. Laut BSR-Fuhrparkchef Wolfgang Wüllhorst werden sie im Alltag die gleichen Anforderungen erfüllen wie ihre Diesel-Geschwister. Der Bund hat die Anschaffung mit Fördermitteln von knapp 25 Millionen Euro aus dem Sofortprogramm Saubere Luft und der Förderrichtlinie Elektromobilität des BMVI unterstützt.

Die weiteren Pläne sind ehrgeizig: „2022 rechnen wir damit, die Hunderter-Stückzahl zu überschreiten“, sagte Dr. Johannes Kirchhoff aus dem Management der Kirchhoff-Gruppe, zu der der Fahrzeugbauer Faun gehört. Bis 2026 sollen es dann bereits 12.000 wasserstoffbetriebene Nutzfahrzeuge sein, die Faun mit Partnern zusammen auf die Straße bringen will. Dabei zielt das Unternehmen nicht nur auf die Entsorgung, sondern auch auf den Speditionseinsatz ab.
Die Null-Emissions-Fahrzeuge bringen deutlich mehr auf die Waage, als ihre Kollegen aus der Diesel-Fraktion. Sie kosten auch erheblich mehr. Bei beiden Punkten sehen die Hersteller den Gesetzgeber gefordert, Anreize zu setzen, um diese Nachteile auszugleichen.
Bei den Mehrkosten ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung gemacht: Das BMVI hat ein Gesamtprogramm klimafreundliche Nutzfahrzeuge auf den Weg gebracht, das bis 2024 Fördermittel von 1,6 Milliarden Euro für den Erwerb der Lkw und fünf Milliarden Euro für den Aufbau einer Tank- und Ladeinfrastruktur (für Pkw und Nutzfahrzeuge) vorsieht. Noch allerdings liegen die Programme zur Notifizierung bei der EU-Kommission. Ursprünglich waren Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) davon ausgegangen, im Juni den Run auf die Fördertöpfe eröffnen zu können, stattdessen müssen sie sich in Geduld üben. „Ich werde mich selbst einschalten und noch einmal intensiv mit der Kommission reden“, kündigte Scheuer an.
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