Renault Trucks treibt die Dekarbonisierung seiner eigenen Lieferketten voran. Nach der bereits umgesetzten Elektrifizierung einzelner Transportstrecken geht der Nutzfahrzeughersteller nun einen Schritt weiter: Gemeinsam mit dem Transportdienstleister Malherbe hat Renault Trucks einen vollständig elektrifizierten Logistikkorridor zwischen mehreren französischen Produktionsstandorten eingerichtet. Damit werden zentrale Komponenten wie Kabinen, Motoren und Achsen nahezu emissionsfrei zwischen den Werken transportiert. Der neue Logistikkorridor verbindet die Standorte Blainville-sur-Orne in der Normandie, Bourg-en-Bresse im Osten Frankreichs sowie Lyon. Er bildet einen strategisch wichtigen Bestandteil der internen Produktionslogistik und ist strikt nach dem Just-in-Time-Prinzip organisiert. Ziel ist es, Produktionslinien ohne Unterbrechung mit exakt den benötigten Bauteilen zu versorgen, jetzt erstmals vollständig mit batterieelektrischen Lkw.
Elektrische Rundläufe für zentrale Produktionskomponenten
In Blainville-sur-Orne fertigt Renault Trucks die Fahrerkabinen seiner schweren Baureihen. Diese werden per Elektro-Lkw nach Bourg-en-Bresse transportiert, wo die Endmontage erfolgt. Im Gegenzug gelangen Motoren und Achsen aus Lyon nach Blainville-sur-Orne, wo sie in Fahrzeuge der mittleren Baureihe integriert werden. Der Transportfluss zwischen diesen Standorten zählt zu den sensibelsten internen Logistikprozessen des Herstellers. Abgewickelt wird dieser Korridor heute nahezu vollständig mit batterieelektrischen Fahrzeugen. Insgesamt kommen 22 Renault Trucks E-Tech T zum Einsatz, die in zwei Schleifen organisiert sind: elf Fahrzeuge bedienen eine nördliche Route, elf eine südliche. Die täglichen Fahrleistungen liegen dabei bei bis zu 810 Kilometern auf der Nordschleife und rund 704 Kilometern auf der Südschleife – Werte, die bislang als kritisch für den vollelektrischen Schwerlastverkehr galten.
Relais-System sichert kontinuierlichen Betrieb
Möglich wird dieser hohe Fahrzeugeinsatz durch ein konsequent durchgetaktetes Relais-System. An mehreren Knotenpunkten entlang der Strecke – unter anderem in Vironvay, Auxerre und Mâcon – werden Zugmaschinen, Trailer sowie Fahrerinnen und Fahrer gewechselt. Während die Fahrzeuge laden, übernehmen andere Einheiten nahtlos den Weitertransport. Die Ladefenster sind dabei eng mit den gesetzlichen Ruhezeiten der Fahrerinnen und Fahrer verzahnt. Malherbe hat hierfür gezielt in eigene Ladeinfrastruktur an strategischen Standorten investiert. So bleibt der Transportfluss bis zu 18 Stunden täglich stabil, ohne die Produktionsversorgung zu gefährden. Ein weiterer Nebeneffekt: Die Fahrerinnen und Fahrer bewegen sich überwiegend in einem begrenzten geografischen Radius rund um ihren Wohnort. Das steigert die Planbarkeit der Einsätze und erhöht die Attraktivität der Arbeitsbedingungen im Vergleich zu klassischen Fernverkehren.
Messbare CO₂-Einsparungen und Praxistest für E-Lkw
Mit der vollständigen Elektrifizierung dieses internen Logistikkorridors spart Renault Trucks nach eigenen Angaben jährlich rund 2.869 Tonnen CO₂ ein. Gleichzeitig dient das Projekt als realer Belastungstest für die eigene Elektro-Lkw-Flotte unter industriellen Bedingungen. Der Hersteller demonstriert damit nicht nur die technische Reife seiner E-Tech-Modelle, sondern auch deren Einsetzbarkeit in komplexen, zeitkritischen Logistikprozessen. Für die Branche liefert das Projekt ein praxisnahes Beispiel dafür, wie batterieelektrische Lkw auch im Mehrschichtbetrieb und auf längeren Distanzen integriert werden können. Vorausgesetzt, Ladeinfrastruktur, Routenplanung und operative Prozesse greifen sauber ineinander.
Malherbe baut E-Infrastruktur konsequent aus
Der Logistikpartner Malherbe treibt parallel die eigene Dekarbonisierungsstrategie voran. Das Unternehmen hat seine Flottenemissionen in den vergangenen zehn Jahren bereits um mehr als 20 Prozent reduziert und sich der Science Based Targets Initiative angeschlossen. Bis 2030 sollen die direkten Emissionen der Flotte um 42 Prozent sinken. Ein zentraler Baustein ist der Aufbau eines eigenen Ladenetzes. Bis 2026 plant Malherbe acht Ladezentren mit insgesamt 50 Ladepunkten und einer Flotte von 50 Elektro-Lkw. Allein dadurch sollen weitere 4.000 Tonnen CO₂ eingespart werden.
Fazit: Interne Logistik als Hebel der Transformation
Mit dem vollständig elektrifizierten Logistikkorridor zeigt Renault Trucks, dass die Transformation des Schwerlastverkehrs nicht erst beim Kunden beginnt, sondern bereits in der eigenen Wertschöpfungskette. Gerade interne Transporte mit festen Relationen und planbaren Abläufen erweisen sich dabei als geeignete Einstiegsfelder für den Einsatz batterieelektrischer Lkw. Für die Logistikbranche liefert das Projekt eine klare Botschaft: Elektrische Schwerlastverkehre sind nicht nur Pilotversuche, sondern lassen sich bereits heute industriell skalieren. Zumindest dann, wenn Prozesse, Technik und Infrastruktur konsequent zusammen gedacht werden.






