Was Dachser künftig antreibt: Welche 50 E-Lkw zum Einsatz kommen

Was Dachser künftig antreibt
Welche 50 E-Lkw zum Einsatz kommen

Der Logistikdienstleister Dachser will bis 2023 insgesamt 50 zusätzliche Elektro-Lkw anschaffen. Vorstandschef Burkhard Eling erläutert die Pläne mit den Stromern und die Auswirkungen auf die Infrastruktur. Worauf es dabei konkret ankommt, sagt er im Gespräch mit der Fachzeitschrift trans aktuell.

Welche 50 E-Lkw zum Einsatz kommen
Foto: Daimler Truck
trans aktuell: Herr Eling, welche Technologie treibt die Verkehre der Zukunft von Dachser an?

Eling: Ich gehe davon aus, dass Dachser den Nahverkehr der Zukunft mit rein elektrisch angetriebenen Lkw realisieren kann. Wann das sein wird, kann heute realistisch aber niemand sagen. Aktuell sind wir jedenfalls dabei, die Zahl unserer Elektro-Fahrzeuge deutlich zu erhöhen, um noch mehr Erfahrungen zu sammeln – auch, wie die Ladeinfrastruktur ausgestattet sein muss. Bis Ende 2023 wird Dachser mindestens 50 zusätzliche batterieelektrische Lkw in sein europäisches Netzwerk aufnehmen, hinzukommen 1.000 Elektro-Pkw für die Firmen- und Dienstwagenflotte, wenn es die Liefersituation zulässt.

Aktuell setzt Dachser mehr als ein Dutzend elektrisch angetriebener Fahrzeuge verschiedener Hersteller in der Stadtbelieferung ein, darunter vor allem Fuso eCanter und ein eActros aus der Serienproduktion. Bei welchen Herstellern und in welchen Ausführungen erwerben Sie die 50 weiteren Elektro-Lkw?

Hier setzen wir zum einen auf den eActros als Motorwagen mit Festaufbau, später eventuell auch als Sattelzugmaschine. Es gibt mittlerweile aber auch interessante batterieelektrische Modelle von Volvo und weiteren Herstellern, die wir zum Einsatz bringen wollen. Dazu kommen elektrisch angetriebene Fahrzeuge für den Speditionshof, die wir zum Umbrücken verwenden.

Dachser
Welcher Antrieb kommt künftig auf der Langstrecke zum Einsatz? "Vieles geht in Richtung Wasserstoff-Anwendungen, kombiniert mit Brennstoffzellen. Darin sehen wir das größte Potenzial", sagt Vorstandschef Burkhard Eling.
Mit welchem Antrieb rechnen Sie im Fernverkehr? MAN sieht den batterieelektrischen Lkw auch auf der Langstrecke im Vorteil, der industrielle Wettbewerb favorisiert Wasserstoff oder fährt zweigleisig.

Wir werden am Ende beide Technologien brauchen, abhängig von der Anwendung und der Wirtschaftlichkeit. Auf der Langstrecke geht vieles in Richtung Wasserstoff-Anwendungen, kombiniert mit Brennstoffzellen. Darin sehen wir das größte Potenzial. Dachser hat angekündigt, die Entwicklung und Erprobung von Lkw mit Wasserstoff-Brennstoffzellentechnik im Rahmen von Pilotprojekten voranzutreiben. Um Fortschritte zu erzielen, engagieren wir uns seit vorigem Jahr als Mitglied im Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband. Noch sind wir von einer Serienherstellung und einem Praxiseinsatz in der Breite aber sehr weit entfernt.

Wann kann Dachser Ihrer Ansicht nach im Nahverkehr komplett auf Diesel verzichten?

Das kann keiner beantworten. Es wäre daher nicht seriös, hier eine Jahreszahl in den Raum zu werfen. Beim rein batterieelektrischen Antrieb ist die größte Herausforderung das pure Gewicht der Batterien. Der eActros zeigt die Anstrengungen und Fortschritte auf diesem Gebiet: Beim eingesetzten Prototypen mit 18 Tonnen kamen wir auf eine Nutzlast von gerade einmal vier bis fünf Tonnen. Der Serien-eActros hat jetzt schon acht Tonnen, damit kommt er einem vergleichbaren Diesel-Fahrzeug schon sehr nahe. Sicherlich werden wir bei der Batterietechnik noch einen Innovationssprung erleben, was die Einsatzmöglichkeiten auch im Fernverkehr verbessern wird. Wir sehen den Wasserstoffantrieb trotzdem auf der Langstrecke im Vorteil.

Welche Chancen räumen Sie der Oberleitung ein?

Es gibt mehrere Teststrecken, die punktuell eine Lösung darstellen. Dachser benötigt für sein europäisches Netzwerk jedoch keine deutschen Insellösungen, sondern ein flächendeckendes Angebot für Europa. Daher kommt die Oberleitung für uns eher nicht infrage.

Wie sehr müssen Ihre Netzwerk-Standorte mit Blick auf die E-Mobilität komplett neu gedacht beziehungsweise umgeplant werden?

Die Infrastruktur muss fürs Thema E-Mobilität erheblich angepasst werden. Wir möchten den Anteil an Photovoltaik deutlich ausbauen, konkret wollen wir die Kapazität auf den Dächern der Dachser-Immobilien bis 2025 vervierfachen. Ebenso forcieren wir den Ausbau der Ladeinfrastruktur – übrigens nicht nur für Lkw, sondern auch für Mitarbeiter- und Firmen-Pkw. Es braucht dazu eine Neukonzeption des gesamten Energiemanagements, bei der auch die Staplerflotte adäquat berücksichtigt werden wird. Wir werden die Ladeinfrastruktur auch unseren Transportpartnern zur Verfügung stellen. Gleiches gilt aktuell ja schon für die Betriebstankstellen beim Diesel.

Thomas Küppers
Lastenrad auf dem Vormarsch: In immer mehr Städten baut Dachser nach dem Vorbild von Stuttgart emissionsfreie Lieferzonen auf.
Werden Ihre Standorte aufgrund des selbst gewonnenen Ökostroms eines Tages autark arbeiten können?

Nein, so viel Fläche geben die Dächer nicht her. Sie werden jedoch einen relevanten Beitrag zur Stromversorgung leisten.

Ist der Elektro-Lkw erst einmal da, wird er bei Dachser gegebenenfalls Teil eines Null-Emissions-Konzepts. Nach dem Vorbild von Stuttgart haben Sie entsprechende Zonen in weiteren belasteten Städten eingerichtet. Welche Fortschritte haben Sie 2021 konkret erzielt?

Wir sehen einen steigenden Bedarf an Zero-Emission-Lösungen. Das Feedback der Kunden ist sehr positiv. Wir installieren Mikrohubs in den Städten, die wir per Elektro-Lkw aus dem Depot beliefern. Vom Mikrohub aus geht es dann per Lastenrad zum Kunden. Das entlastet nicht nur die Umwelt, sondern auch den Innenstadtverkehr. Mittlerweile ist nach Stuttgart der Start in Freiburg, Prag, Oslo, Straßburg, Paris, Madrid und Porto erfolgt. Bis Ende 2022 sind weitere Null-Emissions-Zonen in Berlin, München sowie in Kopenhagen geplant.

In diesen Städten kommt immer auch das Lastenrad zum Einsatz. Anfangs belächelt, ist es nun aus der Distribution nicht mehr wegzudenken, oder?

Es gibt immer mehr Anbieter und Modelle, die von der Grundlogik immer aus einem ausgefeilten Pedelec-Modell mit Anhänger-Systemen bestehen. Aber klar: Wenn man sich die Gesamtmengen im Stückgutbereich anschaut, sind die Lastenräder nur ein Lösungsansatz von mehreren. Sie werden die Lkw nicht ersetzen.

Sie haben sich auch schon selbst aufs Lastenrad geschwungen – mit welchen Eindrücken?

Am Anfang war es etwas gewöhnungsbedürftig, doch dann beherrscht man das Lastenrad schnell. Eine Kipplenkung in der Mitte und zwei Motoren helfen dabei, dass sich die Anstrengung in Grenzen hält.

Zur Person

  • Burkhard Eling (50) ist seit Jahresbeginn 2021 Vorstandsvorsitzender (CEO) beim Logistikdienstleister Dachser aus Kempten.
  • 2012 trat er in das Familienunternehmen ein und war seit 2013 bis zu seiner neuen Tätigkeit Finanzvorstand (CFO).
  • Der Diplom-Wirtschaftsingenieur war jahrelang in führenden Positionen in der Baubranche tätig. Stationen absolvierte er unter anderem bei Hochtief und Philipp Holzmann.