Umstieg auf Elektro und Autonom: Einride startet in Deutschland

Umstieg auf Elektro und Autonom
Einride startet in Deutschland

EXKLUSIV: Vom Diesel- über den Elektro-Lkw zum autonomen Pod – der frühere Waberer’s-Chef Robert Ziegler über die Pläne von Einride in Europa.

Einride startet in Deutschland
Foto: Einride/Westend61

Entwicklungssprünge mit Einride: Das schwedische Technologie-Unternehmen möchte Verlader, aber auch Speditionen mit auf eine Reise nehmen, die mit hoher Geschwindigkeit vom Diesel-Lkw über den Zwischenstopp Elektro-Lkw mit Fahrer zum Ziel autonome Elektro-Lkw führt. Für diese Reise rüstet Einride interessierte Verlader mit allem erforderlichen Gepäck aus – seien es Trucks, Ladesäulen, IT-Tools zum Steuern aller Aktivitäten. Selbst die allseits begehrten, weil knappen Fahrer möchte das Unternehmen beisteuern.

Der Verantwortliche für das Geschäft in Europa heißt Robert Ziegler und ist in der Branche kein Unbekannter: Der Unternehmensberater lenkte zwei Jahre lang die Geschicke des ungarischen Großflottenbetreibers Waberer’s, davor war er in verantwortlichen Funktionen bei DHL Freight, zuletzt als Vorstandschef für Benelux und Großbritannien. Seine Motivation, sich der neuen Herausforderung zu stellen, beschreibt er im Gespräch mit der Fachzeitschrift trans aktuell wie folgt: „Verlader haben mich immer wieder gedrängt, nachhaltige Lösungen anzubieten.“ Doch bei einer klassischen Spedition seien die Möglichkeiten beschränkt – Fahrerschulungen hier, Aerodynamik oder Leichtlaufreifen dort. „Das bringt alles nur ein paar Prozentpunkte, ist aber keine wirklich nachhaltige Lösung“, sagt der Manager. Das habe ihn immer schon gefuchst. Bei Einride habe er nun ganz andere Hebel für eine klimafreundliche Logistik. „Das ist genau das, worauf ich mein Leben lang hingearbeitet habe.“

Einride
Einride Europa-Chef Ziegler: Wir lösen alle Ängste auf, die Verlader vor dem Elektro-Thema haben.

In seinem Heimatland sieht der Manager besonders große Potenziale. „Deutschland ist schließlich der größte Verladermarkt, und wir sind Export- und Logistikweltmeister“, sagt der 53-Jährige. Das sei eine gute Ausgangsbasis. Es sei das strategische Ziel, hier Fuß zu fassen und mit potenziellen Kunden sei man im Gespräch. Einer der ersten namhaften Auftraggeber hierzulande ist der Haushaltsgerätehersteller Electrolux. In Nordeuropa oder den USA arbeitet Einride zum Beispiel schon mit Lebensmittelhändlern wie Lidl und Oatly oder der Reederei Maersk zusammen, wie Ziegler berichtet.

Was Einride diesen Kunden bietet beziehungsweise wie sich Einride von Logistikdienstleistern unterscheidet? „Wir lösen alle Ängste auf, die Verlader vor dem Elektro-Thema haben“, sagt der General Manager für Europa. „Wir beschaffen die Fahrzeuge, die Ladeinfrastruktur und die digitale Infrastruktur, um die Transporte zu steuern und zu überwachen.“ Der Kunde bezahlt dafür eine individuelle Pauschale. Und er bindet sich langfristig an Einride. „Weil wir sehr hohe Investitionen tätigen, streben wir eine Bindung in der Regel über fünf Jahre an“, erklärt Ziegler. Die Vertragsmodalitäten ließen sich während der Laufzeit anpassen – schließlich können sich der Transportbedarf, die Routen oder andere Parameter ändern. Und inwiefern ist das Ganze für Einride ein Business Case? „In der Regel sind unsere Aufträge ab dem zweiten Jahr wirtschaftlich“, sagt der gelernte Kaufmann.

Bewerbungen von Frauen für den Fahrerberuf

Dabei hat Einride nicht nur den Anspruch, das Equipment zu stellen, sondern organisiert die Transporte auch – vergleichbar mit dem Geschäft einer Spedition, das Ziegler ja von seinen vorherigen Stationen her kennt. „Einride führt die Operations durch“, sagt er – plant also die täglichen Transporte und habe dafür alle Voraussetzungen und die notwendigen lokalen Transportlizenzen. Hier arbeitet Einride mit Speditionen zusammen, die dem Anbieter auch die Fahrer stellten. Einride rekrutiere aber auch selbst Fahrer – wobei der Europa-Chef sich über einen Umstand besonders freut: „Wir bekommen viel mehr Bewerbungen von Frauen“, sagt er und erklärt sich das damit, dass Einride batterieelektrische Fahrzeuge einsetze – „die keinen Krach oder Gestank verursachen und angenehmer zu fahren sind“.

An Fahrzeugen, um die Verladerwünsche zu bedienen, mangelt es dem schwedischen Unternehmen, das seine Geschäfte in Deutschland von einer neuen Niederlassung in Berlin aus steuert, offenbar nicht: „Unsere Flotte ist hoch dreistellig“, berichtet Ziegler. Nächstes Jahr solle sie vierstellig werden, im Endausbau wahrscheinlich fünfstellig. Sollte das der Fall sein, wäre Einride der größte Flottenbetreiber Europas. Einride setzt ausschließlich auf Elektro-Lkw, die von unterschiedlichen Herstellern kommen – ob von Daimler, Scania oder dem chinesischen Anbieter BYD, bei dem Einride 200 Elektro-Lkw für den Einsatz in Nordamerika bestellt hat. Bei Scania orderte Einride 110 Elektro-Lkw, bei Daimler 120 eActros.

Zum Einsatz kommen aber auch Trucks aus eigener Fertigung – die dann keinen Fahrer mehr an Bord haben, doch dieser Fall tritt erst in der Endstufe auf, wenn der Boden für das autonome Fahren bereitet ist, alle Tests und Genehmigungen vorliegen. Das Unternehmen hat dafür seinen futuristischen Verteiler-Lkw Einride Pod entwickelt, bei dem es sich im Wesentlichen um eine rollende Ladeeinheit handelt. Eine zweistellige Zahl dieser Fahrzeuge haben die Einride-Mitarbeiter nach eigenen Angaben in ihrer Montagehalle in Göteborg schon gebaut – in unterschiedlichen Größen und Ausführungen.

Ein vor drei Jahren für DB Schenker in Schweden eingesetztes Fahrzeug war noch mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs. Die Nachfolger können problemlos, je nach Anwendungsszenario, auf mehr als 80 km/h beschleunigen, wie Social Media-Videos von Fahrten auf der britischen Top Gear-Teststrecke zeigen. „Wir sind hier längst über prototypische Anwendungen hinaus“, erzählt Robert Ziegler. Einride will daher die nächste Stufe zünden und sucht beim autonomen Fahren nach Partnern für eine kommerzielle Umsetzung – nicht erst 2025, sondern schon heute, wie Ziegler hervorhebt. „Wenn wir interessierte Verlader gefunden haben und die weiteren Parameter passen, kümmern wir uns um die Genehmigungen.“

Ihre Vorteile mit Digitalabo
  • Zugang zu allen Webseiteninhalten
  • Kostenloser PDF-Download der Ausgaben
  • Preisvorteil für Schulungen und im Shop

Sie haben bereits ein Digitalabo? Hier einloggen.

DEKRA Mitglieder0,00 Euro*

* Sie sind DEKRA-Mitglied? Dann loggen Sie sich ein und ergänzen ggf. in Ihrem Profil Ihre DEKRA-Mitglieds-Nummer.

Mitgliedsnummer ergänzen
Digitalabo
ab
1,88 Euro*pro Monat

* Jahrespreis 22,65 Euro, Preis für FERNFAHRER Flexabo Digital in Deutschland,flexible Laufzeit, jederzeit kündbar.

Weiter zum Kauf