Standort und Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktoren

trans aktuell-Symposium
Standort und Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktoren

Thema Logistikimmobilien beim trans aktuell-Symposium – die richtige Standortwahl und Energieautarkie bestimmen die Zukunftsfähigkeit.

Immobilie Walsrode Kellergroup
Foto: Kellergroup

Mehr als vier Wände und ein Dach: Die richtige Logistikimmobilie am richtigen Standort entscheidet über die Zukunftsfähigkeit in der Logistik. Experten berichteten beim trans aktuell-Symposium bei der Kellergroup über Standortfaktoren, Trends und die Umsetzung von Nachhaltigkeitsansätzen.

Jones Lang LaSalle: Es wird zuwenig gebaut

Tiefgehende Kenntnisse vom Immobilienmarkt hat das Gewerbeimmobilien- und Investmentmanagementunternehmen Jones Lang LaSalle, das über eine eigene Rechercheabteilung zum Markt verfügt. Sebastian Bögel, Senior Team Leader Industrial & Logistics Agency Region South, berichtete von den aktuellen Entwicklungen, vor allem in den "Big Five"-Regionen, also Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt und München. Demnach wirkt sich das geringe Wirtschaftswachstum 2024 direkt auf die Immobilienlage aus, der Umsatz von Bestandsimmobilien und der Umsatz von Neubauten sowie Projektentwicklungen sind demnach nahezu ähnlich, der Umsatz der Neuflächenentwicklung ist aktuell rückläufig. Das Problem sei, dass sich der Markt in Richtung einer steigenden Nachfrage bewege, aber zu wenig gebaut werde. Die Trends im Immobilienmarkt weisen laut Bögel weiter in Richtung E-Commerce und, über TikTok gesteuert, Mobiler Commerce. Auch der Automotive-Sektor hat Bedarf, weil die Hersteller für die nächsten 25 Jahre für zwei Antriebstechniken Ersatzteile vorhalten müssen. Steigenden Bedarf macht der Experte zudem in der Pharmabranche aus, die nach zurückliegenden Lieferengpässen etwa auf größere Bevorratung in Deutschland setze. Mit Fokus auf Autarkie und Verteidigung steige auch die Nachfrage in Europa nach Rechenzentren sowie Dienstleistungen für Rüstungsprojekte. Und im Rahmen der zunehmenden Automatisierung und des Themas ESG kommen neue Anforderungen auf die Logistikimmobilien hinzu. Mit Blick auf den Markt, beispielsweise in der Region Stuttgart, sieht Bögel daher ein Minusangebot an Lagerflächen – dem Trend von anderen Regionen folgend seien auch die Spitzenmieten in Stuttgart in den vergangenen Jahren gestiegen. "Eine Durchschnittsmiete von 8,75 Euro pro Quadratmeter muss man erst mal erwirtschaften", sagt Bögel.

Bestehende Flächen nutzen

Wie sich trotzdem neue Kapazitäten schaffen lassen, zeigte der Experte von Jones Lang LaSalle am Beispiel der Transformation einer bestehenden Fläche auf. Der Klingel-Versand operierte bis Ende 2023 in Pforzheim, in einem von 1978 bis 1995 schrittweise erbauten Komplex mit insgesamt 170.000 Quadratemetern auf acht Ebenen. Der Projektentwickler Prologis entwickele dort eine Anlage mit einer Gesamtmietfläche von 61.000 Quadratmetern und 60 Rampentoren. Der Vorteil: Es entsteht keine neue Flächenversiegelung, es ist kein aufwendiges B-Plan-Verfahren notwendig, Erschließungsmaßnahmen sind vorhanden und Arbeitsplätze in der Region werden erhalten. Die Lösung der Zukunft sind daher laut Bögel etwa Fabriken und Flächen, die jetzt noch eine andere Nutzung haben, aber bald einen Standort für Zukunftsinvestitionen anbieten. Hier bietet sich laut Bögel auch die Miete an, die vor allem durch ihre Flexibilität besteche. Sieben bis zehn Jahre seien als Mietlaufzeit am besten. Kontraktlogistiker können von der Entwicklung profitieren: "Contract is king – wer dann einen Dienstleistungsvertrag hat, hat auch die besten Aussichten, so einen Standort zu bekommen", so Bögel.

Warum Logistiker gerade im Südwesten bei der Immobiliensuche ein Problem haben, erklärte Thomas Kiwitt, Leitender Technischer Direktor beim Verband Region Stuttgart, in seinem Vortrag. Der Verband ist etwa für die Regionalplanung und die regionale Wirtschaftsförderung zuständig. Laut Kiwitt hat die Region Stuttgart eine Wirtschaftskraft, die größer als in zehn von 16 Bundesländern ist, und biete mehr Industrie und mehr Arbeitsplätze als das Ruhrgebiet.

Wenig geeignete Angebote für Logistik im Raum Stuttgart

Was die Flächenbereitstellung laut dem Fachmann in der Region nicht eben erleichtere, denn Industrie und Logistik haben einen besonderen Flächenbedarf etwa hinsichtlich Größe und Verkehrsanbindung. Dem stehen relativ wenig geeignete Flächen in Region gegenüber, die zudem in den kommenden Jahren auch einen Strukturwandel – insbesondere durch den Umbruch in der Automotivindustrie – erwarte. Gesucht werden daher laut Kiwitt für die Übergangszeit besondere Flächenangebote sowie auch Standorte für Zukunftsinvestitionen. Notwendig seien aber auch die Flächen für Lagerhaltung und Logistik, gerade im Hinblick auf das Thema Lieferketten und Resilienz, aber auch, um den Schwerverkehr zu reduzieren. Eine weitere Herausforderung sind dabei der Ausbau erneuerbarer Energien und die Rolle der Landwirtschaft in der fruchtbaren Region, die Ernährungssicherheit garantieren soll. "Dadurch wird die Flächenkonkurrenz in einem sowie sehr dynamischen Verdichtungsraum außerordentlich hoch", sagte Kiwitt.

Laut dem Planer ist aber die richtige Standortwahl auch eine Voraussetzung für die nachhaltige Entwicklung der Region. Wenn Wohnen und Arbeit nah zusammenliegen, werde die Infrastruktur geschont und es entstehen weniger Emissionen. Das gelte auch für Logistikstandorte. Deshalb sei die Bedarfsdeckung am richtigen Standort wichtig. Für die Regionalplanung im Raum Stuttgart bedeute dies etwa, Baulücken zuerst in Betracht zu ziehen, Gewerbeflächen passend zur Nachfrage und zur Wirtschaftsstruktur zu schaffen, nach der Umweltprüfung und der Öffentlichkeitsbeteiligung die politische Entscheidungsfindung und dann die Festlegung im Regionalplan zu erreichen.

1.000 Hektar sind in verschiedenen Bereichen vorbereitet

Von der Standortsuche bis zur Baureife, so musste Kiwitt feststellen, vergehen aber wegen der Bearbeitung auf drei Planungsebenen – Regionalplan, Flächennutzungsplan und Bebauungsplan – mitunter Jahre, insbesondere, wenn sich gerade kleinere Gemeinden mit sehr großen Projekten konfrontiert sehen. Die Region habe aber ihre Hausaufgaben gemacht. Immerhin 1.000 Hektar sind in verschiedenen Bereichen planerisch vorbereitet – aber eben nicht in der Kategorie "sehr groß", also größer als 20 Hektar. Baurecht schaffen könnten nur die Gemeinden, die aber politisch an den Willen der Bürger gebunden sind, die sich wiederum oft gegen jedwede Bebauung wehren. In diesen Fällen biete der Verband Unterstützung und Überzeugungshilfe, etwa bei der Öffentlichkeitsarbeit, durch Förderprogramme oder Beratung oder durch eine Beteiligung an Erschließungs- und Planungskosten. Denn ohne funktionierende Mobilität und Logistik, so der Verbandsvertreter, gebe es weite Wege für Personen und Güter, mehr Verkehrsbelastung, aber keine Nachhaltigkeit.

Der richtige Standort, ausreichend Fläche – das genügt in Zukunft nicht. Auch Themen wie ESG müssen bei Logistikimmobilien berücksichtigt werden. Dazu gehört auch die Frage der Eigenstromerzeugung durch PV-Anlagen. Dass hier noch viel Luft nach oben ist, zeigt eine aktuelle Studie des Arbeitskreis Logistikimmobilien in der Bundesvereinigung Logistik, die vom Fraunhofer IIS aus Nürnberg erstellt wurde. Darüber berichtete Uwe Veres-Homm, stellvertretender Leiter Risiko- und Standortanalyse beim Fraunhofer ISS in Nürnberg.

KI wertet Satellitenbilder aus

Mittels Künstliche Intelligenz (KI) kann das Institut etwa Satellitenbildauswertungen auch speziell zum Thema Logistikimmobilien erstellen. Dazu wurde die Online-Reasearch-Plattform L.Immo-Online des Fraunhofer IIS weiterentwickelt. Dazu werden alle Objekte in gewerblicher Bodennutzung ab 2.000 Quadratmeter gescannt und die Gebäudeumrisse ausgestanzt. Die entsprechend trainierten neurale Netze können dann Logistik- von anderen Gewerbeimmobilien unterscheiden. Die Ergebnisse werden überprüft und mit vorhandenen Objektdaten ergänzt. Für die BVL-Studie zu den Potenzialen für Photovoltaik-Anlage auf Logistik-Hallendächer wurden laut Veres-Homm insgesamt 120.000 Objekte in Deutschland gescannt. Das Ergebnis: Es gibt große, noch nicht genutzte Potenziale. Viele Logistikgebäude mit PV-Anlagen gibt es demnach insbesondere im sonnenreicheren Südwesten Deutschlands. Bei großen Gebäudeflächen (40.001 bis 50.000) war der PV-Anteil mit 36 Prozent am höchsten. Gemessen an der großen Anzahl der Gebäude in den kleineren Größenklassen ist der Anteil mit bereits installierter PV-Anlage hier noch relativ gering, sagte Veres-Homm. Und auch insgesamt sind nur rund 20 Prozent der Gebäude mit PV-Anlagen ausgestattet, 80 Prozent der Dachflächen also frei.

Einige Faktoren sind dabei wichtig: PV-Anlagen sind demnach mehr bei Eigennutzung vorhanden, weniger bei einer vermieteten Immobilie; und manchmal verzichten Unternehmen auf eine Installation, weil es sich mit dem Geschäftszweck am Standort überkreuzt, sagte der Experte. Dennoch sollte das Potenzial besser genutzt werden, insbesondere bei neuen und eigennutzten Standorten. Und auch bei älteren Bestandsgebäuden sieht Veres-Homm Möglichkeiten, auch durch neue Angebote wie Solarfolien, die ein Dach viel weniger statisch belasten.

Der Einsatz von Ökostrom und eigene Photovoltaikanlagen sind hingegen fester Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie bei Seifert Logistics. Umgesetzt wird dies und die nachhaltige Bauweise auch bei allen eigeninvestierten Neubauprojekten, wie der Ulmer Zentrale, die 2022 in Betrieb genommen wurde. Die direkte Auffahrt zur Autobahn A8 etwa spare im Vergleich zur alten Firmenzentrale im Industriegebiet Donautal pro Auffahrt 87 Prozent Emissionen ein, sagte Volker Pfeiffer, Leiter Real Estate bei dem Logistikdienstleister (mehr zu der Anlage siehe Kasten) Nachhaltiges Wirtschaften rechnet sich, betonte er: Ein CO2-neutraler Fußabdruck und der rücksichtsvolle Umgang mit Ressourcen erfülle Kundenanforderungen und gesetzliche Anforderungen. Wer ökologische und soziale Verantwortung zeige, erfülle die gesellschaftlichen Anforderungen. "Dazu gehört auch, dass wir bei Neubauten unsere Verkehrskonzepte dem Gemeinderat vorlegen und die Zahl der An- und Abfahrten der Lkw pro Tag durch Kameras und Kenneichenerfassung dokumentieren können. Auch ein Mobilitätskonzept für die Arbeitswege der Mitarbeiter gehört dazu", berichtetet Pfeiffer. Pfeiffer setzt darauf, bereits im Vorfeld mit den Planungsämtern und allen betroffenen städtischen Ressorts möglichst viel abzustimmen und nicht erst im eigentlichen Genehmigungsverfahren, um einen bauplanfähigen B-Plan zu bekommen – im Falle des Neubaus in Ulm dauerten die Vorplanungen drei Jahre.

Seifert Logistics: Energieautarkie an großen Standorten

Besonderes Augenmerkt braucht laut Pfeiffer künftig das Thema Energie und Strom, nicht nur wegen der E-Mobilität. "Der wichtigste Punkt ist aus unserer Sicht die Energieautarkie, das hat auch der Stromausfall in Spanien gezeigt. Wichtig sind etwa auch Netzersatzgeräte und Netzwerksatzanlagen", berichtete der Immobilienprofi. "Um unsere Serverarchitektur in Ulm gegebenenfalls mit Strom zu versorgen, haben wir zwei Tanks mit jeweils 1.200 Liter Kraftstoff parat." Denn bei zunehmender Cyberkriminalität komme es auch für Logistiker auf eine verlässliche Energieversorgung oder sogar Energieautarkie an, zumindest an den großen Standorten. Pfeiffer spricht sich daher auch für das Thema Wasserstoff aus – Stromüberschuss aus der PV-Anlage könne für einen Elektrolyseur für die Wasserstoffproduktion verwendet werden, eine Investition, die zudem vom Bund gefördert werde. Das E-Mobilitätskonzept von Unternehmen ist auch im Fokus von Sebastian Ewert, Managing Director des Anbieters Lichtblick. Denn schon in zwei Jahren wird im Güterverkehr nach seiner Ansicht der Break Even Point erreicht, also batterieelektrische Fahrzeuge günstiger als Diesel-Lkw sein. Dann wird es für Transport- und Logistikstandorte unerlässlich, Ladeinfrastruktur bereitzustellen. Kaufen oder besser leasen? Lichtblick etwa bietet "Charging as a service". Voraussetzung beim Unternehmen ist ein Mittelspannungstransformator. Lichtblick übernimmt dann die Installation von DC-Ladestationen für die E-Lkw im Fuhrpark, bei begrenztem Platzangebot sogar mit platzsparendem Kragarm. Der Vorteil: Unternehmen brauchen keine Eigeninvestition und auch Betriebskosten entstehen laut Lichtblick nicht. Lichtblick bietet darüber hinaus für Geschäftskunden Gewerbestrom sowie Strom zu Spotmarktpreisen. "Wir nutzen den PV-Strom-Überschuss am Samstag und Sonntag – damit lässt sich die Montagstour nahezu ohne Energiekosten fahren".

Lichtblick übernimmt Invest in Ladeinfrastruktur und das Lastmanagement

Auch das Lastmanagement übernimmt Lichtblick. Denn laut Ewert muss beim Depotladen nicht alles auf das Megawattladen bis drei Megawatt (MCS) gesetzt werden. Höher schneller weiter – MCS-Laden mache an der Autobahn mit vielen Lkw, aber eigentlich eher im Schiffsbereich Sinn. Im Depot bietet sich laut Ewert daher auch das CCS-Laden bis 400 kW Leistung an. Wer seinen Lkw mit 20 Prozent Akkulaufzeit zehn Stunden über Nacht im Depot lädt, dem reichen sogar 100 kW. 50 kW, 150 kW oder 400 kW – hier setzt das Lastmanagement ein, dass Spitzenlasten vermeidet und die Ladevorgänge so optimiert, dass jeder Lkw richtig geladen wird. "Bei Pendelstrecken sind eher 150 kW, beim Laden während des Be- und Entladens 350 kW ideal", sagt Ewert. Lkw mit unterschiedlichen Einsatzprofilen kommen unterschiedlich voll an und müssen daher nicht alle gleich geladen werden. Je nach Fahrstrecke reicht daher bei vielen Depots auch ein Mittelspannungsanschluss, um eigene E-Lkw mit einigen hundert kW zu laden. Laut Ewing helfen eigene PV-Anlagen und ein Batteriestrom zudem, die Gesamtkosten zu reduzieren, zumal die Kosten für Batteriespeicher zunehmend "im Sinkflug" seien, so dass bald schon 10 Cent pro Kilowattstunde möglich seien- während ein E-Lkw bald nur noch 0,5 Kilowattstunde pro Kilometer verbrauche.