Saubere Textillogistik: 6 Null-Emissions-Lkw bei Mewa

Saubere Textillogistik
6 Null-Emissions-Lkw bei Mewa

Der Kaufpreis ist nicht alles. Der Textildienstleister Mewa achtet bei der Lkw-Beschaffung auf die CO2-Bilanz. Kay Simon, Leiter Mobilität und Strategie, über die geplanten Investitionen. Welche sechs Null-Emissions-Lkw Mewa dieses Jahr beschaffen möchte, erzählt er gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell.

6 Null-Emissions-Lkw bei Mewa
Foto: Mewa
trans aktuell: Herr Simon, vor wenigen Wochen feierten Sie eine viel beachtete Premiere. Als erstes Unternehmen setzen Sie einen Hyundai Xcient mit Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb auch in Deutschland ein. Wie schlägt er sich bisher?

Simon: Bisher sind wir sehr zufrieden. Seit Anfang Juli fährt er im Rundlauf von Wynau in der Schweiz nach Meißenheim an der deutsch-französischen Grenze. Was die Wasserstoff-Versorgung angeht, sind wir relativ entspannt. Den Wasserstoff für den 310 Kilometer langen Rundlauf tanken wir in Frenkendorf bei Basel. Mit den mitgeführten 33 bis 35 Kilogramm Wasserstoff kommen wir pro Tour gut zurecht, da wäre sogar noch eine Reserve drin.

Mit dem Fahrzeugmodell haben Sie ja schon Erfahrung. Einen ersten Hyundai Xcient nahmen Sie vor rund einem Jahr für Transporte innerhalb der Schweiz in Betrieb. Wie fällt die Zwischenbilanz aus?

Das Fahrzeug ist auffällig unauffällig und macht keinerlei Schwierigkeiten. Klar war es auch mal in der Werkstatt – aber mit den typischen Themen, die jeder andere Lkw sonst auch hat und die nichts mit dem Antrieb zu tun haben.

Mewa
Kay Simon, Leiter Mobilität und Strategie: Mewa ist nicht auf Wasserstoff fixiert, daher schauen wir uns auch die batterieelektrischen Fahrzeuge an.

Einmal hat die Hebebühne gestreikt, ein anderes Mal musste ein Parkschaden ausgebessert werden, weil jemand gegen das Fahrzeug gefahren ist. Mit der Wasserstoff-Technologie, der Brennstoffzelle und der Betankung haben wir überhaupt keine Schwierigkeiten. Wie das Fahrzeug in Deutschland, hat auch das in der Schweiz sein festes Tourengebiet im Großraum Zürich. Eine Besonderheit ist, dass unser Hyundai Xcient den dortigen Flughafen anfahren darf – als einziger Lkw mit dieser Technologie ist er als Zulieferfahrzeug legitimiert.

Die Schweiz ist uns insofern aber voraus, als dass es dort schon ein nahezu flächendeckendes Netz an Wasserstofftankstellen gibt. Wie stellt sich das mit Blick auf Ihre Planungen in Deutschland dar?

Wir sehen die Herausforderung für Deutschland sportlich. Es gibt an die 100 Tankstellen, aber fast alle sind auf Pkw ausgerichtet, die mit 700 bar tanken. Eine Tankstelle in Frankfurt, die wir im Blick haben, verfügt über zwei Zapfpistolen – eine mit 700 bar für Pkw, die andere mit 350 bar für Lkw. Diese Tankstelle an der Hanauer Landstraße könnte auch für uns eine Anlaufstelle werden.

Sie haben einen weiteren Hyundai für Deutschland geordert, der im Großraum Hamburg zum Einsatz kommen soll. Wie problematisch ist das Tanken dort?

Geplant ist die Auslieferung fürs dritte Quartal. Das Fahrzeug wäre dann bei unserer norddeutschen Flotte in Lauenburg angesiedelt. Für den geplanten Einsatz in Hamburg können wir auf eine Wasserstofftankstelle im Stadtgebiet zugreifen. Weitere H2-Tankstellen im Umfeld befinden sich in Niebüll und Husum. Wir brauchen aber redundante Tankstellen im Raum Hamburg.

Um bei der Tankinfrastruktur im Raum Hamburg voranzukommen, braucht es möglichst viele Mitspieler. Das ist der Grund, warum wir dort ein Cluster aus weiteren Anwendern und Energieversorgern aufbauen möchten. Der dortige Senat ist für Wasserstoffanwendungen sehr aufgeschlossen. Und natürlich macht es mich etwas stolz, wenn wir diese Technologie in meiner Heimatstadt auf die Straße bringen können – das ist natürlich nicht der Hauptgrund.

Viele Unternehmer fragen zunächst nach dem Business Case. Für Deutschland dürfte das TCO-Modell aus der Schweiz aber nur bedingt helfen, oder?

Korrekt, für Deutschland stellt sich das Ganze komplett anders dar. In der Schweiz nutzen wir ein „Pay per Use“-Modell, alle Kosten sind integriert. Das würden wir uns für Deutschland auch wünschen, dann hätten wir volle Kostentransparenz und -kontrolle. Das lässt sich aber nicht ohne weiteres realisieren, weil das deutsche Modell aufgrund der Förderanreize – 80 Prozent Erstattung der Mehrkosten gegenüber dem Diesel – auf den Kauf ausgelegt ist. Wir müssen also Serviceverträge und den Erwerb des Wasserstoffs selbst in die Hand nehmen. Die Serviceverträge sind weniger das Problem, aber die Entwicklung des Wasserstoffpreises ist eine unbekannte Variable. Bei einem Preis von zehn bis zwölf Euro je Liter Wasserstoff ist das Ganze wirtschaftlich schwierig.

Was würden Sie sich also für Deutschland wünschen?

Wünschenswert wäre ein festes Preismodell, das sich an der Zahl der eingesetzten Fahrzeuge und am Verbrauch orientiert, und uns eine stabile Planung ermöglicht. Das gäbe auch den Wasserstofflieferanten Sicherheit, mit denen wir dann Jahresverträge abschließen könnten.

Von Hyundai bekommen Sie aktuell noch keine Zugmaschinen. Schauen Sie sich deshalb weitere Anbieter von Null-Emissions-Lkw an?


Wir beobachten die Entwicklungen am Markt sehr genau, da ist mit neuen Akteuren ja aktuell viel Dynamik drin. Mewa ist nicht auf Wasserstoff fixiert, daher schauen wir uns auch die batterieelektrischen Fahrzeuge an.

Aber es bleibt nicht beim Anschauen?

Nein, wir sind schon deutlich weiter. Wir werden in diesem Jahr noch batterieelektrische Verteiler bekommen: jeweils ein Volvo, ein Scania und zwei Bax. Wir sehen innerstädtisch viele Vorteile für die Elektromobilität. Die Fahrzeuge sind leise und wendig und können gut unsere City Hubs anfahren. Im März haben wir die Förderzusagen bekommen, Ende April/Anfang Mai dann die Zusagen für die Ladeinfrastruktur. Beides muss sinnvollerweise Hand in Hand gehen. Geplant ist, dass wir die Elektrofahrzeuge in Berlin einsetzen.

Was war in den Vorbereitungen anspruchsvoller – die Wahl der richtigen Fahrzeuge oder die Planung der Ladeinfrastruktur?

Wahrscheinlich die Ladeinfrastruktur. Wir haben die Besonderheit, dass wir komplett neu planen müssen, also auch eigene Trafos brauchen. Hinzu kommt, dass die Preise für solche Anlagen innerhalb weniger Monate massiv gestiegen sind, was die Sache weiter erschwert. Was die beiden 7,5-Tonner von Bax angeht, kommen wir zunächst wahrscheinlich noch mit der verfügbaren Anschlussstelle und somit ohne weitere Ladeinfrastruktur aus. Mit diesen Fahrzeugen beginnen wir. Die Übergabe soll auf der IAA Transportation erfolgen. Ziel ist aber schon, dass wir nicht nur die Bax, sondern alle vier Elektro-Lkw noch dieses Jahr in unsere Flotte aufnehmen können.

Der Bax ist neu auf den Markt. Was hat Sie bei diesem Fahrzeug überzeugt?

Die Unternehmen BPW und Paul Nutzfahrzeuge, die dahinter stehen, sind sehr renommierte Organisationen. Das schafft Vertrauen. Im Übrigen sind doch auch die etablierten Hersteller Newcomer, wenn es um die Elektromobilität geht. Sie kommen vom konventionellen Antrieb. Zusätzlich haben uns die Leistungsdaten angesprochen: Eine Zuladung von mehr als drei Tonnen ist bei einem 7,5-Tonner Benchmark, die Reichweite von mehr als 200 Kilometern für die Distribution auch ausreichend.


Ihre Flotte umfasst mehr als 700 Lkw. Das heißt, Sie kommen nicht umhin, im Rahmen der Erneuerung auch Diesel-Lkw zu bestellen. Wie schwer fällt Ihnen das?


Klar setzen wir in der Beschaffung auch weiterhin auf konventionelle Antriebe. Allerdings gehen wir nicht primär nach dem Kaufpreis, sondern nach der CO2-Bilanz und der TCO des Fahrzeugs. Diese prüfen wir sehr genau. Denn natürlich legen uns die Hersteller ihre Zahlen vor, wir haben aus unseren Einsatzprofilen und Realverbräuchen aber unsere eigenen Daten, die wir dem Ganzen zugrunde legen. Ein OEM gewinnt einen Mewa-Tender also nicht nur nach dem Preis, sondern auch nach der CO2-Bilanz.

Zur Person

  • Kay Simon leitet den Bereich Mobilität und Strategie bei Mewa Textil-Management in Wiesbaden. Bei dem Unternehmen ist er seit drei Jahren tätig.
  • Simon, Jahrgang 1984, hat umfangreiche Erfahrungen in der Transport- und Logistikbranche gesammelt. Tätig war er für Logwin in Hamburg, für die Wilhelm Schüssler Spedition in Heppenheim und zuletzt jeweils als Projektmanager für Sovereign Speed in Kelsterbach sowie für Fenthol & Sandtmann in Erlensee.
  • Der gebürtige Hamburger studierte an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) und schloss im Jahr 2011 mit Bachelor-Titel ab.