Praxis Universal Transport: Schwergutprofis meistern die Corona-Krise

Praxis Universal Transport
Schwergutprofis meistern die Corona-Krise

Die Pandemie ist auch für Universal Transport aus Paderborn eine schwere Last. Die Profis für Schwergut- und Großraumtransporte blicken dennoch zuversichtlich in die Zukunft. Geschäftsführer Holger Dechant spricht mit eurotransport.de über die aktuellen Herausforderungen.

Universal Transport Großraum- und Schwerlasttransporte
Foto: Universal Transport
eurotransport.de: Herr Dechant, „Don’t worry, be heavy“ lautet der Slogan von Universal Transport. Doch die Coronakrise geht auch an Ihnen nicht spurlos vorüber. Wie groß sind die Sorgen?

Dechant: Es ist eine völlig neue Situation eingetreten, mit der niemand rechnen konnte. Von Vorteil war, dass wir schon immer ein digitaler Vorreiter waren und unsere Hausaufgaben gemacht hatten. Über unser IT-Programm ­heavynet laufen alle Prozesse – ob Vertrieb, Abrechnung oder Dispo. Unsere Administratoren konnten von jetzt auf nachher gleich alles auf die neue Situation mit Homeoffice umstellen, sowohl im Inland als auch im Ausland. Unsere Berufskraftfahrer können jedoch nicht vom Homeoffice aus arbeiten, daher waren alle Anstrengungen darauf gerichtet, mögliche Risiken und Quarantäne-Szenarien von ihnen fernzuhalten.

Bestehen aktuell noch Unsicherheiten beim Einsatz der Fahrer – sprich, ob sie nach einer Auslandstour in Quarantäne müssen und wann sie Nachweise für negative Coronatests brauchen?

Da hat sich inzwischen vieles eingespielt. Im ersten Lockdown, als alle Raststätten geschlossen wurden, hatten wir mit anderen Speditionen aus Nordrhein-Westfalen einen Appell in Richtung Politik zugunsten der Berufskraftfahrer gestartet.

Es wurden aber schnell Lösungen gefunden, auch im aktuellen Lockdown light. Ich mache hier niemandem einen Vorwurf. Die Situation war für uns alle neu, sodass die eine oder andere Maßnahme anfangs übers Ziel hinausging. Auch die Verlader haben verstanden, dass sie Berufskraftfahrer nicht auf ein schmutziges Dixi-Klo schicken können. Es gab hier sehr positive Gespräche mit den Verladern, so birgt die Krise auch eine Chance. Doch ich sage auch deutlich: Was die Situation der Berufskraftfahrer, besonders die Unterwegs-Versorgung, angeht, gibt es noch Luft nach oben.

Worauf zielen Sie konkret ab?

Mich ärgern die Preise an den Raststätten, das sage ich ganz offen. Unsere Berufskraftfahrer verlangen kein Fünf-Gänge-Menü. Aber ein Snack zum Preis eines Fünf-Gänge-Menüs finde ich Wahnsinn. Unsere Jungs müssen aktuell ihr Essen schon in die Kabine nehmen, dann soll es wenigstens bezahlbar sein.

Vom Fahrer zum Unternehmen: Wie sieht es in der angespannten Situation mit dem Auftragsbuch bei Universal Transport aus?

Was die Auftragslage angeht, läuft die Baubranche dieses Jahr stabil, das hält voraussichtlich auch nächstes Jahr an. Beim Geschäft mit Windkraft haben wir auch in Richtung Polen ebenfalls gut zu tun. Gespannt sind wir aber, wie es in den klassischen Industriebereichen weitergeht. Insgesamt hatten wir für 2020 mehr erwartet, aber es wird bei uns auch kein Katastrophenjahr. An manchen Stellen mussten wir die Kosten anpassen und wie viele andere Kurzarbeit fahren. Eine sehr positive Erfahrung war, dass wir mit einem Großkunden sprechen konnten, der uns in dieser Situation geholfen hat, was wir niemals vergessen werden.

Wie sehr haben Sie in der Krise Dinge hinterfragt, zum Beispiel Investitionen?

An Investitionen, die wir losgetreten haben, halten wir fest. Wir haben unseren Neubau in Hamburg abgeschlossen. Und wir bauen in Paderborn eine neue Logistikhalle. Alle neu anstehenden Projekte beleuchten wir vorsichtig und gehen mit besonderer kaufmännischer Sorgfalt heran, das haben wir früher aber auch gemacht.

Wie sehr hilft Ihnen in der Krise der Branchenmix?

Wir sind froh, bereits vor einigen Jahren die Abhängigkeit reduziert und eine Mehrbranchenstrategie eingeschlagen zu haben. Die Windkraft hat viele Schwerlast-Speditionen vor drei bis vier Jahren noch zu 100 Prozent ausgelastet, dann kam der tiefe Fall, verbunden mit einigen Insolvenzen. Wir fahren neben Windkraft deshalb zahlreiche weitere Produktgruppen wie Betonfertigteile oder Straßenbahnen. Die Windkraft zieht aktuell aber auch wieder an.

Und wie geht ein Schwerlast-Logistiker mit dem Auf und Ab in der Windkraftbranche um?

Eine Erkenntnis ist: Schwerlast-Logistiker im Bereich Windkraft können nicht nach dem Motto „Switch on – Switch off“ agieren. Es ist ein anspruchsvolles Geschäft, verlangt Spezial-Equipment und besonders ausgebildete Berufskraftfahrer. Wie viele Berufskraftfahrer können schon ein 75 Meter langes Rotorblatt sicher über die Straße steuern – beziehungsweise einen 85 Meter langen Gesamtzug? Das alles kann man nur vorhalten, wenn man dauerhaft mit dieser Branche planen kann und der Gesetzgeber hierzu die nötigen Rahmenbedingungen setzt.

Was die Rahmenbedingungen angeht, hat sich auch für Ihre Branche in diesem Jahr einiges geändert. Gleich zweimal hat der Bundesrat die Zuständigkeiten fürs Beantragen von Einzelgenehmigungen für Großraum- und Schwertransporte in der StVO angepasst. Kommt man da noch mit?

Ja, und ich will die erste Entscheidung des Bundesrats auch gar nicht so sehr kritisieren, nach der nur die Behörde zuständig war, in deren Bezirk der Transport begann oder endete. Wir haben sehr sachlich und vernünftig mit der Politik gesprochen und einen Konsens gefunden. Ab 1. Januar 2021 sind damit die Behörden zuständig, in deren Bezirk der Transport beginnt, sowie die Behörden, in deren Bezirk das betreffende Logistikunternehmen seinen Sitz hat. Dennoch ist die Neuerung nur der Trostpreis.

Inwiefern?

Weil eine andere Sache in der Wahrnehmung untergeht: Auf uns kommt ab dem nächsten Jahr auch eine Verteuerung bis zur Vervierfachung der Genehmigungsgebühren zu. Dem Markt und der Verladerschaft muss bewusst sein, dass ein Transport- und Logistikunternehmen diesen Kostenschub nicht aus eigener Tasche bezahlen kann. Wie bei der Maut sind wir gehalten, die Kosten weiterzureichen. Allein die Vorfinanzierung verlangt uns einiges ab. Die Gebühren sind sofort fällig, die Zahlungsziele sind aber deutlich länger. Ich glaube, es ist wichtig, an dieser Stelle auch einmal darauf hinzuweisen.

Müsste es mit Blick auf Genehmigungen eigentlich auch beim Thema Digitalisierung schneller vorangehen?

Ja, und es geht auch voran. Wir haben ein großes Interesse daran, alles zu digitalisieren, was wir digitalisieren können. Es ist eigentlich nicht vorstellbar, dass eine Genehmigung über 70 Seiten noch immer ausgedruckt und nicht über ein Tablet verschickt wird. Auch kaum zu glauben, dass wir noch immer Faxe verschicken. Ich traue mich noch lange nicht, unser Faxgerät wegzuschmeißen.

Zur Person

  • Holger Dechant ist seit 2006 Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Universal Transport in Paderborn. Sie hat 24 Niederlassungen und beschäftigt 750 Mitarbeiter (Umsatz 180 Millionen Euro).
  • Ausbildung zum Speditionskaufmann, anschließend Disposition internationaler Verkehre, Studium an der DAV Bremen zum Betriebswirt für das Verkehrswesen.
  • Ab 1995 unterschiedliche Führungsfunktionen im Mittelstand, in der KEP-Branche und in der Konzernlogistik.
  • Der 49-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. In seiner Freizeit ist der Fußballfan gern auf dem Motorrad unterwegs.
  • Engagement im Prüfungsausschuss der IHK Ostwestfalen und seit 2018 bei der Logistics Alliance Germany (LAG), der Universal Transport seit 2012 angehört.
  • Dechant ist in der LAG als Vorstandsmitglied mit Herzblut dabei, lobt die Stärken des Netzwerks und des Mittelstands. Die LAG hat aktuell 78 Mitglieder und wird dieses Jahr zehn Jahre alt. Dechant hofft, dass Reisen und LAG-Begegnungen im nächsten Jahr wieder möglich sind.