DVR: Nötigung im Straßenverkehr nimmt zu

Umfrage des DVR zeigt bedenkliche Entwicklung
Nötigung im Straßenverkehr nimmt zu

Die Polizeistatistik und eine Umfrage des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) zeigen: Aggressives Verhalten hat auf den Straßen häufig das Steuer übernommen. Welche Möglichkeiten gibt es, aggressives Verhalten besser in den Griff zu bekommen.

 Umfrage des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR)  zu aggressivem Verhalten im Straßenverkehr
Foto: Matthias Rathmann, DVR; Montage: Monika Haug

Aggressives Verhalten wie Fluchen, Hupen, andere Bedrängen oder Ausbremsen hat auf unseren Straßen häufig das Steuer übernommen. Das belege auch die aktuelle polizeiliche Kriminalstatistik, heißt es seitens des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR). Die Fälle von Nötigung im Straßenverkehr nehmen zu. Für das Jahr 2024 konnten 37.614 Fälle nachgewiesen werden, eine Zunahme von 3,5 Prozent im Vergleich zu 2023. „Wir appellieren an alle Verkehrsteilnehmenden, partnerschaftlich und rücksichtsvoll miteinander umzugehen“, mahnt DVR-Präsident Manfred Wirsch vor dem Hintergrund dieser Zahl. Zumal von einer weitaus höheren Dunkelziffer auszugehen sei.

Im Straßenverkehr heißt es jeder gegen jeden – und im Stress

Autofahrende fühlen sich in ihrem Fortkommen behindert, Radfahrende von vermeintlich rücksichtslosen Autofahrenden benachteiligt, Fußgängerinnen und Fußgänger ärgern sich über Radfahrende oder E-Scooter-Fahrende, die verbotenerweise auf dem Gehweg unterwegs sind. Der Straßenverkehr gehört zu den größten Ärgernissen unseres Alltags. „Unser Lebensalltag ist geprägt von Stress und Hektik, der zunehmende und komplexer werdende Straßenverkehr verschärft diese Problematik. Das führt leider viel zu oft zu unüberlegten und aggressiven Reaktionen. Diese Verhaltensweisen sind nicht nur gefährlich, sondern sie schüren auch ein Klima der Angst und Unsicherheit auf unseren Straßen“, erläutert Wirsch. Deshalb überrasche es nicht, dass die meisten Fälle von Nötigung im morgendlichen und abendlichen Berufsverkehr zu verzeichnen seien.

Einflussfaktoren für aggressives Fahrverhalten

Woran liegt es, dass so viele Menschen im Straßenverkehr oft die Nerven verlieren? Die Einflussfaktoren für aggressives Fahrverhalten sind bekannt: dazu zählen frustrierende Situationen im Straßenverkehr, zum Beispiel Stau oder lange Wartezeiten an Ampeln, räumliche Enge, Stress, Gefühle der Überforderung oder Zeitdruck. „Hinzu kommt das gängige psychologische Phänomen der Externalisierung: Die Gründe, über die man sich ärgert, und für die man selbst verantwortlich ist, werden gerne bei den anderen Verkehrsteilnehmenden gesucht“, sagt Wirsch.

DVR-Umfrage: Was gegen Aggression im Straßenverkehr hilft

Welche Möglichkeiten gibt es, aggressives Verhalten besser in den Griff zu bekommen? In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des DVR Ende 2024 waren fast zwei Drittel aller Befragten (63 Prozent) der Meinung, dass härtere Konsequenzen bei aggressionsbedingtem Fehlverhalten, beispielsweise in Form von Bußgeldern, Punkten oder Fahrverboten, dazu beitragen könnten, Aggressionen im Straßenverkehr abzuschwächen. Jeweils rund ein Drittel der Befragten meinte, dass folgende Maßnahmen hilfreich sein könnten: die Aufnahme eines Zusatzmoduls „Aggression“ in die Fahrausbildung, das über rücksichtsvolles und achtsames Verhalten informiert (33 Prozent) sowie mehr Aufklärung in den Medien und sozialen Netzwerken, um rücksichtsvolles und achtsames Verhalten im Straßenverkehr bewusst zu machen (32 Prozent).

DVR fordert Perspektivwechsel von den Verkehrsteilnehmern

Mehr Rücksicht und einen Perspektivenwechsel fordert der DVR insbesondere bezüglich der Gruppe, die Aggression im Straßenverkehr besonders hart trifft: Menschen, deren Arbeitsplatz die Straße ist. Ob Bauarbeitende, Müllwerkerinnen und Müllwerker oder Einsatzkräfte – sie alle arbeiten häufig ungeschützt in unmittelbarer Nähe zum fließenden Verkehr. Wirsch: „Wir brauchen ein Umdenken: Wer auf der Straße arbeitet, hält den Verkehr nicht auf, er hält ihn am Laufen. Baustellen, Liefer- und Entsorgungsdienste oder Rettungskräfte sind keine Störung, sondern Voraussetzung für funktionierende Verkehrswege, Wirtschaft und eine gute Notfallversorgung. Wir alle profitieren davon, wenn Mobilität sicher, fair und gut organisiert ist. Der Schutz von Beschäftigten auf der Straße erhöht die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden.“