Ohne Fördermittel: 10 schwere E-Lkw im Einsatz

Ohne Fördermittel kein Umstieg
10 schwere Elektro-Lkw im Einsatz

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sieht Ansorge Logistik die Transformation und den Klimaschutz in Gefahr. Wie sich die bisher zehn schweren Elektro-Lkw bei dem Mittelständler bewähren.

10 schwere Elektro-Lkw im Einsatz
Foto: Matthias Rathmann

Zehn schwere Elektro-Lkw hat Ansorge Logistik bereits im Einsatz. Sie fahren ausschließlich mit Ökostrom, den Löwenanteil produziert das Unternehmen auf den Hallendächern selbst. Eine ausgeklügelte Ladeinfrastruktur steht bereit, die den Sonnenstrom puffert und bei Bedarf zur Verfügung stellt. Die Fahrzeuge sind im Regelbetrieb unterwegs – und Fahrer wie Fuhrparkleitung bisher zufrieden. Für die Firmenchefs ist die E-Mobilität auf der Straße zudem das Verbindungsstück zur Schiene, die Ansorge Logistik seit Jahr und Tag für einen großen Teil seiner Hauptläufe nutzt: Mit Elektro-Traktion auf der Schiene und Elektro-Lkw in den Vor- und Nachläufen sind komplette Null-Emissions-Lieferketten möglich. Das schätzt auch die Kundschaft.

Ansorge Logistik
„Verlässlichkeit und Planungssicherheit sind für die Ampelkoalition leider Fremdworte“: Ansorge Logistik-Geschäftsführer Wolfgang Thoma zur Förderpolitik der Bundesregierung.

Läuft mit der Umstellung, könnte man meinen. Doch das ist nach dem Karlsruher Urteil ein Trugschluss. Nachdem das Bundesverfassungsgericht den 60 Milliarden Euro schweren Klima- und Transformationsfonds (KTF) der Bundesregierung gekippt hat, ist die Antriebs- und Energiewende in Gefahr. Denn aus dem KTF wird auch das Förderprogramm zum Erwerb von klimaschonenden Nutzfahrzeugen und Infrastruktur (KsNI) gespeist. Und ohne Fördermittel fehlen die Anreize für den Umstieg. Die Folge: Der Klimaschutz wird ausgebremst, Deutschland droht seine CO2-Ziele zu verfehlen.

Ansorge Logistik
„Es fühlte sich so an, als würden sich die Puzzleteile nach unseren jahrelangen Bemühungen endlich alle zusammenfügen:“ Ansorge Logistik-Geschäftsführer Benedikt Roßmann zum Aufbau einesfirmeneigenen Ökosystems rund ums Thema E-Mobilität.

Für die Verantwortlichen bei Ansorge Logistik aus Biessenhofen im Allgäu bedeutet das Urteil einen herben Rückschlag. „Wir werden jäh auf unserem Pfad in Richtung Klimaneutralität gestoppt“, kritisiert der geschäftsführende Gesellschafter Wolfgang Thoma im Gespräch mit der Fachzeitschrift trans aktuell und wirft der Politik vor, die Branche mit den Verlockungen der Fördermittel aufs Glatteis geführt zu haben. „Das war eine dilettantische Umwidmung von Haushaltsmitteln“, erklärt er. „Aus Corona- kann man keine Klima-Hilfen machen“, sagt er und wundert sich, dass offenbar kein Haushaltspolitiker das Problem bemerkt hat. Thoma spricht von einem der größten Hämmer, den er in seiner Karriere erlebt hat. „Verlässlichkeit und Planungssicherheit sind für die Ampelkoalition leider Fremdworte.“

Konkret bedeutet die Unsicherheit über mögliche weitere Fördermittel für das Haus Ansorge Logistik, dass alle Planungen für weitere Elektro-Lkw und Ladesäulen auf Eis liegen. „Wir müssten alles selbst finanzieren, aber bei einer schweren Elektro-Zugmaschine in Verbindung mit passender Ladeinfrastruktur reden wir über rund eine halbe Million Euro“, sagt Thoma. Das könne kein Branchenunternehmen aus eigener Kraft leisten – erst recht nicht für eine größere Zahl an Fahrzeugen. „Mit einer Förderung von 80 Prozent der Mehrkosten dagegen ließ sich bisher alles in einem vernünftigen Licht darstellen.“

2018 eigenen Elektro-Lkw auf der IAA vorgestellt

Der Ärger über die Kehrtwende bei der Förderpolitik ist deshalb besonders groß, weil sich Ansorge Logistik frühzeitig der Elektromobilität verschrieben und das Ganze von Anfang an positiv begleitet hatte. Die ersten Planungen und Erfahrungen mit E-Fahrzeugen reichen bald ein Jahrzehnt zurück. Nachdem keiner der etablierten Hersteller in Deutschland lieferfähig war, baute sich das Unternehmen mit den Praxispartnern Toni Maurer, Sensortechnik Wiedemann und mit Unterstützung durch die bayerische Staatsregierung 2015 seinen eigenen schweren Elektro-Truck. Das Ergebnis, den auf einem MAN TGX basierenden Elias, stellte Ansorge Logistik auf der IAA Nutzfahrzeuge 2018 vor.

Das selbst gebaute Fahrzeug ist inzwischen Geschichte und sein Nachfolger Elias 2 seit diesem Jahr am Start – ebenso wie insgesamt neun Volvo FH Electric. Alle zehn Stromer – der Elias 2, gebaut von MAN, Quantron/Dintec, sowie die neun Volvo FH Electric – wurden durch den 2. KsNI-Förderaufruf bezuschusst, ebenso die komplette Ladeinfrastruktur. Die sieht wie folgt aus: Ansorge Logistik hat am Stammsitz in Biessenhofen insgesamt sechs Ladestationen installiert, die jeweils 280 kWh Strom speichern können. Die Anlagen stammen von Alpitronic aus Italien, die Speichermodule vom schwedischen Batteriespezialisten Northvolt. Die gespeicherte Energie kommt überwiegend von den firmeneigenen Photovoltaik-Anlagen, die die Pufferspeicher der Ladestationen permanent mit 80 kW versorgen. Kommen die E-Lkw am Heimatdepot an, docken sie gleich an der Ladestation an. „Immer wenn der Lkw steht, lädt er. Wir nutzen quasi jede Pause“, erläutert Prokurist Christian Winkler.

Durch die Kombination aus Photovoltaik, Ladesäulen mit Pufferspeicher und dort „tankenden“ eigenen Elektro-Lkw verfolgt Ansorge Logistik einen ganzheitlichen Ansatz, hat sich also ein eigenes Energie-Ökosystem geschaffen. „Es fühlte sich ab dem Sommer 2023 so an, als würden sich die Puzzleteile nach unseren jahrelangen Bemühungen endlich alle zusammenfügen“, berichtet Benedikt Roßmann, der seit April 2023 mit Wolfgang Thoma die Geschäfte führt. „Wir verfügen inzwischen über Fahrzeuge in Serienqualität, es gibt eine leistungsfähige Ladeinfrastruktur, die ebenfalls gefördert wurde, und wir haben auf dem Gelände unserer Zentrale ein Mittelspannungsnetz aufgebaut, um immer ausreichend Leistung zu haben“ sagt der Enkel von Firmengründer Erhard Ansorge.

Eher nebensächlich ist angesichts des drohenden Förder-Endes der Aspekt, dass Ansorge Logistik die Fahrzeuge vorfinanzieren muss. „Laut den Förderbescheiden fließt die Fördersumme erst 2025 und 2026“, erläutert Winkler, der unter anderem das Controlling bei Ansorge Logistik verantwortet. „Doch das bekommt man noch einigermaßen in den Griff.“

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