Peter Umundum: Der Einstieg von DHL Paket Austria im Paket-Segment bezieht sich nur auf das B2C-Geschäft. Wir reagieren darauf mit Stärkung unseres Vertriebs in Deutschland, um deutsche Kunden effizienter direkt betreuen zu können. Die Vorholung von Sendungen in Deutschland machen wir jetzt gemeinsam mit den Kunden oder bieten es ihnen an. Das passiert teils mit unserem Partner Hermes, für den wir in Österreich für dessen Kunden die Paket-Zustellungen machen. Wir werden sicherlich etwas an Volumen verlieren, sehen aber auch Wachstumspotenzial, mit dem mögliche Volumeneinbußen ausgleichen zu können. Wenn wir preislich unter Druck kommen, so wollen wir dem mit guter Qualität begegnen. Als Qualitätsführer, der wir sind und bleiben wollen, gewinnen wir preislichen Spielraum.
Wir werden in Deutschland einen Schwenk in der Strategie machen, doch an der großen Leitlinie halten wir fest. In Österreich werden wir noch mehr investieren in den Service auf der letzten Meile, in neue Produkte wie beispielsweise in die Kofferraumzustellung, Abholstationen, Selbstbedienungszonen, die Interaktion mit den Kunden oder eine Haustürlösung für Empfangsboxen. Letztere werden wir in diesem Jahr forcieren. Empfänger können an ihre Haustür eine Box hängen und der Zusteller legt dort das Paket hinein. Die Box wird an der Haustür befestigt und sicher verschlossen. Umgekehrt könnten die Kunden ihre Retourware hineinlegen und unser Zusteller nimmt die Sendung wieder mit. Mit dieser Lösung wollen wir die Erstzustellquote (derzeit bei 91 Prozent) und den Mehrwert für Absender und Empfänger erhöhen. Und im eigenen Haus Kosten einsparen.
Mit diesem Unternehmen kamen wir wirtschaftlich nicht dorthin, wohin wir wollten. Wenn wir die einzelnen Geschäftsbereiche im Detail anschauen, dann waren wir mit der Entwicklung mit der Thermomed zufrieden. Dieses Unternehmen ist im temperaturgeführten Bereich (2 bis 8 Grad) aktiv. Die zweite Temperaturschiene (15 bis 25 Grad) hatten wir in die Trans-o-flex integriert. Dieser Service wurde deutschlandweit angeboten und wir sahen zwar, dass die Mengen stiegen, doch haben wir mit Blick in die Zukunft von Trans-o-flex alle strategischen Optionen geprüft und sind zum Schluss gekommen, Trans-o-flex zu verkaufen. Und hier war der neue Eigentümer Amberger/Schöller aus unserer Sicht der beste. Der Verkauf wird noch von den deutschen Kartellbehörden geprüft und wir gehen von einer Entscheidung in den nächsten drei bis vier Wochen aus. Durch den Verkauf müssen wir in Deutschland keine Umstellungen vornehmen.
Die Türkei ist ein interessanter Hoffnungsmarkt und es ist für uns dort im Vorjahr gut gelaufen. Wir sind dort 13 Prozent gewachsen und sehen noch weiteres Expansionspotenzial. Auch wenn das Türkei-Geschäft primär ein nationales ist, gewinnt E-Commerce immer mehr an Bedeutung. Wir halten an der Aras Kargo einen Anteil von 25 Prozent und führen derzeit Gespräche, diesen Anteil im Laufe dieses Jahres um 50 Prozent auf 75 Prozent zu erhöhen. Damit würden wir die Option wahrnehmen, die wir anlässlich des Einstiegs bei Aras Kargo vereinbart hatten. Wir sind jedenfalls sehr interessiert, unser Engagement zu vertiefen. Der Name Aras Kargo hat ein gutes Image im Land, Im ganzen Land gibt es 850 Shops und 26 Hubs. In Istanbul sind wir gerade dabei, ein großes Hub zu automatisieren, weitere Standorte sollen ausgebaut werden, um die B2C-Kapazitäten zu verstärken. Aras Kargo befördert pro Jahr an die 110 Millionen Sendungen
Wir haben 2015 in Österreich 80 Mio. Pakete transportiert. Wir sind damit sehr zufrieden und haben gegenüber dem Jahr zuvor ein Wachstum von acht Prozent geschafft. Das trotz des Einstiegs der Deutschen Post in Österreich. Wir haben durch den Einstieg des Mitbewerbers noch keine gravierenden Mengenrückgänge verzeichnet und werden in diesem Jahr sehen, wie sich das Geschäft entwickelt. Wir forcieren den Vertrieb in Deutschland, das etwa durch neue Direktverträge mit deutschen Versendern. Wir sind in Österreich im B2C-Bereich Marktführer mit einem Marktanteil von 77 Prozent, im B2B-Bereich, in dem wir 2009 eingestiegen, haben wir eine Marktdurchdringung von 28 Prozent, die uns stolz macht. Dieses Wachstum wurde erreicht, weil wir viel investiert haben, um hier Absender und Empfänger mit Fokus auf die letzte Meile bestmöglich bedienen zu können.
Ich sehe ein weiterhin ungebrochenes Wachstum im E-Commerce, was neue Mitbewerber im Logistikbereich auf den Markt bringt. Der Trend geht klar in Richtung Zustellung am gleichen Tag der Bestellung. Hier müssen wir noch investieren.
Zur Person
Peter Umundum, Jahrgang 1964, hat Informatik an der Technischen Universität Graz studiert.
Seine berufliche Karriere startete 1988 in der Steirerbrau AG, wo er die Leitung der Organisations- und Informatikabteilung übernahm.
1994 wechselte er als IT-Leiter in die Styria Medien AG, baute dort das Onlinegeschäft auf und stieg bereits zwei Jahre später zum Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Media Consult Austria auf.
1999 war er Mitbegründer und Geschäftsführer von Redmail und mit dem Markteintritt der Styria Gruppe im kroatischen Markt beschäftigt.
2001 wurde Umundum mit der Geschäftsführung der Tageszeitung "Die Presse" betraut und drei Jahre später in die Geschäftsführung der Tageszeitung "Kleine Zeitung" berufen.
2005 folgte der Wechsel zur Österreichischen Post. Seit April 2011 ist Umundum als Vorstandsdirektor für die Division Paket und Logistik der Österreichischen Post verantwortlich.