NG.network-Geschäftsführer Stephan Opel: Trotz schlechter Lage investieren

NG.network-Geschäftsführer Stephan Opel
Trotz schlechter Lage investieren

Stephan Opel, Geschäftsführer von NG.network, über die Ergebnisse des ersten Stückgutreports der Kooperation – was künftig wichtig ist.

Stephan Opel, Geschäftsführer NG.network
Foto: NG.network; Montage: Florence Frieser
trans aktuell: NG.network wird bald zwei Jahre alt: Wie lautet Ihre bisherige Bilanz?

Stephan Opel: Wir sind in einer extremen Geschwindigkeit unterwegs. Die Transformation Anfang 2023 war notwendig und geplant. Wir haben das Unternehmen bewusst auf den Kopf gestellt. Eine starke Netzwerkzentrale aufzubauen war uns dabei sehr wichtig. Sie steuert das Netzwerk strategisch und operativ. Das ist von unseren Gesellschaftern sehr gut angenommen worden und ein wesentlicher Teil unserer Neuausrichtung. Netzwerksteuerung heißt, Themen vorzugeben, das Netzwerk und die Gebiete zu optimieren und die Digitalisierung deutlich voranzutreiben. Wir brauchen in volatilen Zeiten ein starkes, antifragiles Netzwerk.

Wie ist die aktuelle Marktlage, was das Versandvolumen angeht?

Die Mengen sind nicht gut. Wir arbeiten aber auf Vorjahresniveau, auch, weil wir eine sogenannte Vernetzungspflicht haben. Die Gesellschafter haben sich verpflichtet, in das eigene Primärnetzwerk einzuspeisen. Wir stehen diese schwierigen Phasen durch und entwickeln uns trotzdem nach vorne. Mengen zu einem schlechten Preis einzukaufen, hat noch nie funktioniert. Bis Mitte nächsten Jahres wird, was die Mengen angeht, nicht allzu viel passieren. Wir hoffen auf eine leichte Steigerung ab Mitte 2025.

Was unterscheidet NG.network von anderen Stückgutnetzwerken?

Wir haben den Vorteil, dass wir sehr große Gesellschafter haben, die wirtschaftlich stark sind und gemeinsam getroffene Entscheidungen zügig durchziehen. Rhenus ist seit Ende September offiziell Gesellschafter. Im ersten Quartal 2025 folgt Honold. Diese Stabilität benötigen wir für unsere Partner, um langfristige Investitions- und Planungssicherheit gewähren zu können. Den Kunden können wir eine entsprechende Versorgungssicherheit bieten. Die Stärke, die Entwicklung und die Steuerung des Netzwerks unterscheiden uns von anderen Kooperationen. Wir werden aber künftig mehr mit anderen Netzwerken sprechen. Wo können wir zusammenarbeiten und kollaborieren? Denn die Kostensituation wird nicht besser. Die Tarifabschlüsse, welche jetzt verabschiedet wurden, kommen im nächsten Jahr zum Tragen. Zukünftige Anforderungen können nur gemeinsam gemeistert werden. Hier gilt es, Dimensionen zu berücksichtigen, die niemand allein stemmen kann.

Wird sich die Netzwerklandschaft verändern?

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sie sich verändern und es künftig nur noch wenige große Netzwerke geben wird, die den Markt bearbeiten. Diese müssen aber deutlich enger kooperieren.

Was sind die Schwerpunkte des ersten Stückgutreports von NG.network?

Der Stückgutreport ist für uns eine Standortbestimmung mit den zentralen Fragen: Wo stehen wir? Was kommt auf uns zu? Wo müssen wir hin? Für uns haben sich anhand unserer Fokusthemen und der ausgewiesenen Megatrends fünf konkrete Handlungsfelder ergeben. Vor allem wollten wir auch sehen, ob das, was wir machen, richtig ist. Unsere eigene Perspektive haben wir mit neutralen, mehrwertigen Beiträgen von Gastautoren und -autorinnen aus Markt und Wissenschaft kombiniert. Weiterhin haben wir knapp 200 Kunden befragt, wie sie zu Themen wie Fachkräftemangel, Nachhaltigkeit und Digitalisierung stehen.

Können Sie ein Ergebnis des Reports nennen?

Ein Ergebnis: Die kleinen Unternehmen müssten mehr investieren, können aber nicht. Investitionen in Automatisierung und Digitalisierung sind aber nötig, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Nachhaltigkeit ist ebenfalls ein großes Thema. Was machen wir zum Beispiel mit den Emissionsdaten? Wir bündeln zukünftig die Daten im Netzwerk und verteilen sie wieder an unsere Partner. Unsere Endausrichtung heißt: grünes Netzwerk. Wir wollen künftig CO2-frei arbeiten. Alle unsere Mitglieder arbeiten an der Mobilitätswende, ob im Fuhrpark, im Warehousing oder in anderen Bereichen. Aber: Wir sind abhängig von unterschiedlichen Rahmenbedingungen, deshalb ist ein realistischer Zeitrahmen nur sehr schwierig greifbar. Aktuell erstellen wir eine interne Governance zu all diesen Themen.

Gibt es weitere Erkenntnisse, etwa zur Zustellung?

80 Prozent der befragten Kunden rechnen damit, dass Bestellungen noch kurzfristiger werden. 67 Prozent sagen, die Geschwindigkeit der Zustellung wird zunehmen. Das ist aber von den Lieferanten getrieben, weil sie deutlich weniger Lagerkapazitäten und Personal haben. Wir müssen uns daher damit beschäftigen, wie wir diese Themen automatisiert steuern und unterstützen können.

Welche Handlungsempfehlungen ergeben sich aus den Erkenntnissen des Reports?

Investitionen dürfen nicht vernachlässigt werden. Wir müssen aber auch in Menschen investieren. Wir brauchen gute, motivierte Leute, wir brauchen „young professionals“. Nur auf KI zu setzen, ist Unsinn. Eine KI wird niemals das kognitive Verhalten der Menschen vollumfänglich ersetzen können. Die Logistik ist nach wie vor die drittgrößte Branche in Deutschland. Wir brauchen also Personal auf allen Ebenen. Aber die Jobs werden sich verändern. Ohne KI wird es zukünftig nicht mehr funktionieren, im Gegenteil. Daher priorisieren wir auch unsere Digitalisierungsoffensive und schulen permanent die Netzwerkpartner. Viele Themen geben wir mittlerweile auch vor. Der Einsatz von KI bedeutet künftig einen Wettbewerbsvorteil. Wobei wir vorsichtig sein sollten, der Begriff ‚KI‘ wird auch inflationär benutzt.

An welchen Innovationen arbeitet NG.network?

Die unbesetzte Entladestelle befindet sich für ein Jahr in der Testphase. Das Fahrpersonal erhält einen Code oder Schlüssel und kann beim Kunden vor Ort selbständig in einer sogenannten Schleuse be- oder entladen. Dadurch entstehen auch neue Arbeitszeitmodelle. Die unbesetzte Entladestelle werden wir wahrscheinlich im ersten Quartal 2025 als Netzwerkprodukt anbieten. Außerdem simulieren und optimieren wir in einem Pilotprojekt mit KI-Unterstützung unsere gesamten Hauptläufe. Da ist enormes Potenzial vorhanden.

Zur Person

  • Stephan Opel ist seit Januar 2023 Geschäftsführer von NG.network.
  • Zuvor war er seit September 2021 Geschäftsführer der Stückgutkooperation System Alliance.
  • Bis 2021 Stationen als Geschäftsführer bei Zeitfracht Logistik und Reinert Logistic sowie Gruber Logistics in Kreuztal.
  • Vor seiner Tätigkeit bei Gruber Logistics war er elf Jahre lang bei HDE Logistik in Bamberg beschäftigt, zuletzt als Geschäftsführer und Sprecher des Unternehmens.

Das Netzwerk

  • Die NG.network wurde Anfang 2023 als Nachfolgenetzwerk des System Alliance Netzwerk gegründet. Geschäftsführer ist Stephan Opel.
  • Gesellschafter: Gebrüder Weiss (Memmingen), Hellmann Worldwide Logistics (Osnabrück), Streck Transportgesellschaft (Freiburg), Friedrich Zufall (Göttingen) und Rhenus Logistics (Unna), ab 2025: Honold (Neu-Ulm)
  • 46 Partner
  • Rund 6,2 Millionen Sendungen im Jahr 2023

Der Stückgutreport 2024 von NG.network

  • Die Kooperation NG.network hat zum ersten Mal einen Stückgutreport für das Jahr 2024 veröffentlicht.
  • Kernthemen: Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Fachkräftemangel und Mengenentwicklung sowie Kosten.
  • Inhalte: eine qualitative Trendanalyse, eine quantitative Umfrageauswertung und Beiträge von Expertinnen und Experten aus Markt und Wissenschaft.
  • Der Stückgutreport von NG.network erscheint einmal im Jahr